Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

baut uns unsere Kirche wieder auf, ihr werdet dann auch die euere wieder
erhalten." O über den trefflichen Rath eines Ketzers und Feindes! er sagte
auch, "er sähe lieber, daß wir ihrigen zum Thor hinaus konvoirt werden."
wart aber noch ein Weil, mein Burger!" :e.

Unterdessen wurden die Zustände immer schlimmer. Die Kriegszucht
unter den Soldaten, mit der es schon vorher nicht zum besten bestellt war,
verfiel nach dem Tode Gustav Adolf's immer mehr. Gemeine sowol wie
Offiziere traten immer anmaßender und übermüthiger auf. Das Wohl und
Wehe des friedlichen Bürgers ward immer weniger beachtet. In der Umgegend
von Augsburg raubten und brandschatzten abwechselnd Schweden, Baiern und
Kaiserliche, und alles ging darüber zu Grunde.




Die erste "Heschichte der antiken Malerei".

Es klingt unglaublich, und doch ist es die Wahrheit: in der reichen
kunstwissenschaftlicher Literatur Deutschlands hat es bis jetzt noch keine "Ge¬
schichte der Malerei" gegeben. Während wir für die Geschichte der Architektur
und der Plastik seit Jahrzehnten die beiden bekannten und weitverbreiteten
Handbücher von W. Lübke besitzen, hat es kein Kunsthistoriker bis jetzt unter¬
nommen, das Gesammtgebiet der Geschichte der Malerei in einer ähnlichen über¬
sichtlichen Darstellung vorzuführen. F. Kuglers bekanntes "Handbuch der
Geschichte der Malerei" beginnt erst mit der altchristlichen Kunst; die Antike
fehlt darin. An eine ausführliche Spezialdarstellung der alten, insbesondere
der griechisch-römischen Malerei ist natürlich erst recht nicht zu denken. Ueber
die Baukunst des Alterthums haben wir die besondere Darstellung von F. Reder,
über die Plastik das ausführliche, zweibändige Werk von I. Overbeck. Wer
über die antike Malerei sich unterrichten wollte, der mußte sich bisher mit den
dürftigen Partien begnügen, die in größern Gesammtdarstellungen, wie in den
beiden ersten Bünden von Schnaase's Kunstgeschichte, in F. Reder's Geschichte
der Kunst des Alterthums und sonst darüber zu finden waren.

Die Kenntniß von der Geschichte und dem Wesen der alten Malerei, wie
sie unter den Gebildeten im Großen und Ganzen verbreitet ist, entspricht
denn auch der Beschaffenheit der bisherigen Hilfsmittel. Was weiß der ge¬
bildete Laie -- ehrlich gestanden -- von der griechischen Malerei? So gut
wie nichts, oder eigentlich fast noch weniger als nichts. Er hat ein paar von


baut uns unsere Kirche wieder auf, ihr werdet dann auch die euere wieder
erhalten." O über den trefflichen Rath eines Ketzers und Feindes! er sagte
auch, „er sähe lieber, daß wir ihrigen zum Thor hinaus konvoirt werden."
wart aber noch ein Weil, mein Burger!" :e.

Unterdessen wurden die Zustände immer schlimmer. Die Kriegszucht
unter den Soldaten, mit der es schon vorher nicht zum besten bestellt war,
verfiel nach dem Tode Gustav Adolf's immer mehr. Gemeine sowol wie
Offiziere traten immer anmaßender und übermüthiger auf. Das Wohl und
Wehe des friedlichen Bürgers ward immer weniger beachtet. In der Umgegend
von Augsburg raubten und brandschatzten abwechselnd Schweden, Baiern und
Kaiserliche, und alles ging darüber zu Grunde.




Die erste „Heschichte der antiken Malerei".

Es klingt unglaublich, und doch ist es die Wahrheit: in der reichen
kunstwissenschaftlicher Literatur Deutschlands hat es bis jetzt noch keine „Ge¬
schichte der Malerei" gegeben. Während wir für die Geschichte der Architektur
und der Plastik seit Jahrzehnten die beiden bekannten und weitverbreiteten
Handbücher von W. Lübke besitzen, hat es kein Kunsthistoriker bis jetzt unter¬
nommen, das Gesammtgebiet der Geschichte der Malerei in einer ähnlichen über¬
sichtlichen Darstellung vorzuführen. F. Kuglers bekanntes „Handbuch der
Geschichte der Malerei" beginnt erst mit der altchristlichen Kunst; die Antike
fehlt darin. An eine ausführliche Spezialdarstellung der alten, insbesondere
der griechisch-römischen Malerei ist natürlich erst recht nicht zu denken. Ueber
die Baukunst des Alterthums haben wir die besondere Darstellung von F. Reder,
über die Plastik das ausführliche, zweibändige Werk von I. Overbeck. Wer
über die antike Malerei sich unterrichten wollte, der mußte sich bisher mit den
dürftigen Partien begnügen, die in größern Gesammtdarstellungen, wie in den
beiden ersten Bünden von Schnaase's Kunstgeschichte, in F. Reder's Geschichte
der Kunst des Alterthums und sonst darüber zu finden waren.

Die Kenntniß von der Geschichte und dem Wesen der alten Malerei, wie
sie unter den Gebildeten im Großen und Ganzen verbreitet ist, entspricht
denn auch der Beschaffenheit der bisherigen Hilfsmittel. Was weiß der ge¬
bildete Laie — ehrlich gestanden — von der griechischen Malerei? So gut
wie nichts, oder eigentlich fast noch weniger als nichts. Er hat ein paar von


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0379" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/140200"/>
          <p xml:id="ID_1109" prev="#ID_1108"> baut uns unsere Kirche wieder auf, ihr werdet dann auch die euere wieder<lb/>
erhalten." O über den trefflichen Rath eines Ketzers und Feindes! er sagte<lb/>
auch, &#x201E;er sähe lieber, daß wir ihrigen zum Thor hinaus konvoirt werden."<lb/>
wart aber noch ein Weil, mein Burger!" :e.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1110"> Unterdessen wurden die Zustände immer schlimmer. Die Kriegszucht<lb/>
unter den Soldaten, mit der es schon vorher nicht zum besten bestellt war,<lb/>
verfiel nach dem Tode Gustav Adolf's immer mehr. Gemeine sowol wie<lb/>
Offiziere traten immer anmaßender und übermüthiger auf. Das Wohl und<lb/>
Wehe des friedlichen Bürgers ward immer weniger beachtet. In der Umgegend<lb/>
von Augsburg raubten und brandschatzten abwechselnd Schweden, Baiern und<lb/>
Kaiserliche, und alles ging darüber zu Grunde.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die erste &#x201E;Heschichte der antiken Malerei".</head><lb/>
          <p xml:id="ID_1111"> Es klingt unglaublich, und doch ist es die Wahrheit: in der reichen<lb/>
kunstwissenschaftlicher Literatur Deutschlands hat es bis jetzt noch keine &#x201E;Ge¬<lb/>
schichte der Malerei" gegeben. Während wir für die Geschichte der Architektur<lb/>
und der Plastik seit Jahrzehnten die beiden bekannten und weitverbreiteten<lb/>
Handbücher von W. Lübke besitzen, hat es kein Kunsthistoriker bis jetzt unter¬<lb/>
nommen, das Gesammtgebiet der Geschichte der Malerei in einer ähnlichen über¬<lb/>
sichtlichen Darstellung vorzuführen. F. Kuglers bekanntes &#x201E;Handbuch der<lb/>
Geschichte der Malerei" beginnt erst mit der altchristlichen Kunst; die Antike<lb/>
fehlt darin. An eine ausführliche Spezialdarstellung der alten, insbesondere<lb/>
der griechisch-römischen Malerei ist natürlich erst recht nicht zu denken. Ueber<lb/>
die Baukunst des Alterthums haben wir die besondere Darstellung von F. Reder,<lb/>
über die Plastik das ausführliche, zweibändige Werk von I. Overbeck. Wer<lb/>
über die antike Malerei sich unterrichten wollte, der mußte sich bisher mit den<lb/>
dürftigen Partien begnügen, die in größern Gesammtdarstellungen, wie in den<lb/>
beiden ersten Bünden von Schnaase's Kunstgeschichte, in F. Reder's Geschichte<lb/>
der Kunst des Alterthums und sonst darüber zu finden waren.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1112" next="#ID_1113"> Die Kenntniß von der Geschichte und dem Wesen der alten Malerei, wie<lb/>
sie unter den Gebildeten im Großen und Ganzen verbreitet ist, entspricht<lb/>
denn auch der Beschaffenheit der bisherigen Hilfsmittel. Was weiß der ge¬<lb/>
bildete Laie &#x2014; ehrlich gestanden &#x2014; von der griechischen Malerei? So gut<lb/>
wie nichts, oder eigentlich fast noch weniger als nichts. Er hat ein paar von</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0379] baut uns unsere Kirche wieder auf, ihr werdet dann auch die euere wieder erhalten." O über den trefflichen Rath eines Ketzers und Feindes! er sagte auch, „er sähe lieber, daß wir ihrigen zum Thor hinaus konvoirt werden." wart aber noch ein Weil, mein Burger!" :e. Unterdessen wurden die Zustände immer schlimmer. Die Kriegszucht unter den Soldaten, mit der es schon vorher nicht zum besten bestellt war, verfiel nach dem Tode Gustav Adolf's immer mehr. Gemeine sowol wie Offiziere traten immer anmaßender und übermüthiger auf. Das Wohl und Wehe des friedlichen Bürgers ward immer weniger beachtet. In der Umgegend von Augsburg raubten und brandschatzten abwechselnd Schweden, Baiern und Kaiserliche, und alles ging darüber zu Grunde. Die erste „Heschichte der antiken Malerei". Es klingt unglaublich, und doch ist es die Wahrheit: in der reichen kunstwissenschaftlicher Literatur Deutschlands hat es bis jetzt noch keine „Ge¬ schichte der Malerei" gegeben. Während wir für die Geschichte der Architektur und der Plastik seit Jahrzehnten die beiden bekannten und weitverbreiteten Handbücher von W. Lübke besitzen, hat es kein Kunsthistoriker bis jetzt unter¬ nommen, das Gesammtgebiet der Geschichte der Malerei in einer ähnlichen über¬ sichtlichen Darstellung vorzuführen. F. Kuglers bekanntes „Handbuch der Geschichte der Malerei" beginnt erst mit der altchristlichen Kunst; die Antike fehlt darin. An eine ausführliche Spezialdarstellung der alten, insbesondere der griechisch-römischen Malerei ist natürlich erst recht nicht zu denken. Ueber die Baukunst des Alterthums haben wir die besondere Darstellung von F. Reder, über die Plastik das ausführliche, zweibändige Werk von I. Overbeck. Wer über die antike Malerei sich unterrichten wollte, der mußte sich bisher mit den dürftigen Partien begnügen, die in größern Gesammtdarstellungen, wie in den beiden ersten Bünden von Schnaase's Kunstgeschichte, in F. Reder's Geschichte der Kunst des Alterthums und sonst darüber zu finden waren. Die Kenntniß von der Geschichte und dem Wesen der alten Malerei, wie sie unter den Gebildeten im Großen und Ganzen verbreitet ist, entspricht denn auch der Beschaffenheit der bisherigen Hilfsmittel. Was weiß der ge¬ bildete Laie — ehrlich gestanden — von der griechischen Malerei? So gut wie nichts, oder eigentlich fast noch weniger als nichts. Er hat ein paar von

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/379
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 37, 1878, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341827_157653/379>, abgerufen am 27.07.2024.