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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band.

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eines Angriffs das grobe Geschütz spielen zu lassen. Auch traf man, wie aus
einer sogleich mitzutheilenden Korrespondenz erhellt, die nöthigen Anordnungen
um für eine kunstgerechte Bedienung der Geschütze Sorge zu tragen. Wie es
um diese Zeit mit der Bewaffnung der Infanterie stand und ob dieselbe
Flinten hatte, aus denen der Schütze ohne Gefahr für das eigene Leben
schießen konnte, darüber sind wir nicht ganz ins Klare gekommen. Nach der
angeordneten Vermehrung der Jnfauteriemuuition sollte man es allerdings an¬
nehmen. Trotzdem können wir die aufgeworfene Frage nicht so ohne Weiteres
bejaend beantworten, denn schon im Jahre 1757 steht in einem Berichte der
hochgräflichen Kammer die bedenkliche Notiz: "Die alten Flinten dürften so
unbrauchbar gefunden werden, daß die Reparation zu kostbar fiele." Ohne
der hochgräflichen Militärverwaltung zu nahe treten zu wollen, sind wir min¬
destens nicht ganz darüber im Klaren, ob die besagten Flinten 1763 noch in
Gebrauch waren oder nicht.




Kolonel Kameron über den Sklavenhandel in Ustilia.

Sklavenhandel -- Menschenschacher! Es ist, als ob wir da veraltete
Worte hörten, als ob es unseres Zeitalters nicht würdig sei, auch nur daran
zu denken, was frühere Generationen verbrochen. Und doch, immer und
immer wieder tönen diese Rufe aus dem benachbarten Continent zu uns
hinüber, immer wieder erschallen diese Klagen wie das Echo vergangener
Jahrhunderte, und wer sollte ihnen heutzutage sein Ohr verschließen? Wo ein
geistiges Band aus dem ganzen Erdenrund wohlwollende Menschen vereint
hat, dem leidenden und roh gequälten Thier zu helfen, wo selbst Anstalten
getroffen werden, dein Vieh, welches zur Nahrung des Menschen geschlachtet
werden muß, den Tod zu erleichtern und das Sterben abzukürzen, heute gilt
noch der Mensch als Waare, als Handelsartikel, der nicht einmal mit so viel
Rücksicht behandelt wird, wie die leblose Waare oder wie das Thier, weil er
eben als Mensch die unmenschliche Behandlung um so grausamer empfindet.
Muthig und unerschrocken ziehen die Söhne aller gebildeten Nationen hinaus
in die Wildnisse des schwarzen Erdtheils, um von den Wundern seiner Natur,
vom Leben seiner Menschen zu erzählen, und jeder von ihnen, der den Ge¬
fahren des Klimas entrann, kommt mit einem bittern Stachel im Herzen heim
und bricht in Klagen aus über das namenlose Elend, über die unwürdige


eines Angriffs das grobe Geschütz spielen zu lassen. Auch traf man, wie aus
einer sogleich mitzutheilenden Korrespondenz erhellt, die nöthigen Anordnungen
um für eine kunstgerechte Bedienung der Geschütze Sorge zu tragen. Wie es
um diese Zeit mit der Bewaffnung der Infanterie stand und ob dieselbe
Flinten hatte, aus denen der Schütze ohne Gefahr für das eigene Leben
schießen konnte, darüber sind wir nicht ganz ins Klare gekommen. Nach der
angeordneten Vermehrung der Jnfauteriemuuition sollte man es allerdings an¬
nehmen. Trotzdem können wir die aufgeworfene Frage nicht so ohne Weiteres
bejaend beantworten, denn schon im Jahre 1757 steht in einem Berichte der
hochgräflichen Kammer die bedenkliche Notiz: „Die alten Flinten dürften so
unbrauchbar gefunden werden, daß die Reparation zu kostbar fiele." Ohne
der hochgräflichen Militärverwaltung zu nahe treten zu wollen, sind wir min¬
destens nicht ganz darüber im Klaren, ob die besagten Flinten 1763 noch in
Gebrauch waren oder nicht.




Kolonel Kameron über den Sklavenhandel in Ustilia.

Sklavenhandel — Menschenschacher! Es ist, als ob wir da veraltete
Worte hörten, als ob es unseres Zeitalters nicht würdig sei, auch nur daran
zu denken, was frühere Generationen verbrochen. Und doch, immer und
immer wieder tönen diese Rufe aus dem benachbarten Continent zu uns
hinüber, immer wieder erschallen diese Klagen wie das Echo vergangener
Jahrhunderte, und wer sollte ihnen heutzutage sein Ohr verschließen? Wo ein
geistiges Band aus dem ganzen Erdenrund wohlwollende Menschen vereint
hat, dem leidenden und roh gequälten Thier zu helfen, wo selbst Anstalten
getroffen werden, dein Vieh, welches zur Nahrung des Menschen geschlachtet
werden muß, den Tod zu erleichtern und das Sterben abzukürzen, heute gilt
noch der Mensch als Waare, als Handelsartikel, der nicht einmal mit so viel
Rücksicht behandelt wird, wie die leblose Waare oder wie das Thier, weil er
eben als Mensch die unmenschliche Behandlung um so grausamer empfindet.
Muthig und unerschrocken ziehen die Söhne aller gebildeten Nationen hinaus
in die Wildnisse des schwarzen Erdtheils, um von den Wundern seiner Natur,
vom Leben seiner Menschen zu erzählen, und jeder von ihnen, der den Ge¬
fahren des Klimas entrann, kommt mit einem bittern Stachel im Herzen heim
und bricht in Klagen aus über das namenlose Elend, über die unwürdige


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157647/223>, abgerufen am 28.09.2024.