Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Viertes Quartal.einig sind. Es sind die Parteien der Conservativen, der Freiconservativen und Die Thronrede kündigt außerdem einen Steuererlaß von 14 Millionen Uuter der Voraussetzung des weitern Steigens der regelmäßigen Einnahmen, Bei deu Steuergesetzen, sowohl bei dem Erlaß als bei der Ueberweisung, Grenzboten IV. 1830. L2
einig sind. Es sind die Parteien der Conservativen, der Freiconservativen und Die Thronrede kündigt außerdem einen Steuererlaß von 14 Millionen Uuter der Voraussetzung des weitern Steigens der regelmäßigen Einnahmen, Bei deu Steuergesetzen, sowohl bei dem Erlaß als bei der Ueberweisung, Grenzboten IV. 1830. L2
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0249" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/147896"/> <p xml:id="ID_678" prev="#ID_677"> einig sind. Es sind die Parteien der Conservativen, der Freiconservativen und<lb/> Nationalliberalen. Man mag über diesen oder jenen Punkt der Einzelausfüh¬<lb/> rung, über die Anpassung des Grundplanes an die Verhältnisse dieser oder jener<lb/> Provinz noch streiten: der principielle Kampf ist ausgekämpft. Dies gilt für<lb/> die eben genannten Parteien, welche in ihrer Vereinigung die Majorität bilden,<lb/> und deren dauerndes Zusammenwirken ein mit unausgesetztem Nachdruck ver¬<lb/> folgtes Ziel des Reichskanzlers ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_679"> Die Thronrede kündigt außerdem einen Steuererlaß von 14 Millionen<lb/> Mark als Betrag eines Überschusses im ordentlichen Budget an. Ein kleines<lb/> Deficit aus dem vorigen Budgetjahr, April 1879 bis April 1880, sowie außer¬<lb/> ordentliche Ausgaben des uüchsten Jahres, April 1881 bis 1882, welche nament¬<lb/> lich durch weitere Regulierung schiffbarer Flüsse erfordert werdeu, wird die Re¬<lb/> gierung wohl durch die Bereitstellung von Mitteln auf außerordentlichem Wege<lb/> zu decken vorschlagen. Daraus werden Centrum und Fortschrittspartei einen<lb/> willkommenen Anlaß zur Kritik entnehmen, aber den Plan der Regierung nicht<lb/> zu vereiteln im Stande sein. Mau darf die regelmäßigen Einnahmen vermin¬<lb/> dern, wenn ihr Betrag die regelmäßigen Ausgaben übersteigt, auch wenn man<lb/> außerordentliche Ausgaben auf außerordentlichem Wege decken muß. Man darf<lb/> es unter der Bedingung, daß man ein solches Steigen der regelmäßigen Ein¬<lb/> nahmen, sei es der bisherigen, sei es neu zu schaffender, voraussieht, welches<lb/> dem Steigen der regelmäßigen Ausgaben gewachsen ist. Man ist verpflichtet,<lb/> so zu verfahren, wenn die Einnahme, auf die man verzichtet, durch eine ver¬<lb/> möge ihrer Form besonders drückende Abgabe erzeugt wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_680"> Uuter der Voraussetzung des weitern Steigens der regelmäßigen Einnahmen,<lb/> Mu Theil durch Eröffnung neuer Quellen, will die Regierung nun auch dazu<lb/> schreiten, die Ueberweisung eines Theiles der Grundsteuer wie der Gebäudesteuer<lb/> an die Gemeinden sichund dem Landtage vorzuschreiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_681" next="#ID_682"> Bei deu Steuergesetzen, sowohl bei dem Erlaß als bei der Ueberweisung,<lb/> wird der principielle Kampf schon heftiger entbrennen, und die permanente Oppo¬<lb/> sition, Centrum und Fortschritt, wird keine Operation versäumen, einen Theil<lb/> der Nationalliberalen mit in die Opposition zu reißen. Dennoch ist es zu<lb/> hoffen, daß der Bestand der jetzigen Partei, vielleicht bis auf ein paar Aus¬<lb/> nahmen, geschlossen bleibt, sich mit der Steuerreform des Reichskanzlers befreun¬<lb/> det und für dieselbe eintritt. Sollte dieses Ziel erreicht werden, so ist ein ge¬<lb/> deihliches Zusammenwirken der aus Conservativen und Nationalliberalen gebil¬<lb/> deten Majorität des Reichstags mit dein Reichskanzler auf lange Zeit gesichert<lb/> Denn die Gesetzesmaßregeln der Socialreform werden wohl Meinungskämpfe,<lb/> aber keine Parteikämpfe, wenigstens innerhalb der genannten Elemente nicht, her¬<lb/> vorrufen. Man sieht, die Laudtagssession kaun sehr wichtig und sehr fruchtbar</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV. 1830. L2</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0249]
einig sind. Es sind die Parteien der Conservativen, der Freiconservativen und
Nationalliberalen. Man mag über diesen oder jenen Punkt der Einzelausfüh¬
rung, über die Anpassung des Grundplanes an die Verhältnisse dieser oder jener
Provinz noch streiten: der principielle Kampf ist ausgekämpft. Dies gilt für
die eben genannten Parteien, welche in ihrer Vereinigung die Majorität bilden,
und deren dauerndes Zusammenwirken ein mit unausgesetztem Nachdruck ver¬
folgtes Ziel des Reichskanzlers ist.
Die Thronrede kündigt außerdem einen Steuererlaß von 14 Millionen
Mark als Betrag eines Überschusses im ordentlichen Budget an. Ein kleines
Deficit aus dem vorigen Budgetjahr, April 1879 bis April 1880, sowie außer¬
ordentliche Ausgaben des uüchsten Jahres, April 1881 bis 1882, welche nament¬
lich durch weitere Regulierung schiffbarer Flüsse erfordert werdeu, wird die Re¬
gierung wohl durch die Bereitstellung von Mitteln auf außerordentlichem Wege
zu decken vorschlagen. Daraus werden Centrum und Fortschrittspartei einen
willkommenen Anlaß zur Kritik entnehmen, aber den Plan der Regierung nicht
zu vereiteln im Stande sein. Mau darf die regelmäßigen Einnahmen vermin¬
dern, wenn ihr Betrag die regelmäßigen Ausgaben übersteigt, auch wenn man
außerordentliche Ausgaben auf außerordentlichem Wege decken muß. Man darf
es unter der Bedingung, daß man ein solches Steigen der regelmäßigen Ein¬
nahmen, sei es der bisherigen, sei es neu zu schaffender, voraussieht, welches
dem Steigen der regelmäßigen Ausgaben gewachsen ist. Man ist verpflichtet,
so zu verfahren, wenn die Einnahme, auf die man verzichtet, durch eine ver¬
möge ihrer Form besonders drückende Abgabe erzeugt wird.
Uuter der Voraussetzung des weitern Steigens der regelmäßigen Einnahmen,
Mu Theil durch Eröffnung neuer Quellen, will die Regierung nun auch dazu
schreiten, die Ueberweisung eines Theiles der Grundsteuer wie der Gebäudesteuer
an die Gemeinden sichund dem Landtage vorzuschreiben.
Bei deu Steuergesetzen, sowohl bei dem Erlaß als bei der Ueberweisung,
wird der principielle Kampf schon heftiger entbrennen, und die permanente Oppo¬
sition, Centrum und Fortschritt, wird keine Operation versäumen, einen Theil
der Nationalliberalen mit in die Opposition zu reißen. Dennoch ist es zu
hoffen, daß der Bestand der jetzigen Partei, vielleicht bis auf ein paar Aus¬
nahmen, geschlossen bleibt, sich mit der Steuerreform des Reichskanzlers befreun¬
det und für dieselbe eintritt. Sollte dieses Ziel erreicht werden, so ist ein ge¬
deihliches Zusammenwirken der aus Conservativen und Nationalliberalen gebil¬
deten Majorität des Reichstags mit dein Reichskanzler auf lange Zeit gesichert
Denn die Gesetzesmaßregeln der Socialreform werden wohl Meinungskämpfe,
aber keine Parteikämpfe, wenigstens innerhalb der genannten Elemente nicht, her¬
vorrufen. Man sieht, die Laudtagssession kaun sehr wichtig und sehr fruchtbar
Grenzboten IV. 1830. L2
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