Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite

Klagen gegenüber prahlerisch und überschwenglich von den Segnungen spricht,
die man dem Volke in seiner selbstlosen Hingabe geboten, und sich damit brüstet,
wie man es doch so herrlich weit gebracht habe. Wenn diese UnWahrhaftigkeit,
welche das ganze parlamentarische Sein und Leben der nationalliberalen
Partei zersetzend durchdringt, ihr schon in Norddeutschland geschadet hat, so hat
sie ihr in Süddeutschland den Boden fast völlig entzogen und Tausende von
Wählern für die Politik der Konservativen gewonnen. Bei den nächsten Reichs¬
tagswahlen wird sich dies genugsam zeigen, besonders in Baden, wo ja der
eingeborene mit dem berliner Abgeordneten-Liberalismus zusammenfällt. Schon
für die bevorstehenden Landtagswahlen zeigen sich, trotzdem daß diese durch
Wahlmänner und öffentlich erfolgen und vielfache persönliche Beziehungen und
andere speziell badische Gründe den alten Abgeordneten günstig sind, Anzeichen
dieses Umschwungs. Offenbar drängen in Süddeutschland die politischen
Verhältnisse hin auf Gründung einer nationalen Partei innerhalb der Grenzen,
wie sie in diesen Blättern bereits angedeutet worden sind, einer Partei, welche
nicht nur die liberalen Elemente Volk'scher Richtung in sich aufnehmen, sondern
auch den zahlreichen Freikonservativen, die eine Partei hier bis jetzt noch nicht
bilden, Raum gewähren müßte. Nur wenn die Männer und die Organe,
welche einen Einfluß auf die öffentliche Stimmung üben, bei Zeiten in dieser
Richtung zu wirken suchen, wird man der Zerbröckelung der nationalliberalen
Partei vorbeugen können. Baiern bietet für diese neue Partei schon einen festen
Stamm; die Bevölkerung ist solch' einer Mittelstellung in allen drei Staaten
günstig, die meisten würtembergischen Abgeordneten entsprechen dem letzteren
Umstände in ihrem politischen Verhalten, und auch den Badenern wird die
nächste Zeit einige Winke ertheilen, deren Verständlichkeit nicht ganz ohne Folgen
bleiben dürfte. Nur müßte die Initiative zu dieser Parteibildung im Süden
selbständig ergriffen und kräftig durchgeführt werden, selbst auf die Gefahr hin,
von den Berlinern darob des Verraths an der Sache der Freiheit geziehen
zu werden. Nur so kann das politische Leben wieder in normale Bahnen
geleitet werden.




Knalle von LasautX.

Der Name, der über diesen Zeilen steht, tritt vielleicht. jetzt zum ersten
Male vor das Auge unsrer Leser, oder, wenn dies nicht der Fall sein sollte,
so ist er doch wohl an der Mehrzahl derselben nur flüchtig vorübergegangen,


Klagen gegenüber prahlerisch und überschwenglich von den Segnungen spricht,
die man dem Volke in seiner selbstlosen Hingabe geboten, und sich damit brüstet,
wie man es doch so herrlich weit gebracht habe. Wenn diese UnWahrhaftigkeit,
welche das ganze parlamentarische Sein und Leben der nationalliberalen
Partei zersetzend durchdringt, ihr schon in Norddeutschland geschadet hat, so hat
sie ihr in Süddeutschland den Boden fast völlig entzogen und Tausende von
Wählern für die Politik der Konservativen gewonnen. Bei den nächsten Reichs¬
tagswahlen wird sich dies genugsam zeigen, besonders in Baden, wo ja der
eingeborene mit dem berliner Abgeordneten-Liberalismus zusammenfällt. Schon
für die bevorstehenden Landtagswahlen zeigen sich, trotzdem daß diese durch
Wahlmänner und öffentlich erfolgen und vielfache persönliche Beziehungen und
andere speziell badische Gründe den alten Abgeordneten günstig sind, Anzeichen
dieses Umschwungs. Offenbar drängen in Süddeutschland die politischen
Verhältnisse hin auf Gründung einer nationalen Partei innerhalb der Grenzen,
wie sie in diesen Blättern bereits angedeutet worden sind, einer Partei, welche
nicht nur die liberalen Elemente Volk'scher Richtung in sich aufnehmen, sondern
auch den zahlreichen Freikonservativen, die eine Partei hier bis jetzt noch nicht
bilden, Raum gewähren müßte. Nur wenn die Männer und die Organe,
welche einen Einfluß auf die öffentliche Stimmung üben, bei Zeiten in dieser
Richtung zu wirken suchen, wird man der Zerbröckelung der nationalliberalen
Partei vorbeugen können. Baiern bietet für diese neue Partei schon einen festen
Stamm; die Bevölkerung ist solch' einer Mittelstellung in allen drei Staaten
günstig, die meisten würtembergischen Abgeordneten entsprechen dem letzteren
Umstände in ihrem politischen Verhalten, und auch den Badenern wird die
nächste Zeit einige Winke ertheilen, deren Verständlichkeit nicht ganz ohne Folgen
bleiben dürfte. Nur müßte die Initiative zu dieser Parteibildung im Süden
selbständig ergriffen und kräftig durchgeführt werden, selbst auf die Gefahr hin,
von den Berlinern darob des Verraths an der Sache der Freiheit geziehen
zu werden. Nur so kann das politische Leben wieder in normale Bahnen
geleitet werden.




Knalle von LasautX.

Der Name, der über diesen Zeilen steht, tritt vielleicht. jetzt zum ersten
Male vor das Auge unsrer Leser, oder, wenn dies nicht der Fall sein sollte,
so ist er doch wohl an der Mehrzahl derselben nur flüchtig vorübergegangen,


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0435" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/142932"/>
          <p xml:id="ID_1279" prev="#ID_1278"> Klagen gegenüber prahlerisch und überschwenglich von den Segnungen spricht,<lb/>
die man dem Volke in seiner selbstlosen Hingabe geboten, und sich damit brüstet,<lb/>
wie man es doch so herrlich weit gebracht habe. Wenn diese UnWahrhaftigkeit,<lb/>
welche das ganze parlamentarische Sein und Leben der nationalliberalen<lb/>
Partei zersetzend durchdringt, ihr schon in Norddeutschland geschadet hat, so hat<lb/>
sie ihr in Süddeutschland den Boden fast völlig entzogen und Tausende von<lb/>
Wählern für die Politik der Konservativen gewonnen. Bei den nächsten Reichs¬<lb/>
tagswahlen wird sich dies genugsam zeigen, besonders in Baden, wo ja der<lb/>
eingeborene mit dem berliner Abgeordneten-Liberalismus zusammenfällt. Schon<lb/>
für die bevorstehenden Landtagswahlen zeigen sich, trotzdem daß diese durch<lb/>
Wahlmänner und öffentlich erfolgen und vielfache persönliche Beziehungen und<lb/>
andere speziell badische Gründe den alten Abgeordneten günstig sind, Anzeichen<lb/>
dieses Umschwungs. Offenbar drängen in Süddeutschland die politischen<lb/>
Verhältnisse hin auf Gründung einer nationalen Partei innerhalb der Grenzen,<lb/>
wie sie in diesen Blättern bereits angedeutet worden sind, einer Partei, welche<lb/>
nicht nur die liberalen Elemente Volk'scher Richtung in sich aufnehmen, sondern<lb/>
auch den zahlreichen Freikonservativen, die eine Partei hier bis jetzt noch nicht<lb/>
bilden, Raum gewähren müßte. Nur wenn die Männer und die Organe,<lb/>
welche einen Einfluß auf die öffentliche Stimmung üben, bei Zeiten in dieser<lb/>
Richtung zu wirken suchen, wird man der Zerbröckelung der nationalliberalen<lb/>
Partei vorbeugen können. Baiern bietet für diese neue Partei schon einen festen<lb/>
Stamm; die Bevölkerung ist solch' einer Mittelstellung in allen drei Staaten<lb/>
günstig, die meisten würtembergischen Abgeordneten entsprechen dem letzteren<lb/>
Umstände in ihrem politischen Verhalten, und auch den Badenern wird die<lb/>
nächste Zeit einige Winke ertheilen, deren Verständlichkeit nicht ganz ohne Folgen<lb/>
bleiben dürfte. Nur müßte die Initiative zu dieser Parteibildung im Süden<lb/>
selbständig ergriffen und kräftig durchgeführt werden, selbst auf die Gefahr hin,<lb/>
von den Berlinern darob des Verraths an der Sache der Freiheit geziehen<lb/>
zu werden. Nur so kann das politische Leben wieder in normale Bahnen<lb/>
geleitet werden.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Knalle von LasautX.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1280" next="#ID_1281"> Der Name, der über diesen Zeilen steht, tritt vielleicht. jetzt zum ersten<lb/>
Male vor das Auge unsrer Leser, oder, wenn dies nicht der Fall sein sollte,<lb/>
so ist er doch wohl an der Mehrzahl derselben nur flüchtig vorübergegangen,</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0435] Klagen gegenüber prahlerisch und überschwenglich von den Segnungen spricht, die man dem Volke in seiner selbstlosen Hingabe geboten, und sich damit brüstet, wie man es doch so herrlich weit gebracht habe. Wenn diese UnWahrhaftigkeit, welche das ganze parlamentarische Sein und Leben der nationalliberalen Partei zersetzend durchdringt, ihr schon in Norddeutschland geschadet hat, so hat sie ihr in Süddeutschland den Boden fast völlig entzogen und Tausende von Wählern für die Politik der Konservativen gewonnen. Bei den nächsten Reichs¬ tagswahlen wird sich dies genugsam zeigen, besonders in Baden, wo ja der eingeborene mit dem berliner Abgeordneten-Liberalismus zusammenfällt. Schon für die bevorstehenden Landtagswahlen zeigen sich, trotzdem daß diese durch Wahlmänner und öffentlich erfolgen und vielfache persönliche Beziehungen und andere speziell badische Gründe den alten Abgeordneten günstig sind, Anzeichen dieses Umschwungs. Offenbar drängen in Süddeutschland die politischen Verhältnisse hin auf Gründung einer nationalen Partei innerhalb der Grenzen, wie sie in diesen Blättern bereits angedeutet worden sind, einer Partei, welche nicht nur die liberalen Elemente Volk'scher Richtung in sich aufnehmen, sondern auch den zahlreichen Freikonservativen, die eine Partei hier bis jetzt noch nicht bilden, Raum gewähren müßte. Nur wenn die Männer und die Organe, welche einen Einfluß auf die öffentliche Stimmung üben, bei Zeiten in dieser Richtung zu wirken suchen, wird man der Zerbröckelung der nationalliberalen Partei vorbeugen können. Baiern bietet für diese neue Partei schon einen festen Stamm; die Bevölkerung ist solch' einer Mittelstellung in allen drei Staaten günstig, die meisten würtembergischen Abgeordneten entsprechen dem letzteren Umstände in ihrem politischen Verhalten, und auch den Badenern wird die nächste Zeit einige Winke ertheilen, deren Verständlichkeit nicht ganz ohne Folgen bleiben dürfte. Nur müßte die Initiative zu dieser Parteibildung im Süden selbständig ergriffen und kräftig durchgeführt werden, selbst auf die Gefahr hin, von den Berlinern darob des Verraths an der Sache der Freiheit geziehen zu werden. Nur so kann das politische Leben wieder in normale Bahnen geleitet werden. Knalle von LasautX. Der Name, der über diesen Zeilen steht, tritt vielleicht. jetzt zum ersten Male vor das Auge unsrer Leser, oder, wenn dies nicht der Fall sein sollte, so ist er doch wohl an der Mehrzahl derselben nur flüchtig vorübergegangen,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/435
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341829_157673/435>, abgerufen am 27.07.2024.