Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

wir argwöhnen, daß er wirklich etwas auch über den Rhein hinüber, nicht.
nur für die bayrischen Kasino's und Bauernvereine, hat sprechen sollen?

Das oben geschilderte war das einzige politische Intermezzo der ganzen
diesmaligen Session. Mit ihm war auch das allgemeinere Interesse an dieser
selbst erschöpft. Im Einzelnen kaun ein bayrisches Militärbudget zu weit¬
läufige:! Verhandlungen nicht mehr Anlaß geben. Der eiserne Rahmen des Reichs¬
militäretats, der es umspannt, verbietet jede willkürliche Erweiterung oder Ver¬
engerung. In den Einzelfeststellungen kamen Regierung und Kammer sich
loyal entgegen. Mit Befriedigung konnte letztere die Versicherung der Regie¬
rung aufnehmen, daß sie an außerordentliche, ungebührliche Mehrforderungen
für neue Regimenter, Gewehre u. f. w., wie schon die klerikalen Hetzblätter ge¬
wittert und ausgeschrieen hatten, nicht im entferntesten dächte -- also wieder
eine Enttäuschung im schwarzen Lager! Vielleicht bringt deren die kommende
Session noch mehr. Diese soll übrigens bald beginnen, so daß Ministerium
und Volksvertretung nur kurze Erholungszeit haben werden. Schon Mitte
September soll das Budget für die beiden nächsten Jahre vorgelegt werden.
Dann stehen freilich Monate der Arbeit, wohl auch neuen und heftigen Streites
in Aussicht. Aber auch sie werden Bayern den "Niedergang" nicht bringen,
der ihm auch diesmal wieder so bestimmt zugesagt worden ist.




Literatur.
Schiller in Gohlis. Von Alfred Moschkcm. Leipzig, L.Senf. 1877 (116 S.).

Wer diese Schrift nur fünf Minuten in den Händen gehabt und darin
geblättert hat, der weiß zwar, daß er es mit einem ganz traurigen Machwerke
zu thun hat, und daß es eigentlich schade um jede Zeile ist, die in diesen
Blättern daran verschwendet wird. Um jedoch solche, die sich vielleicht durch
den Titel verlocken lassen und etwa gar einen werthvollen Beitrag zur Schiller¬
literatur, eine ähnliche Arbeit wie Biedermann's "Goethe und Leipzig" dar--
unter vermuthen könnten, zu warnen, soll sie mit einigen Zeilen besprochen
werden.

Die Schrift zerfällt in acht Kapitel. Im ersten gibt der Verfasser eine
Schilderung des Dorfes und Schlößchens Gohlis bei Leipzig zu Schillers Zeit.
Dieser Abschnitt scheint bereits vorher in irgend einer illustrirten Zeitschrift
Aufnahme gefunden zu haben; wenigstens ist S. 15. in der Anmerkung von


wir argwöhnen, daß er wirklich etwas auch über den Rhein hinüber, nicht.
nur für die bayrischen Kasino's und Bauernvereine, hat sprechen sollen?

Das oben geschilderte war das einzige politische Intermezzo der ganzen
diesmaligen Session. Mit ihm war auch das allgemeinere Interesse an dieser
selbst erschöpft. Im Einzelnen kaun ein bayrisches Militärbudget zu weit¬
läufige:! Verhandlungen nicht mehr Anlaß geben. Der eiserne Rahmen des Reichs¬
militäretats, der es umspannt, verbietet jede willkürliche Erweiterung oder Ver¬
engerung. In den Einzelfeststellungen kamen Regierung und Kammer sich
loyal entgegen. Mit Befriedigung konnte letztere die Versicherung der Regie¬
rung aufnehmen, daß sie an außerordentliche, ungebührliche Mehrforderungen
für neue Regimenter, Gewehre u. f. w., wie schon die klerikalen Hetzblätter ge¬
wittert und ausgeschrieen hatten, nicht im entferntesten dächte — also wieder
eine Enttäuschung im schwarzen Lager! Vielleicht bringt deren die kommende
Session noch mehr. Diese soll übrigens bald beginnen, so daß Ministerium
und Volksvertretung nur kurze Erholungszeit haben werden. Schon Mitte
September soll das Budget für die beiden nächsten Jahre vorgelegt werden.
Dann stehen freilich Monate der Arbeit, wohl auch neuen und heftigen Streites
in Aussicht. Aber auch sie werden Bayern den „Niedergang" nicht bringen,
der ihm auch diesmal wieder so bestimmt zugesagt worden ist.




Literatur.
Schiller in Gohlis. Von Alfred Moschkcm. Leipzig, L.Senf. 1877 (116 S.).

Wer diese Schrift nur fünf Minuten in den Händen gehabt und darin
geblättert hat, der weiß zwar, daß er es mit einem ganz traurigen Machwerke
zu thun hat, und daß es eigentlich schade um jede Zeile ist, die in diesen
Blättern daran verschwendet wird. Um jedoch solche, die sich vielleicht durch
den Titel verlocken lassen und etwa gar einen werthvollen Beitrag zur Schiller¬
literatur, eine ähnliche Arbeit wie Biedermann's „Goethe und Leipzig" dar--
unter vermuthen könnten, zu warnen, soll sie mit einigen Zeilen besprochen
werden.

Die Schrift zerfällt in acht Kapitel. Im ersten gibt der Verfasser eine
Schilderung des Dorfes und Schlößchens Gohlis bei Leipzig zu Schillers Zeit.
Dieser Abschnitt scheint bereits vorher in irgend einer illustrirten Zeitschrift
Aufnahme gefunden zu haben; wenigstens ist S. 15. in der Anmerkung von


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0245" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/138476"/>
          <p xml:id="ID_717" prev="#ID_716"> wir argwöhnen, daß er wirklich etwas auch über den Rhein hinüber, nicht.<lb/>
nur für die bayrischen Kasino's und Bauernvereine, hat sprechen sollen?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_718"> Das oben geschilderte war das einzige politische Intermezzo der ganzen<lb/>
diesmaligen Session. Mit ihm war auch das allgemeinere Interesse an dieser<lb/>
selbst erschöpft. Im Einzelnen kaun ein bayrisches Militärbudget zu weit¬<lb/>
läufige:! Verhandlungen nicht mehr Anlaß geben. Der eiserne Rahmen des Reichs¬<lb/>
militäretats, der es umspannt, verbietet jede willkürliche Erweiterung oder Ver¬<lb/>
engerung. In den Einzelfeststellungen kamen Regierung und Kammer sich<lb/>
loyal entgegen. Mit Befriedigung konnte letztere die Versicherung der Regie¬<lb/>
rung aufnehmen, daß sie an außerordentliche, ungebührliche Mehrforderungen<lb/>
für neue Regimenter, Gewehre u. f. w., wie schon die klerikalen Hetzblätter ge¬<lb/>
wittert und ausgeschrieen hatten, nicht im entferntesten dächte &#x2014; also wieder<lb/>
eine Enttäuschung im schwarzen Lager! Vielleicht bringt deren die kommende<lb/>
Session noch mehr. Diese soll übrigens bald beginnen, so daß Ministerium<lb/>
und Volksvertretung nur kurze Erholungszeit haben werden. Schon Mitte<lb/>
September soll das Budget für die beiden nächsten Jahre vorgelegt werden.<lb/>
Dann stehen freilich Monate der Arbeit, wohl auch neuen und heftigen Streites<lb/>
in Aussicht. Aber auch sie werden Bayern den &#x201E;Niedergang" nicht bringen,<lb/>
der ihm auch diesmal wieder so bestimmt zugesagt worden ist.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Literatur.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Schiller in Gohlis.  Von Alfred Moschkcm. Leipzig, L.Senf. 1877 (116 S.).</head><lb/>
            <p xml:id="ID_719"> Wer diese Schrift nur fünf Minuten in den Händen gehabt und darin<lb/>
geblättert hat, der weiß zwar, daß er es mit einem ganz traurigen Machwerke<lb/>
zu thun hat, und daß es eigentlich schade um jede Zeile ist, die in diesen<lb/>
Blättern daran verschwendet wird. Um jedoch solche, die sich vielleicht durch<lb/>
den Titel verlocken lassen und etwa gar einen werthvollen Beitrag zur Schiller¬<lb/>
literatur, eine ähnliche Arbeit wie Biedermann's &#x201E;Goethe und Leipzig" dar--<lb/>
unter vermuthen könnten, zu warnen, soll sie mit einigen Zeilen besprochen<lb/>
werden.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_720" next="#ID_721"> Die Schrift zerfällt in acht Kapitel. Im ersten gibt der Verfasser eine<lb/>
Schilderung des Dorfes und Schlößchens Gohlis bei Leipzig zu Schillers Zeit.<lb/>
Dieser Abschnitt scheint bereits vorher in irgend einer illustrirten Zeitschrift<lb/>
Aufnahme gefunden zu haben; wenigstens ist S. 15. in der Anmerkung von</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0245] wir argwöhnen, daß er wirklich etwas auch über den Rhein hinüber, nicht. nur für die bayrischen Kasino's und Bauernvereine, hat sprechen sollen? Das oben geschilderte war das einzige politische Intermezzo der ganzen diesmaligen Session. Mit ihm war auch das allgemeinere Interesse an dieser selbst erschöpft. Im Einzelnen kaun ein bayrisches Militärbudget zu weit¬ läufige:! Verhandlungen nicht mehr Anlaß geben. Der eiserne Rahmen des Reichs¬ militäretats, der es umspannt, verbietet jede willkürliche Erweiterung oder Ver¬ engerung. In den Einzelfeststellungen kamen Regierung und Kammer sich loyal entgegen. Mit Befriedigung konnte letztere die Versicherung der Regie¬ rung aufnehmen, daß sie an außerordentliche, ungebührliche Mehrforderungen für neue Regimenter, Gewehre u. f. w., wie schon die klerikalen Hetzblätter ge¬ wittert und ausgeschrieen hatten, nicht im entferntesten dächte — also wieder eine Enttäuschung im schwarzen Lager! Vielleicht bringt deren die kommende Session noch mehr. Diese soll übrigens bald beginnen, so daß Ministerium und Volksvertretung nur kurze Erholungszeit haben werden. Schon Mitte September soll das Budget für die beiden nächsten Jahre vorgelegt werden. Dann stehen freilich Monate der Arbeit, wohl auch neuen und heftigen Streites in Aussicht. Aber auch sie werden Bayern den „Niedergang" nicht bringen, der ihm auch diesmal wieder so bestimmt zugesagt worden ist. Literatur. Schiller in Gohlis. Von Alfred Moschkcm. Leipzig, L.Senf. 1877 (116 S.). Wer diese Schrift nur fünf Minuten in den Händen gehabt und darin geblättert hat, der weiß zwar, daß er es mit einem ganz traurigen Machwerke zu thun hat, und daß es eigentlich schade um jede Zeile ist, die in diesen Blättern daran verschwendet wird. Um jedoch solche, die sich vielleicht durch den Titel verlocken lassen und etwa gar einen werthvollen Beitrag zur Schiller¬ literatur, eine ähnliche Arbeit wie Biedermann's „Goethe und Leipzig" dar-- unter vermuthen könnten, zu warnen, soll sie mit einigen Zeilen besprochen werden. Die Schrift zerfällt in acht Kapitel. Im ersten gibt der Verfasser eine Schilderung des Dorfes und Schlößchens Gohlis bei Leipzig zu Schillers Zeit. Dieser Abschnitt scheint bereits vorher in irgend einer illustrirten Zeitschrift Aufnahme gefunden zu haben; wenigstens ist S. 15. in der Anmerkung von

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/245
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/245>, abgerufen am 21.10.2024.