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Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band.

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Juan Maria da Padua, ein Schiller Jacopo Sansovino's. Von ihm stammen
die Entwürfe zu allen ornamentalen Theilen des Moritzbaues, vor allem das
köstliche, von Lübke als die "weitaus edelste Portalkomposition der ganzen deut¬
schen Renaissance" bezeichnete Kapellenportal, welches nach längerer Verwahr¬
losung neuerdings restaurirt worden ist und am "Jüdenhof" seine Aufstellung
gefunden hat. Auch audere hervorragende Skulpturwerke auf sächsischem Boden
weist ihm Gurlitt zu. Ueber die am Bane beschäftigten italienischen Maler
und deutschen Werkmeister bringt die Schrift wenig neues. Wohl aber gewinnt
der Verfasser am Schlüsse seiner Arbeit -- und dies muß ja immer, bei aller
Wichtigkeit, die man den aus dem archivcllischen Material geschöpften biogra¬
phischen und sonstigen Einzelheiten beimessen mag, als das letzte Ziel solcher
SpezialUntersuchungen augesehen werden -- einige Resultate von allgemeinerer
kunstgeschichtlicher Bedeutung. Als solche müssen wir es bezeichnen, was er
einerseits über die unabhängige Stellung, welche in der Zeit der Renaissance
die ausführenden Künstler dem entwerfenden Baumeister gegenüber einnahmen,
und die für die Gestaltung des Bauwerkes sich daraus ergebendes Konsequenzen,
andrerseits über die Grundriß- und Fa^adeubildung in der deutschen Renais¬
sance sagt. Nicht unerwähnt mag endlich bleiben, daß die Arbeit dnrch drei
saubere Abbildungen us Lichtdruck (Gevrgeuthor -- Treppenthurm im Schloß-
Hofe -- Kapellenportal) geschmückt ist, die nur leider für ihren Zweck, weniger
den Aufbau als die Ornamentik zu veranschaulichen, zu klein ausgefallen siud.

Es ist in den letzten Jahren von Dresden aus ein lebhafter Eifer für die
Erforschung der ehemals am kursächsischen Hofe geübten Kunstthätigkeit ent¬
faltet worden, und fast gewinnt es den Anschein, als ob die von den verschie¬
densten Seiten ausgehenden Studien nicht zufällig und ohne allen Zusammen¬
hang unter einander in so erfreulicher Weise sich mehrten, sondern als ob sie
alle auf ein gemeinsames Ziel lossteuerten. Sollte sich diese Vermuthung be¬
stätigen, so wollen wir nnr wünschen, daß der Hand, welcher über kurz oder
lang die beneidenswerthe Aufgabe zufallen wird, aus all den reichen Vor¬
arbeiten heraus eine zusammenhängende "Geschichte der bildenden Künste am
kursächsischen Hofe" zu schreiben, anch die Gabe stilistisch durchgebildeter und
künstlerisch abgerundeter Darstellung nicht versagt sein möge. Es ist dies ein
Wunsch, der einzelnen der bisherigen Spezialarbeiten gegenüber -- bei aller
Achtung vor ihrem sachlichen Werthe -- sich nicht ganz unterdrücken läßt.


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Ueber moderne Denkmalswuth. Von or. Max Schafter (103. Heft
der "Deutschen Zeit- und Streitfragen") Berlin, Habet, 1878.

Eine zeitgemäße und sehr beherzigenswerthe kleine Schrift, die mehr enthält
als der Titel ahnen läßt, insofern sie sich keineswegs bloß gegen die in unsrer


Juan Maria da Padua, ein Schiller Jacopo Sansovino's. Von ihm stammen
die Entwürfe zu allen ornamentalen Theilen des Moritzbaues, vor allem das
köstliche, von Lübke als die „weitaus edelste Portalkomposition der ganzen deut¬
schen Renaissance" bezeichnete Kapellenportal, welches nach längerer Verwahr¬
losung neuerdings restaurirt worden ist und am „Jüdenhof" seine Aufstellung
gefunden hat. Auch audere hervorragende Skulpturwerke auf sächsischem Boden
weist ihm Gurlitt zu. Ueber die am Bane beschäftigten italienischen Maler
und deutschen Werkmeister bringt die Schrift wenig neues. Wohl aber gewinnt
der Verfasser am Schlüsse seiner Arbeit — und dies muß ja immer, bei aller
Wichtigkeit, die man den aus dem archivcllischen Material geschöpften biogra¬
phischen und sonstigen Einzelheiten beimessen mag, als das letzte Ziel solcher
SpezialUntersuchungen augesehen werden — einige Resultate von allgemeinerer
kunstgeschichtlicher Bedeutung. Als solche müssen wir es bezeichnen, was er
einerseits über die unabhängige Stellung, welche in der Zeit der Renaissance
die ausführenden Künstler dem entwerfenden Baumeister gegenüber einnahmen,
und die für die Gestaltung des Bauwerkes sich daraus ergebendes Konsequenzen,
andrerseits über die Grundriß- und Fa^adeubildung in der deutschen Renais¬
sance sagt. Nicht unerwähnt mag endlich bleiben, daß die Arbeit dnrch drei
saubere Abbildungen us Lichtdruck (Gevrgeuthor — Treppenthurm im Schloß-
Hofe — Kapellenportal) geschmückt ist, die nur leider für ihren Zweck, weniger
den Aufbau als die Ornamentik zu veranschaulichen, zu klein ausgefallen siud.

Es ist in den letzten Jahren von Dresden aus ein lebhafter Eifer für die
Erforschung der ehemals am kursächsischen Hofe geübten Kunstthätigkeit ent¬
faltet worden, und fast gewinnt es den Anschein, als ob die von den verschie¬
densten Seiten ausgehenden Studien nicht zufällig und ohne allen Zusammen¬
hang unter einander in so erfreulicher Weise sich mehrten, sondern als ob sie
alle auf ein gemeinsames Ziel lossteuerten. Sollte sich diese Vermuthung be¬
stätigen, so wollen wir nnr wünschen, daß der Hand, welcher über kurz oder
lang die beneidenswerthe Aufgabe zufallen wird, aus all den reichen Vor¬
arbeiten heraus eine zusammenhängende „Geschichte der bildenden Künste am
kursächsischen Hofe" zu schreiben, anch die Gabe stilistisch durchgebildeter und
künstlerisch abgerundeter Darstellung nicht versagt sein möge. Es ist dies ein
Wunsch, der einzelnen der bisherigen Spezialarbeiten gegenüber — bei aller
Achtung vor ihrem sachlichen Werthe — sich nicht ganz unterdrücken läßt.


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Ueber moderne Denkmalswuth. Von or. Max Schafter (103. Heft
der „Deutschen Zeit- und Streitfragen") Berlin, Habet, 1878.

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als der Titel ahnen läßt, insofern sie sich keineswegs bloß gegen die in unsrer


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157661/446>, abgerufen am 22.07.2024.