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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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kämpft hatten. Aber wenn sie im Bade gleichsam den alten Menschen abge¬
spült hatten, dann wurde ihnen der Mantel des Studenten von dem Vorsteher
ihrer Landsmannschaft überreicht. Nun erst galten sie als berechtigte Glieder
der Hochschule und wurden noch an demselben Abend dem Patron der Lands¬
mannschaft unter den Lehrern als seine neuen Schüler vorgestellt. Der Sophist
Himerius pflegte bei dieser Gelegenheit die neuen Ankömmlinge in seinem Hanse,
zu behalten und nach einer ernsten Rede über die Aufgaben der humanistischen
Studien ein fröhliches Mahl mit ihnen zu feiern. Die Sophisten ließen sich
aber später an diesem studentischen Weiheakt nicht mehr genügen; sie verlangten
die Ablegung eines Examens von allen denen, die ihre Vorlesungen besuchen
wollten. Denn neben aller jugendlichen Heiterkeit und ihrer oft übermüthigen
Freude war in den guten Zeiten der Hochschule doch immer ein ernstes wissen¬
schaftliches Streben mit fleißiger Arbeit die Zierde ihrer Studentenschaft; na¬
mentlich das Ringen um den Preis im wissenschaftlichen Wettkampf der Dis¬
putationen und der Probereden bewegte mit nachhaltiger Energie die Gemüther
der Zöglinge der attischen Hochschule.





Abt'and'sche Jalladenstoffe.
ii.

Nach dem Mißlingen des "Ueberfalls im Wildbad" zog Eberhard, von
den schwäbischen Reichsstädten unterstützt, gegen die Ebersteiner und belagerte
1367 deren Burg Neueberstein. Aber die Städter ließen ihn bald im Stich,
und er mußte die Belagerung wieder aufgeben. So gesellte sich zu der aus
den allgemeinen Verhältnissen hervorgehenden Spannung noch eine persönliche
Feindschaft zwischen Eberhard und den Städten, die sich durch andere politische
Ereignisse verschärfte, in mehreren Kämpfen entlud und schließlich 1377 zu dem
bedeutendsten Zusammenstoß bei Nentlingen führte, wo der Sohn Eberhard's,
Graf Ulrich, aufs Haupt geschlagen und mit Hinterlassung vieler Todten zur
Flucht nach der Feste Achalm genöthigt wurde. Dies Ereigniß bildet das
Thema der dritten Ballade in unserm Cyklus -- auf die zweite kommen wir
weiter unten zurück --> : "Die Schlacht bei Reutlingen".


*) An diese Ausführungen wurde in wenigen überleitenden Sahen der Bericht über
die Bearbeitungen der für das Jahr 187K/77 gestellten Preisaufgnbcn und die Verkündigung
neuer Preisfragen angeknüpft. "

kämpft hatten. Aber wenn sie im Bade gleichsam den alten Menschen abge¬
spült hatten, dann wurde ihnen der Mantel des Studenten von dem Vorsteher
ihrer Landsmannschaft überreicht. Nun erst galten sie als berechtigte Glieder
der Hochschule und wurden noch an demselben Abend dem Patron der Lands¬
mannschaft unter den Lehrern als seine neuen Schüler vorgestellt. Der Sophist
Himerius pflegte bei dieser Gelegenheit die neuen Ankömmlinge in seinem Hanse,
zu behalten und nach einer ernsten Rede über die Aufgaben der humanistischen
Studien ein fröhliches Mahl mit ihnen zu feiern. Die Sophisten ließen sich
aber später an diesem studentischen Weiheakt nicht mehr genügen; sie verlangten
die Ablegung eines Examens von allen denen, die ihre Vorlesungen besuchen
wollten. Denn neben aller jugendlichen Heiterkeit und ihrer oft übermüthigen
Freude war in den guten Zeiten der Hochschule doch immer ein ernstes wissen¬
schaftliches Streben mit fleißiger Arbeit die Zierde ihrer Studentenschaft; na¬
mentlich das Ringen um den Preis im wissenschaftlichen Wettkampf der Dis¬
putationen und der Probereden bewegte mit nachhaltiger Energie die Gemüther
der Zöglinge der attischen Hochschule.





Abt'and'sche Jalladenstoffe.
ii.

Nach dem Mißlingen des „Ueberfalls im Wildbad" zog Eberhard, von
den schwäbischen Reichsstädten unterstützt, gegen die Ebersteiner und belagerte
1367 deren Burg Neueberstein. Aber die Städter ließen ihn bald im Stich,
und er mußte die Belagerung wieder aufgeben. So gesellte sich zu der aus
den allgemeinen Verhältnissen hervorgehenden Spannung noch eine persönliche
Feindschaft zwischen Eberhard und den Städten, die sich durch andere politische
Ereignisse verschärfte, in mehreren Kämpfen entlud und schließlich 1377 zu dem
bedeutendsten Zusammenstoß bei Nentlingen führte, wo der Sohn Eberhard's,
Graf Ulrich, aufs Haupt geschlagen und mit Hinterlassung vieler Todten zur
Flucht nach der Feste Achalm genöthigt wurde. Dies Ereigniß bildet das
Thema der dritten Ballade in unserm Cyklus — auf die zweite kommen wir
weiter unten zurück —> : „Die Schlacht bei Reutlingen".


*) An diese Ausführungen wurde in wenigen überleitenden Sahen der Bericht über
die Bearbeitungen der für das Jahr 187K/77 gestellten Preisaufgnbcn und die Verkündigung
neuer Preisfragen angeknüpft. "
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[0338] kämpft hatten. Aber wenn sie im Bade gleichsam den alten Menschen abge¬ spült hatten, dann wurde ihnen der Mantel des Studenten von dem Vorsteher ihrer Landsmannschaft überreicht. Nun erst galten sie als berechtigte Glieder der Hochschule und wurden noch an demselben Abend dem Patron der Lands¬ mannschaft unter den Lehrern als seine neuen Schüler vorgestellt. Der Sophist Himerius pflegte bei dieser Gelegenheit die neuen Ankömmlinge in seinem Hanse, zu behalten und nach einer ernsten Rede über die Aufgaben der humanistischen Studien ein fröhliches Mahl mit ihnen zu feiern. Die Sophisten ließen sich aber später an diesem studentischen Weiheakt nicht mehr genügen; sie verlangten die Ablegung eines Examens von allen denen, die ihre Vorlesungen besuchen wollten. Denn neben aller jugendlichen Heiterkeit und ihrer oft übermüthigen Freude war in den guten Zeiten der Hochschule doch immer ein ernstes wissen¬ schaftliches Streben mit fleißiger Arbeit die Zierde ihrer Studentenschaft; na¬ mentlich das Ringen um den Preis im wissenschaftlichen Wettkampf der Dis¬ putationen und der Probereden bewegte mit nachhaltiger Energie die Gemüther der Zöglinge der attischen Hochschule. Abt'and'sche Jalladenstoffe. ii. Nach dem Mißlingen des „Ueberfalls im Wildbad" zog Eberhard, von den schwäbischen Reichsstädten unterstützt, gegen die Ebersteiner und belagerte 1367 deren Burg Neueberstein. Aber die Städter ließen ihn bald im Stich, und er mußte die Belagerung wieder aufgeben. So gesellte sich zu der aus den allgemeinen Verhältnissen hervorgehenden Spannung noch eine persönliche Feindschaft zwischen Eberhard und den Städten, die sich durch andere politische Ereignisse verschärfte, in mehreren Kämpfen entlud und schließlich 1377 zu dem bedeutendsten Zusammenstoß bei Nentlingen führte, wo der Sohn Eberhard's, Graf Ulrich, aufs Haupt geschlagen und mit Hinterlassung vieler Todten zur Flucht nach der Feste Achalm genöthigt wurde. Dies Ereigniß bildet das Thema der dritten Ballade in unserm Cyklus — auf die zweite kommen wir weiter unten zurück —> : „Die Schlacht bei Reutlingen". *) An diese Ausführungen wurde in wenigen überleitenden Sahen der Bericht über die Bearbeitungen der für das Jahr 187K/77 gestellten Preisaufgnbcn und die Verkündigung neuer Preisfragen angeknüpft. "

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/338>, abgerufen am 28.09.2024.