Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

reichischm Kommandanten in Siebenbürgen, seinem alten Gegner Basta, reiste
er mit ziemlichem Gefolge persönlich zu Rudolf. Was er vorausgesehen, er¬
füllte sich bald. Der ungarische Adel Siebenbürgens hatte sich nicht gegen ihn
erhoben, um seine Herrschaft mit der Basta's zu vertauschen; schon im Februar
1601 wählte er Sigmund B-Uhory, den polnischen Schützling, zum dritten
Male zum Fürsten. So arbeiteten Michaels Feinde ihm selbst in die Hände.
Es blieb dem Kaiser Rudolf, wenn er das Land nicht verlieren wollte, nichts
übrig, als Michael wieder zum Statthalter zu ernennen. Mit Basta gemein¬
schaftlich sollte er Siebenbürgen wieder erobern. In Kaschau trafen sie sich
und höhnten sich äußerlich aus, dann schlugen sie gemeinschaftlich in der Nähe
von Klausenburg die siegreiche Schlacht bei Goroszlo. Kompetenzstreitigkeiten
zwischen dem Statthalter und dem Heerführer waren aber jetzt unvermeidlich;
sie reizten die reit- und haßerfüllte Seele des ehrgeizigen Jtalieners zum Ver¬
brechen. Wahrscheinlich am 17. August -- der Tag steht nicht fest -- des
Jahres 1601 ließ er Michael durch einen wallonischen Offizier ermorden.

So wurde der Rumäuenfürst im 43. Jahre seines Lebens gewaltsam ans
seiner Laufbahn gerissen. Die Folgen seiner Unternehmungen sind vereitelt worden
und gleichsam in den leeren Raum der Zeiten verschwunden, noch Jahrhun¬
derte lang hat sein Volk das türkische Joch getragen, und mehrere Menschen¬
alter hindurch büßte auch Oesterreich durch eigene Schuld die Herrschaft im
Südosten wieder ein; aber die Geschichte hat die Aufgabe, dem heldenhaften
Manne gerecht zu werden. Es ist wahr, sein Antlitz trägt noch barbarische
Züge, seine Organisationskraft reicht nicht entfernt an seinen Thatendrang
hinan, seine Art, den Gegner zu überlisten, ist echt orientalisch; doch es ist
kein niedriger und gemeiner Zug in ihm; die Kreise, mit denen ihn sein Schick¬
sal zusammengeführt, überragt er alle.


Markgraf.


Me Information und die Mystik.
(Schluß.)

Welche Stellung hat Luther zur Mystik eingenommen? Inwieweit ist sein
evangelisches Denken und sein protestantisches Handeln durch dieselbe bedingt
gewesen? Das ist die Frage, deren Beantwortung wir uus jetzt noch zuzu¬
wenden haben. Die Frage ist in jüngster Zeit einer eingehenden und sorg-


reichischm Kommandanten in Siebenbürgen, seinem alten Gegner Basta, reiste
er mit ziemlichem Gefolge persönlich zu Rudolf. Was er vorausgesehen, er¬
füllte sich bald. Der ungarische Adel Siebenbürgens hatte sich nicht gegen ihn
erhoben, um seine Herrschaft mit der Basta's zu vertauschen; schon im Februar
1601 wählte er Sigmund B-Uhory, den polnischen Schützling, zum dritten
Male zum Fürsten. So arbeiteten Michaels Feinde ihm selbst in die Hände.
Es blieb dem Kaiser Rudolf, wenn er das Land nicht verlieren wollte, nichts
übrig, als Michael wieder zum Statthalter zu ernennen. Mit Basta gemein¬
schaftlich sollte er Siebenbürgen wieder erobern. In Kaschau trafen sie sich
und höhnten sich äußerlich aus, dann schlugen sie gemeinschaftlich in der Nähe
von Klausenburg die siegreiche Schlacht bei Goroszlo. Kompetenzstreitigkeiten
zwischen dem Statthalter und dem Heerführer waren aber jetzt unvermeidlich;
sie reizten die reit- und haßerfüllte Seele des ehrgeizigen Jtalieners zum Ver¬
brechen. Wahrscheinlich am 17. August — der Tag steht nicht fest — des
Jahres 1601 ließ er Michael durch einen wallonischen Offizier ermorden.

So wurde der Rumäuenfürst im 43. Jahre seines Lebens gewaltsam ans
seiner Laufbahn gerissen. Die Folgen seiner Unternehmungen sind vereitelt worden
und gleichsam in den leeren Raum der Zeiten verschwunden, noch Jahrhun¬
derte lang hat sein Volk das türkische Joch getragen, und mehrere Menschen¬
alter hindurch büßte auch Oesterreich durch eigene Schuld die Herrschaft im
Südosten wieder ein; aber die Geschichte hat die Aufgabe, dem heldenhaften
Manne gerecht zu werden. Es ist wahr, sein Antlitz trägt noch barbarische
Züge, seine Organisationskraft reicht nicht entfernt an seinen Thatendrang
hinan, seine Art, den Gegner zu überlisten, ist echt orientalisch; doch es ist
kein niedriger und gemeiner Zug in ihm; die Kreise, mit denen ihn sein Schick¬
sal zusammengeführt, überragt er alle.


Markgraf.


Me Information und die Mystik.
(Schluß.)

Welche Stellung hat Luther zur Mystik eingenommen? Inwieweit ist sein
evangelisches Denken und sein protestantisches Handeln durch dieselbe bedingt
gewesen? Das ist die Frage, deren Beantwortung wir uus jetzt noch zuzu¬
wenden haben. Die Frage ist in jüngster Zeit einer eingehenden und sorg-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0141" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/143196"/>
          <p xml:id="ID_438" prev="#ID_437"> reichischm Kommandanten in Siebenbürgen, seinem alten Gegner Basta, reiste<lb/>
er mit ziemlichem Gefolge persönlich zu Rudolf. Was er vorausgesehen, er¬<lb/>
füllte sich bald. Der ungarische Adel Siebenbürgens hatte sich nicht gegen ihn<lb/>
erhoben, um seine Herrschaft mit der Basta's zu vertauschen; schon im Februar<lb/>
1601 wählte er Sigmund B-Uhory, den polnischen Schützling, zum dritten<lb/>
Male zum Fürsten. So arbeiteten Michaels Feinde ihm selbst in die Hände.<lb/>
Es blieb dem Kaiser Rudolf, wenn er das Land nicht verlieren wollte, nichts<lb/>
übrig, als Michael wieder zum Statthalter zu ernennen. Mit Basta gemein¬<lb/>
schaftlich sollte er Siebenbürgen wieder erobern. In Kaschau trafen sie sich<lb/>
und höhnten sich äußerlich aus, dann schlugen sie gemeinschaftlich in der Nähe<lb/>
von Klausenburg die siegreiche Schlacht bei Goroszlo. Kompetenzstreitigkeiten<lb/>
zwischen dem Statthalter und dem Heerführer waren aber jetzt unvermeidlich;<lb/>
sie reizten die reit- und haßerfüllte Seele des ehrgeizigen Jtalieners zum Ver¬<lb/>
brechen. Wahrscheinlich am 17. August &#x2014; der Tag steht nicht fest &#x2014; des<lb/>
Jahres 1601 ließ er Michael durch einen wallonischen Offizier ermorden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_439"> So wurde der Rumäuenfürst im 43. Jahre seines Lebens gewaltsam ans<lb/>
seiner Laufbahn gerissen. Die Folgen seiner Unternehmungen sind vereitelt worden<lb/>
und gleichsam in den leeren Raum der Zeiten verschwunden, noch Jahrhun¬<lb/>
derte lang hat sein Volk das türkische Joch getragen, und mehrere Menschen¬<lb/>
alter hindurch büßte auch Oesterreich durch eigene Schuld die Herrschaft im<lb/>
Südosten wieder ein; aber die Geschichte hat die Aufgabe, dem heldenhaften<lb/>
Manne gerecht zu werden. Es ist wahr, sein Antlitz trägt noch barbarische<lb/>
Züge, seine Organisationskraft reicht nicht entfernt an seinen Thatendrang<lb/>
hinan, seine Art, den Gegner zu überlisten, ist echt orientalisch; doch es ist<lb/>
kein niedriger und gemeiner Zug in ihm; die Kreise, mit denen ihn sein Schick¬<lb/>
sal zusammengeführt, überragt er alle.</p><lb/>
          <note type="byline"> Markgraf.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Me Information und die Mystik.<lb/>
(Schluß.) </head><lb/>
          <p xml:id="ID_440" next="#ID_441"> Welche Stellung hat Luther zur Mystik eingenommen? Inwieweit ist sein<lb/>
evangelisches Denken und sein protestantisches Handeln durch dieselbe bedingt<lb/>
gewesen? Das ist die Frage, deren Beantwortung wir uus jetzt noch zuzu¬<lb/>
wenden haben. Die Frage ist in jüngster Zeit einer eingehenden und sorg-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0141] reichischm Kommandanten in Siebenbürgen, seinem alten Gegner Basta, reiste er mit ziemlichem Gefolge persönlich zu Rudolf. Was er vorausgesehen, er¬ füllte sich bald. Der ungarische Adel Siebenbürgens hatte sich nicht gegen ihn erhoben, um seine Herrschaft mit der Basta's zu vertauschen; schon im Februar 1601 wählte er Sigmund B-Uhory, den polnischen Schützling, zum dritten Male zum Fürsten. So arbeiteten Michaels Feinde ihm selbst in die Hände. Es blieb dem Kaiser Rudolf, wenn er das Land nicht verlieren wollte, nichts übrig, als Michael wieder zum Statthalter zu ernennen. Mit Basta gemein¬ schaftlich sollte er Siebenbürgen wieder erobern. In Kaschau trafen sie sich und höhnten sich äußerlich aus, dann schlugen sie gemeinschaftlich in der Nähe von Klausenburg die siegreiche Schlacht bei Goroszlo. Kompetenzstreitigkeiten zwischen dem Statthalter und dem Heerführer waren aber jetzt unvermeidlich; sie reizten die reit- und haßerfüllte Seele des ehrgeizigen Jtalieners zum Ver¬ brechen. Wahrscheinlich am 17. August — der Tag steht nicht fest — des Jahres 1601 ließ er Michael durch einen wallonischen Offizier ermorden. So wurde der Rumäuenfürst im 43. Jahre seines Lebens gewaltsam ans seiner Laufbahn gerissen. Die Folgen seiner Unternehmungen sind vereitelt worden und gleichsam in den leeren Raum der Zeiten verschwunden, noch Jahrhun¬ derte lang hat sein Volk das türkische Joch getragen, und mehrere Menschen¬ alter hindurch büßte auch Oesterreich durch eigene Schuld die Herrschaft im Südosten wieder ein; aber die Geschichte hat die Aufgabe, dem heldenhaften Manne gerecht zu werden. Es ist wahr, sein Antlitz trägt noch barbarische Züge, seine Organisationskraft reicht nicht entfernt an seinen Thatendrang hinan, seine Art, den Gegner zu überlisten, ist echt orientalisch; doch es ist kein niedriger und gemeiner Zug in ihm; die Kreise, mit denen ihn sein Schick¬ sal zusammengeführt, überragt er alle. Markgraf. Me Information und die Mystik. (Schluß.) Welche Stellung hat Luther zur Mystik eingenommen? Inwieweit ist sein evangelisches Denken und sein protestantisches Handeln durch dieselbe bedingt gewesen? Das ist die Frage, deren Beantwortung wir uus jetzt noch zuzu¬ wenden haben. Die Frage ist in jüngster Zeit einer eingehenden und sorg-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/141
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157675/141>, abgerufen am 03.07.2024.