Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

blieben. Nach manchen Kreuz- und Querzügen durch das Land der Jesidis
oder Teufelsanbeter kam Burnaby nach Kars. Diese Festung ist gelegentlich
ihrer letzten Belagerung zu oft beschrieben worden, als daß wir hier noch auf
Burnabys Schilderung eingehen sollten. Damals lagen etwa 20,000 Mann
dort und die Forts befanden sich in einem sehr vernachlässigten Zustande. Die
Scheußlichkeiten, die hier von den Russen erzählt wurden: hängen, spießen,
Nasen- und Ohrenabschneiden, lebendig braten und dergl., worüber Burnaby
gewissenhaft Buch führt, können wir wohl übergehen. Wir eilen mit ihm nach
Ardahan, wo er nach einem 2000 englische Meilen langem Ritte seine Reise be¬
schließt. Die Pferde wurden verkauft und im nahen Batna der Dampfer be¬
stiegen, welcher den flotten Reiter und Russenfresser uach Konstantinopel brachte.


A. Rauchhaupt.


Dom deutschen Keichstage und preußischen Landtage.

Noch einmal hat der Reichstag dem preußischen Landtage eine Woche
lang den Vorrang lassen müssen. Die Fortsetzung der Spezicilbercithung des
Budgets, welcher die drei Neichstagssitzungen während dieser Zeit hauptsächlich
gewidmet waren, konnte neben den Verhandlungen voll dramatischer Bewe¬
gung, welche sich gleichzeitig im Abgeordnetenhause abspielten, die allgemeine
Aufmerksamkeit nicht fesseln. Ein verhältnißmäßig großes Interesse wandte
sich dem Etat der Post- und Telegraphenverwaltnng zu. Seit Jahren wird
der Reichstag mit Petitionen unzufriedener Beamten überschwemmt; auch von
anderer Seite ist mit eiuer gewissen systematischen Beharrlichkeit die Vorstel¬
lung hervorgerufen worden, als ob die oberste Leitung des Post- und Tele¬
graphenwesens planmäßig eine geradezu unmenschliche Ausbeutung ihrer Unter¬
gebenen betriebe. Um diesen Beschwerden endlich einmal auf deu Grund zu
kommen, hatte man jetzt einzelne Theile des betreffenden Etats einer besonderen
Kommission zur Prüfung überwiesen. In derselben ist man indeß allseitig zu
der Ueberzeugung gelangt, daß die Verwaltung nach durchaus gerechten und
humanen Grundsätzen verfährt, und in dem Berichte der Kommission hat man
sogar einen öffentlichem Tadel der Hauptschiirer für angezeigt gehalten. Dem¬
nach ist wohl zu hoffen, daß das Querulantenwesen, welches sich unter den
Postbeamten immerhin breit zu machen drohte, für einige Zeit wenigstens sein


blieben. Nach manchen Kreuz- und Querzügen durch das Land der Jesidis
oder Teufelsanbeter kam Burnaby nach Kars. Diese Festung ist gelegentlich
ihrer letzten Belagerung zu oft beschrieben worden, als daß wir hier noch auf
Burnabys Schilderung eingehen sollten. Damals lagen etwa 20,000 Mann
dort und die Forts befanden sich in einem sehr vernachlässigten Zustande. Die
Scheußlichkeiten, die hier von den Russen erzählt wurden: hängen, spießen,
Nasen- und Ohrenabschneiden, lebendig braten und dergl., worüber Burnaby
gewissenhaft Buch führt, können wir wohl übergehen. Wir eilen mit ihm nach
Ardahan, wo er nach einem 2000 englische Meilen langem Ritte seine Reise be¬
schließt. Die Pferde wurden verkauft und im nahen Batna der Dampfer be¬
stiegen, welcher den flotten Reiter und Russenfresser uach Konstantinopel brachte.


A. Rauchhaupt.


Dom deutschen Keichstage und preußischen Landtage.

Noch einmal hat der Reichstag dem preußischen Landtage eine Woche
lang den Vorrang lassen müssen. Die Fortsetzung der Spezicilbercithung des
Budgets, welcher die drei Neichstagssitzungen während dieser Zeit hauptsächlich
gewidmet waren, konnte neben den Verhandlungen voll dramatischer Bewe¬
gung, welche sich gleichzeitig im Abgeordnetenhause abspielten, die allgemeine
Aufmerksamkeit nicht fesseln. Ein verhältnißmäßig großes Interesse wandte
sich dem Etat der Post- und Telegraphenverwaltnng zu. Seit Jahren wird
der Reichstag mit Petitionen unzufriedener Beamten überschwemmt; auch von
anderer Seite ist mit eiuer gewissen systematischen Beharrlichkeit die Vorstel¬
lung hervorgerufen worden, als ob die oberste Leitung des Post- und Tele¬
graphenwesens planmäßig eine geradezu unmenschliche Ausbeutung ihrer Unter¬
gebenen betriebe. Um diesen Beschwerden endlich einmal auf deu Grund zu
kommen, hatte man jetzt einzelne Theile des betreffenden Etats einer besonderen
Kommission zur Prüfung überwiesen. In derselben ist man indeß allseitig zu
der Ueberzeugung gelangt, daß die Verwaltung nach durchaus gerechten und
humanen Grundsätzen verfährt, und in dem Berichte der Kommission hat man
sogar einen öffentlichem Tadel der Hauptschiirer für angezeigt gehalten. Dem¬
nach ist wohl zu hoffen, daß das Querulantenwesen, welches sich unter den
Postbeamten immerhin breit zu machen drohte, für einige Zeit wenigstens sein


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0076" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/139897"/>
          <p xml:id="ID_273" prev="#ID_272"> blieben. Nach manchen Kreuz- und Querzügen durch das Land der Jesidis<lb/>
oder Teufelsanbeter kam Burnaby nach Kars. Diese Festung ist gelegentlich<lb/>
ihrer letzten Belagerung zu oft beschrieben worden, als daß wir hier noch auf<lb/>
Burnabys Schilderung eingehen sollten. Damals lagen etwa 20,000 Mann<lb/>
dort und die Forts befanden sich in einem sehr vernachlässigten Zustande. Die<lb/>
Scheußlichkeiten, die hier von den Russen erzählt wurden: hängen, spießen,<lb/>
Nasen- und Ohrenabschneiden, lebendig braten und dergl., worüber Burnaby<lb/>
gewissenhaft Buch führt, können wir wohl übergehen. Wir eilen mit ihm nach<lb/>
Ardahan, wo er nach einem 2000 englische Meilen langem Ritte seine Reise be¬<lb/>
schließt. Die Pferde wurden verkauft und im nahen Batna der Dampfer be¬<lb/>
stiegen, welcher den flotten Reiter und Russenfresser uach Konstantinopel brachte.</p><lb/>
          <note type="byline"> A. Rauchhaupt.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Dom deutschen Keichstage und preußischen Landtage.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_274" next="#ID_275"> Noch einmal hat der Reichstag dem preußischen Landtage eine Woche<lb/>
lang den Vorrang lassen müssen. Die Fortsetzung der Spezicilbercithung des<lb/>
Budgets, welcher die drei Neichstagssitzungen während dieser Zeit hauptsächlich<lb/>
gewidmet waren, konnte neben den Verhandlungen voll dramatischer Bewe¬<lb/>
gung, welche sich gleichzeitig im Abgeordnetenhause abspielten, die allgemeine<lb/>
Aufmerksamkeit nicht fesseln. Ein verhältnißmäßig großes Interesse wandte<lb/>
sich dem Etat der Post- und Telegraphenverwaltnng zu. Seit Jahren wird<lb/>
der Reichstag mit Petitionen unzufriedener Beamten überschwemmt; auch von<lb/>
anderer Seite ist mit eiuer gewissen systematischen Beharrlichkeit die Vorstel¬<lb/>
lung hervorgerufen worden, als ob die oberste Leitung des Post- und Tele¬<lb/>
graphenwesens planmäßig eine geradezu unmenschliche Ausbeutung ihrer Unter¬<lb/>
gebenen betriebe. Um diesen Beschwerden endlich einmal auf deu Grund zu<lb/>
kommen, hatte man jetzt einzelne Theile des betreffenden Etats einer besonderen<lb/>
Kommission zur Prüfung überwiesen. In derselben ist man indeß allseitig zu<lb/>
der Ueberzeugung gelangt, daß die Verwaltung nach durchaus gerechten und<lb/>
humanen Grundsätzen verfährt, und in dem Berichte der Kommission hat man<lb/>
sogar einen öffentlichem Tadel der Hauptschiirer für angezeigt gehalten. Dem¬<lb/>
nach ist wohl zu hoffen, daß das Querulantenwesen, welches sich unter den<lb/>
Postbeamten immerhin breit zu machen drohte, für einige Zeit wenigstens sein</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0076] blieben. Nach manchen Kreuz- und Querzügen durch das Land der Jesidis oder Teufelsanbeter kam Burnaby nach Kars. Diese Festung ist gelegentlich ihrer letzten Belagerung zu oft beschrieben worden, als daß wir hier noch auf Burnabys Schilderung eingehen sollten. Damals lagen etwa 20,000 Mann dort und die Forts befanden sich in einem sehr vernachlässigten Zustande. Die Scheußlichkeiten, die hier von den Russen erzählt wurden: hängen, spießen, Nasen- und Ohrenabschneiden, lebendig braten und dergl., worüber Burnaby gewissenhaft Buch führt, können wir wohl übergehen. Wir eilen mit ihm nach Ardahan, wo er nach einem 2000 englische Meilen langem Ritte seine Reise be¬ schließt. Die Pferde wurden verkauft und im nahen Batna der Dampfer be¬ stiegen, welcher den flotten Reiter und Russenfresser uach Konstantinopel brachte. A. Rauchhaupt. Dom deutschen Keichstage und preußischen Landtage. Noch einmal hat der Reichstag dem preußischen Landtage eine Woche lang den Vorrang lassen müssen. Die Fortsetzung der Spezicilbercithung des Budgets, welcher die drei Neichstagssitzungen während dieser Zeit hauptsächlich gewidmet waren, konnte neben den Verhandlungen voll dramatischer Bewe¬ gung, welche sich gleichzeitig im Abgeordnetenhause abspielten, die allgemeine Aufmerksamkeit nicht fesseln. Ein verhältnißmäßig großes Interesse wandte sich dem Etat der Post- und Telegraphenverwaltnng zu. Seit Jahren wird der Reichstag mit Petitionen unzufriedener Beamten überschwemmt; auch von anderer Seite ist mit eiuer gewissen systematischen Beharrlichkeit die Vorstel¬ lung hervorgerufen worden, als ob die oberste Leitung des Post- und Tele¬ graphenwesens planmäßig eine geradezu unmenschliche Ausbeutung ihrer Unter¬ gebenen betriebe. Um diesen Beschwerden endlich einmal auf deu Grund zu kommen, hatte man jetzt einzelne Theile des betreffenden Etats einer besonderen Kommission zur Prüfung überwiesen. In derselben ist man indeß allseitig zu der Ueberzeugung gelangt, daß die Verwaltung nach durchaus gerechten und humanen Grundsätzen verfährt, und in dem Berichte der Kommission hat man sogar einen öffentlichem Tadel der Hauptschiirer für angezeigt gehalten. Dem¬ nach ist wohl zu hoffen, daß das Querulantenwesen, welches sich unter den Postbeamten immerhin breit zu machen drohte, für einige Zeit wenigstens sein

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/76
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/76>, abgerufen am 27.07.2024.