Die Grenzboten. Jg. 38, 1879, Erstes Quartal.mehr haben, als uns die bloße Poesie bieten kann; aber wollen wir nicht Friedrich Nitzsch. I. L. Kossmann über den Wiener Kongreß, Julius Duboc. Von Schon vor mehr als 40 Jahren (1837) bemerkte Varnhagen, der zuerst mehr haben, als uns die bloße Poesie bieten kann; aber wollen wir nicht Friedrich Nitzsch. I. L. Kossmann über den Wiener Kongreß, Julius Duboc. Von Schon vor mehr als 40 Jahren (1837) bemerkte Varnhagen, der zuerst <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0320" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/141731"/> <p xml:id="ID_936" prev="#ID_935"> mehr haben, als uns die bloße Poesie bieten kann; aber wollen wir nicht<lb/> Romantiker werden, so dürfen wir nicht vergessen, daß auch unsere religiösen<lb/> Vorstellungen einen Beisatz von Poesie haben, der vom tiefsten Kern zu unter¬<lb/> scheiden ist, und den wir Niemandem aufnöthigen können, weil die Anerkennung<lb/> bestimmter aesthetischer Anschauungsformen nicht in dem Sinne und Maße, wie<lb/> die ethischen Grundlagen der Frömmigkeit, von Jedermann gefordert werden<lb/> kann. Aber auch das wird sich aus unseren Erwägungen ergeben haben, daß<lb/> wir ohne jedes (wenn auch unbewußte) Gefühl für Poetisches auch unsere<lb/> eigene Religion nicht völlig zu verstehen vermögen.</p><lb/> <note type="byline"> Friedrich Nitzsch.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> I. L. Kossmann über den Wiener Kongreß,<lb/><note type="byline"> Julius Duboc.</note> Von </head><lb/> <p xml:id="ID_937" next="#ID_938"> Schon vor mehr als 40 Jahren (1837) bemerkte Varnhagen, der zuerst<lb/> in seinen „Denkwürdigkeiten" einiges auf den in der Ueberschrift genannten<lb/> Hannoveraner Justus Erich Bollmann bezügliche Material mittheilte und<lb/> namentlich auch Briefe desselben veröffentlichte: „Wir meinen hier einen<lb/> Namen, der dem größten Theil unserer Leser und besonders den jüngeren un¬<lb/> bekannt klingen wird. Und doch ist er einst laut genug erschollen und hat<lb/> seinen Tag erlebt, der ihn für Europa und Amerika zum Gegenstand der auf¬<lb/> geregtesten Theilnahme machte." Das Ereigniß, worauf Varnhagen w<lb/> den letzten Worten anspielt, ist die durch einen unglaublich kühnen Hand¬<lb/> streich durchgeführte Befreiung Lafayette's aus dem Staatsgefängniß von<lb/> Olmütz im Jahre 1794, eine That, die der unternehmungslustige Bollmann,<lb/> von Thatendrang und selbstvergessener Begeisterung getrieben, im Wesentlichen<lb/> allein geplant und selbstverständlich unter den größten Schwierigkeiten, nur<lb/> unterstützt von einem jungen Amerikaner, der sich ihm angeschlossen, ausgeführt<lb/> hatte. Die That glückte und verunglückte, d. h. die gewaltsame Entführung<lb/> des französischen Patrioten aus den Mauern des österreichischen Gefängnisses<lb/> gelang; aber genöthigt, sich von seinen Rettern auf der Flucht zu trennen, fiel<lb/> Lafayette, des Weges unkundig, feinen Verfolgern wieder in die Hände. Ebenso<lb/> mißlang die Flucht des jungen Amerikaners, Namens Huger. Bollmann aber<lb/> wurde von den preußischen Behörden wieder an die österreichische Regierung<lb/> ausgeliefert und büßte den Heroismus seines Grvßmuths mit sieben Monaten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0320]
mehr haben, als uns die bloße Poesie bieten kann; aber wollen wir nicht
Romantiker werden, so dürfen wir nicht vergessen, daß auch unsere religiösen
Vorstellungen einen Beisatz von Poesie haben, der vom tiefsten Kern zu unter¬
scheiden ist, und den wir Niemandem aufnöthigen können, weil die Anerkennung
bestimmter aesthetischer Anschauungsformen nicht in dem Sinne und Maße, wie
die ethischen Grundlagen der Frömmigkeit, von Jedermann gefordert werden
kann. Aber auch das wird sich aus unseren Erwägungen ergeben haben, daß
wir ohne jedes (wenn auch unbewußte) Gefühl für Poetisches auch unsere
eigene Religion nicht völlig zu verstehen vermögen.
Friedrich Nitzsch.
I. L. Kossmann über den Wiener Kongreß,
Julius Duboc. Von
Schon vor mehr als 40 Jahren (1837) bemerkte Varnhagen, der zuerst
in seinen „Denkwürdigkeiten" einiges auf den in der Ueberschrift genannten
Hannoveraner Justus Erich Bollmann bezügliche Material mittheilte und
namentlich auch Briefe desselben veröffentlichte: „Wir meinen hier einen
Namen, der dem größten Theil unserer Leser und besonders den jüngeren un¬
bekannt klingen wird. Und doch ist er einst laut genug erschollen und hat
seinen Tag erlebt, der ihn für Europa und Amerika zum Gegenstand der auf¬
geregtesten Theilnahme machte." Das Ereigniß, worauf Varnhagen w
den letzten Worten anspielt, ist die durch einen unglaublich kühnen Hand¬
streich durchgeführte Befreiung Lafayette's aus dem Staatsgefängniß von
Olmütz im Jahre 1794, eine That, die der unternehmungslustige Bollmann,
von Thatendrang und selbstvergessener Begeisterung getrieben, im Wesentlichen
allein geplant und selbstverständlich unter den größten Schwierigkeiten, nur
unterstützt von einem jungen Amerikaner, der sich ihm angeschlossen, ausgeführt
hatte. Die That glückte und verunglückte, d. h. die gewaltsame Entführung
des französischen Patrioten aus den Mauern des österreichischen Gefängnisses
gelang; aber genöthigt, sich von seinen Rettern auf der Flucht zu trennen, fiel
Lafayette, des Weges unkundig, feinen Verfolgern wieder in die Hände. Ebenso
mißlang die Flucht des jungen Amerikaners, Namens Huger. Bollmann aber
wurde von den preußischen Behörden wieder an die österreichische Regierung
ausgeliefert und büßte den Heroismus seines Grvßmuths mit sieben Monaten
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