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Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal.

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und alle Fülle malerischer Schönheiten sich auf die Seegestnde concentrirt. Das
Gesammtbild das Basodanv dagegen gemahnt an die wilderen Gegenden der
Schweizer Hochalpen; übrigens ist schon ein Hauch der südalpinischen Färbung
darüber ausgegossen, der sich im reinen Blan des Himmels, im eigenthümliche"
Grün des Rasenteppichs, im Kolorit des Gesteins und im schärferen Contrast
zwischen Licht und Schatten kundgiebt.

Wir brechen unsre Wanderung durch das Tessin hier ab, so verführerisch
es auch wäre, den südlichen Theil mit seineu herrlichen Seen in Gedanken zu
durchstreifen; doch ist dieses Gebiet mit dem M. Salvatore, dem Tessiuer
Rigi und dem M. Cenere im allgemeinen bekannter als das eben geschilderte.
Wir behalten uns aber vor, gelegentlich auf die Cultur- und Verkehrsverhältnisse
des Cantons zurückzukommen.




Vom Reichstage.

Bei einem Rückblick auf die letzten Vorgänge im Parlamentshause auf der
Leipziger Straße begegnet uns wiederum so mancherlei, was nicht besonders
erfreulicher Art ist. Vor allem ist noch immer über das herrschende eorpsartige
Wesen und Treiben zu klagen, dem die Fraction wo nicht in allen, doch in
vielen Fällen mehr zu bedeuten scheint als die Sache, um die sich's gerade
handelt. Und zwar treffen wir diese Auffassung der Dinge und dieses Ver¬
fahren bei den conservativen Parteien gleich häufig an wie bei den Liberale".
Jene hatten allen Anlaß, sich den Nationalliberalen zu nähern und eine Ver¬
ständigung mit ihnen zu suchen, da diese Partei jetzt, wo die Führer des linken
Flügels den früheren Einfluß offenbar nicht mehr besitzen und die übrigen in
Folge dessen in anderem Tone reden und andere Wege gehen zu wollen scheinen
als im vorigen Jahre, sozusagen bündnißfähig geworden ist. Statt dessen haben
die Conservativen, auch die entschieden national gesinnten, es vorgezogen, dem
Centrum die Hand zu bieten und ihm Zugeständnisse zu machen, dieser Partei,
die niemals im Ernste nationale Zwecke zu fördern bereit sein, die in wesent¬
lichen Fragen so lange die Partei der Verneinung, der mehr oder minder lauten
Opposition sein wird, als eine protestantische Dynastie in Deutschland den Kaiser¬
titel trägt.

Wir irren wohl nicht, wen" wir hiermit auch die Ansicht des Reichs¬
kanzlers zu treffen glauben, und wir möchten annehmen, daß sein bisheriges
Nichterscheinen in der Mitte unserer Reichsboten zum nicht geringen Theil ans
Verdruß über diese Haltung der Conservativen zurückzuführen ist. Derselbe will
offenbar ebenfalls den Frieden, weiß aber, daß die Ultramontanen, selbst wenn
man ihnen sehr weitgehende Concessionen in den Fragen, die ihnen die wich¬
tigsten sind, macheu wollte, mit der Existenz des neuen deutsche" Reiches nicht
zu versöhnen sein würden.

Ein anderer wenig erfreulicher Zug trat hervor in der Debatte über den
Hämelschen Antrag, den Chef der Admiralität zur Berichterstattung über den


und alle Fülle malerischer Schönheiten sich auf die Seegestnde concentrirt. Das
Gesammtbild das Basodanv dagegen gemahnt an die wilderen Gegenden der
Schweizer Hochalpen; übrigens ist schon ein Hauch der südalpinischen Färbung
darüber ausgegossen, der sich im reinen Blan des Himmels, im eigenthümliche»
Grün des Rasenteppichs, im Kolorit des Gesteins und im schärferen Contrast
zwischen Licht und Schatten kundgiebt.

Wir brechen unsre Wanderung durch das Tessin hier ab, so verführerisch
es auch wäre, den südlichen Theil mit seineu herrlichen Seen in Gedanken zu
durchstreifen; doch ist dieses Gebiet mit dem M. Salvatore, dem Tessiuer
Rigi und dem M. Cenere im allgemeinen bekannter als das eben geschilderte.
Wir behalten uns aber vor, gelegentlich auf die Cultur- und Verkehrsverhältnisse
des Cantons zurückzukommen.




Vom Reichstage.

Bei einem Rückblick auf die letzten Vorgänge im Parlamentshause auf der
Leipziger Straße begegnet uns wiederum so mancherlei, was nicht besonders
erfreulicher Art ist. Vor allem ist noch immer über das herrschende eorpsartige
Wesen und Treiben zu klagen, dem die Fraction wo nicht in allen, doch in
vielen Fällen mehr zu bedeuten scheint als die Sache, um die sich's gerade
handelt. Und zwar treffen wir diese Auffassung der Dinge und dieses Ver¬
fahren bei den conservativen Parteien gleich häufig an wie bei den Liberale».
Jene hatten allen Anlaß, sich den Nationalliberalen zu nähern und eine Ver¬
ständigung mit ihnen zu suchen, da diese Partei jetzt, wo die Führer des linken
Flügels den früheren Einfluß offenbar nicht mehr besitzen und die übrigen in
Folge dessen in anderem Tone reden und andere Wege gehen zu wollen scheinen
als im vorigen Jahre, sozusagen bündnißfähig geworden ist. Statt dessen haben
die Conservativen, auch die entschieden national gesinnten, es vorgezogen, dem
Centrum die Hand zu bieten und ihm Zugeständnisse zu machen, dieser Partei,
die niemals im Ernste nationale Zwecke zu fördern bereit sein, die in wesent¬
lichen Fragen so lange die Partei der Verneinung, der mehr oder minder lauten
Opposition sein wird, als eine protestantische Dynastie in Deutschland den Kaiser¬
titel trägt.

Wir irren wohl nicht, wen« wir hiermit auch die Ansicht des Reichs¬
kanzlers zu treffen glauben, und wir möchten annehmen, daß sein bisheriges
Nichterscheinen in der Mitte unserer Reichsboten zum nicht geringen Theil ans
Verdruß über diese Haltung der Conservativen zurückzuführen ist. Derselbe will
offenbar ebenfalls den Frieden, weiß aber, daß die Ultramontanen, selbst wenn
man ihnen sehr weitgehende Concessionen in den Fragen, die ihnen die wich¬
tigsten sind, macheu wollte, mit der Existenz des neuen deutsche« Reiches nicht
zu versöhnen sein würden.

Ein anderer wenig erfreulicher Zug trat hervor in der Debatte über den
Hämelschen Antrag, den Chef der Admiralität zur Berichterstattung über den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 39, 1880, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341831_157681/532>, abgerufen am 03.07.2024.