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Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

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Mit dem ? Januar beginnt diese Zeitschrift das 1. Quartal ihres
39. Jahrgangs, welches durch alle Buchhandlungen und Postan-
stalten des In- "ut Auslandes zu beziehen ist. Preis pro Quartal
9 Mark.
Leipzig, im Dezember 1879. Die Verlagshandlung.

Kücklilicke auf die Berliner Heneralsynode.
2.

Wir wenden uns heute zu den kleineren Vorlagen des Kirchenregiments
und den wichtigsten Anträgen, welche aus der Mitte der Synode selbst gestellt
wurden. Unter den ersteren erregten wohl das meiste Interesse die Mittheilungen
des Evangelischen Kirchenraths über das Verhältniß der evangelischen Landes¬
kirche zur Volksschule. Dieselben stellen sich die Aufgabe, einmal zu zeigen,
inwiefern das Interesse der Kirche an der religiösen Pflege der Jugend durch
die in Folge der neueren Gesetzgebung") eingetretenen Veränderungen betroffen
worden sei, sodann darzulegen, in welcher Weise das Kirchenregiment dieses
Interesse in den letzten sieben Jahren vertreten habe. In ersterer Beziehung
kommen vor allem die Versuche in Betracht, die Volksschulen aus konfessionellen
in simultane Anstalten zu verwandeln. Diese können insofern sich auf eine
gewisse historische Ueberlieferung berufen, als auch früher schon in Preußen,
wo Nothstände oder politisch-nationale Erwägungen es erheischten, Simultan¬
schulen errichtet worden sind. Doch war ihre Zahl gering; im Jahre 1870
betrug sie nur 60. Seitdem hat sie sich um das siebenfache vergrößert, es
sind gegenwärtig 442 Simultanschulen vorhanden. Betragen dieselben immer
nur noch 1,15 Prozent sämmtlicher Schulen des preußischen Staats, so liegt
doch die Gefahr einer weitergehenden Simultanisirung der Volksschule sehr
nahe. Sind doch anch da paritätische Schulen errichtet worden, wo kein Noth¬
stand vorlag. In mehreren größeren Städten, wie in Posen, Bromberg, Danzig,
ist das ganze Volksschulwesen simultanisirt worden. Sehr schmerzlich hat es
die evangelische Kirche empfunden, daß im Interesse der Simultanisirung kleine
Diasporaschulen aufgelöst wurden, die inmitten einer katholischen Bevölkerung



Des Schnlanfsichtsgesetzes vom 11. Mnrz 1872 und der allgemeinen Bestimmungen,
betreffend das Volksschul-, Prnparandcn- und Scininarwcsen, vom 16. Oktober 1872.
Grenzboten IV. 1379. 69

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Mit dem ? Januar beginnt diese Zeitschrift das 1. Quartal ihres
39. Jahrgangs, welches durch alle Buchhandlungen und Postan-
stalten des In- «ut Auslandes zu beziehen ist. Preis pro Quartal
9 Mark.
Leipzig, im Dezember 1879. Die Verlagshandlung.

Kücklilicke auf die Berliner Heneralsynode.
2.

Wir wenden uns heute zu den kleineren Vorlagen des Kirchenregiments
und den wichtigsten Anträgen, welche aus der Mitte der Synode selbst gestellt
wurden. Unter den ersteren erregten wohl das meiste Interesse die Mittheilungen
des Evangelischen Kirchenraths über das Verhältniß der evangelischen Landes¬
kirche zur Volksschule. Dieselben stellen sich die Aufgabe, einmal zu zeigen,
inwiefern das Interesse der Kirche an der religiösen Pflege der Jugend durch
die in Folge der neueren Gesetzgebung") eingetretenen Veränderungen betroffen
worden sei, sodann darzulegen, in welcher Weise das Kirchenregiment dieses
Interesse in den letzten sieben Jahren vertreten habe. In ersterer Beziehung
kommen vor allem die Versuche in Betracht, die Volksschulen aus konfessionellen
in simultane Anstalten zu verwandeln. Diese können insofern sich auf eine
gewisse historische Ueberlieferung berufen, als auch früher schon in Preußen,
wo Nothstände oder politisch-nationale Erwägungen es erheischten, Simultan¬
schulen errichtet worden sind. Doch war ihre Zahl gering; im Jahre 1870
betrug sie nur 60. Seitdem hat sie sich um das siebenfache vergrößert, es
sind gegenwärtig 442 Simultanschulen vorhanden. Betragen dieselben immer
nur noch 1,15 Prozent sämmtlicher Schulen des preußischen Staats, so liegt
doch die Gefahr einer weitergehenden Simultanisirung der Volksschule sehr
nahe. Sind doch anch da paritätische Schulen errichtet worden, wo kein Noth¬
stand vorlag. In mehreren größeren Städten, wie in Posen, Bromberg, Danzig,
ist das ganze Volksschulwesen simultanisirt worden. Sehr schmerzlich hat es
die evangelische Kirche empfunden, daß im Interesse der Simultanisirung kleine
Diasporaschulen aufgelöst wurden, die inmitten einer katholischen Bevölkerung



Des Schnlanfsichtsgesetzes vom 11. Mnrz 1872 und der allgemeinen Bestimmungen,
betreffend das Volksschul-, Prnparandcn- und Scininarwcsen, vom 16. Oktober 1872.
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[0525] Zur Beachtung. Mit dem ? Januar beginnt diese Zeitschrift das 1. Quartal ihres 39. Jahrgangs, welches durch alle Buchhandlungen und Postan- stalten des In- «ut Auslandes zu beziehen ist. Preis pro Quartal 9 Mark. Leipzig, im Dezember 1879. Die Verlagshandlung. Kücklilicke auf die Berliner Heneralsynode. 2. Wir wenden uns heute zu den kleineren Vorlagen des Kirchenregiments und den wichtigsten Anträgen, welche aus der Mitte der Synode selbst gestellt wurden. Unter den ersteren erregten wohl das meiste Interesse die Mittheilungen des Evangelischen Kirchenraths über das Verhältniß der evangelischen Landes¬ kirche zur Volksschule. Dieselben stellen sich die Aufgabe, einmal zu zeigen, inwiefern das Interesse der Kirche an der religiösen Pflege der Jugend durch die in Folge der neueren Gesetzgebung") eingetretenen Veränderungen betroffen worden sei, sodann darzulegen, in welcher Weise das Kirchenregiment dieses Interesse in den letzten sieben Jahren vertreten habe. In ersterer Beziehung kommen vor allem die Versuche in Betracht, die Volksschulen aus konfessionellen in simultane Anstalten zu verwandeln. Diese können insofern sich auf eine gewisse historische Ueberlieferung berufen, als auch früher schon in Preußen, wo Nothstände oder politisch-nationale Erwägungen es erheischten, Simultan¬ schulen errichtet worden sind. Doch war ihre Zahl gering; im Jahre 1870 betrug sie nur 60. Seitdem hat sie sich um das siebenfache vergrößert, es sind gegenwärtig 442 Simultanschulen vorhanden. Betragen dieselben immer nur noch 1,15 Prozent sämmtlicher Schulen des preußischen Staats, so liegt doch die Gefahr einer weitergehenden Simultanisirung der Volksschule sehr nahe. Sind doch anch da paritätische Schulen errichtet worden, wo kein Noth¬ stand vorlag. In mehreren größeren Städten, wie in Posen, Bromberg, Danzig, ist das ganze Volksschulwesen simultanisirt worden. Sehr schmerzlich hat es die evangelische Kirche empfunden, daß im Interesse der Simultanisirung kleine Diasporaschulen aufgelöst wurden, die inmitten einer katholischen Bevölkerung Des Schnlanfsichtsgesetzes vom 11. Mnrz 1872 und der allgemeinen Bestimmungen, betreffend das Volksschul-, Prnparandcn- und Scininarwcsen, vom 16. Oktober 1872. Grenzboten IV. 1379. 69

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/525>, abgerufen am 03.07.2024.