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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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zum letzten. Es wollten zuvor viel sich an mich mit Rennell machen, da sie
aber sahen, wie ich den langen Spieß führete, hielten sie inne und schwiegen
stille. Zum selben male kam der französische Doktor wieder zu mir mit etlichen
Herren, lobte mich aufs höchste, darum daß er mich als einen kunstreichen, ge¬
lehrten hätte hören reden und im Ritterspiel gleicher Weise gesehen hat, worin
ich mich sehr ritterlich bezeugt hätte, welches er mir geglaubt hätte. Dann
gab ich zur Antwort: er hätte in beiden nichts sonderlichs weder gehört noch
gesehen, aus Ursachen, weil ich ein Hochdeutscher wäre, wann ich aber ein
Franzos wäre, so hätte er sich zu rühmen, daß er was sonderlichs vor Andern
von mir gesehen hätte. Es schickte mir auch der Fürst täglich soviel Wein,
als ich sammt meinen Dienern trinken konnte. Es luden mich auch des Fürsten
Kämmerer oft zu sich, desgleichen der Graf von Nassau. Ich kleidete mich
auch und hielt mich dem Fürst zu Ehren stets herrlicher. Da dies die Fran¬
zosen sahen, hielten sie mich erst vor einen guten Mann und bezeugten mir
mehr Ehre denn zuvor."

"Nach Mitfasten gesegnete ich den Fürsten, der verehret mir ein golden
Halsband, zwölf Ellen schwarzen Sannnet und drei Ellen Atlas mit Bitte,
ich wollte doch solches vor kein Geschenk nicht achten, wollte anch keineswegs
unterlassen, wann ich durch Frankreich znrückküme, bei ihm abzutreten, welches
ich ihm auch zusagete. Ihre Fürstliche Gnade bezeugte mir alle Gnade und
Gunst, so immer möglich, gab mir auch Veförderniß-Schreiben an den König in
Engelland, an die Könige von Portugal, Hispanien, Frankreich, auch dem
Herzog von Britanien. Meine Habe, so ich bei mir hatte, schickte ich von
Mecheln, sammt den Waffen, dreien Pferden und soviel Dienern gen Brüssel.
Gen Antdorff kam ich am Abend Anuunciationis oder Verkündigung Mariä,
mitta blieb ich bei acht Tagen, am Palm Abend fuhr ich zu Wasser in See¬
land gen Mittelburg."




Gom preußischen Landtage.

Wie man aufathmet von schwerem Alpdruck, so seufzte gestern Abend d:e
große Mehrheit des Abgeordnetenhauses auf, als die Berathung des Knltns-
etats endlich zu Ende gelangt war. Volle 14 Tage lang immer das leere
Stroh des "Kulturkampfes" dreschen zu sehen, war schließlich selbst dem sellst
tionsbedürftigen Publikum zu viel geworden; nachdem die Bänke des Hauses


zum letzten. Es wollten zuvor viel sich an mich mit Rennell machen, da sie
aber sahen, wie ich den langen Spieß führete, hielten sie inne und schwiegen
stille. Zum selben male kam der französische Doktor wieder zu mir mit etlichen
Herren, lobte mich aufs höchste, darum daß er mich als einen kunstreichen, ge¬
lehrten hätte hören reden und im Ritterspiel gleicher Weise gesehen hat, worin
ich mich sehr ritterlich bezeugt hätte, welches er mir geglaubt hätte. Dann
gab ich zur Antwort: er hätte in beiden nichts sonderlichs weder gehört noch
gesehen, aus Ursachen, weil ich ein Hochdeutscher wäre, wann ich aber ein
Franzos wäre, so hätte er sich zu rühmen, daß er was sonderlichs vor Andern
von mir gesehen hätte. Es schickte mir auch der Fürst täglich soviel Wein,
als ich sammt meinen Dienern trinken konnte. Es luden mich auch des Fürsten
Kämmerer oft zu sich, desgleichen der Graf von Nassau. Ich kleidete mich
auch und hielt mich dem Fürst zu Ehren stets herrlicher. Da dies die Fran¬
zosen sahen, hielten sie mich erst vor einen guten Mann und bezeugten mir
mehr Ehre denn zuvor."

„Nach Mitfasten gesegnete ich den Fürsten, der verehret mir ein golden
Halsband, zwölf Ellen schwarzen Sannnet und drei Ellen Atlas mit Bitte,
ich wollte doch solches vor kein Geschenk nicht achten, wollte anch keineswegs
unterlassen, wann ich durch Frankreich znrückküme, bei ihm abzutreten, welches
ich ihm auch zusagete. Ihre Fürstliche Gnade bezeugte mir alle Gnade und
Gunst, so immer möglich, gab mir auch Veförderniß-Schreiben an den König in
Engelland, an die Könige von Portugal, Hispanien, Frankreich, auch dem
Herzog von Britanien. Meine Habe, so ich bei mir hatte, schickte ich von
Mecheln, sammt den Waffen, dreien Pferden und soviel Dienern gen Brüssel.
Gen Antdorff kam ich am Abend Anuunciationis oder Verkündigung Mariä,
mitta blieb ich bei acht Tagen, am Palm Abend fuhr ich zu Wasser in See¬
land gen Mittelburg."




Gom preußischen Landtage.

Wie man aufathmet von schwerem Alpdruck, so seufzte gestern Abend d:e
große Mehrheit des Abgeordnetenhauses auf, als die Berathung des Knltns-
etats endlich zu Ende gelangt war. Volle 14 Tage lang immer das leere
Stroh des „Kulturkampfes" dreschen zu sehen, war schließlich selbst dem sellst
tionsbedürftigen Publikum zu viel geworden; nachdem die Bänke des Hauses


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[0434] zum letzten. Es wollten zuvor viel sich an mich mit Rennell machen, da sie aber sahen, wie ich den langen Spieß führete, hielten sie inne und schwiegen stille. Zum selben male kam der französische Doktor wieder zu mir mit etlichen Herren, lobte mich aufs höchste, darum daß er mich als einen kunstreichen, ge¬ lehrten hätte hören reden und im Ritterspiel gleicher Weise gesehen hat, worin ich mich sehr ritterlich bezeugt hätte, welches er mir geglaubt hätte. Dann gab ich zur Antwort: er hätte in beiden nichts sonderlichs weder gehört noch gesehen, aus Ursachen, weil ich ein Hochdeutscher wäre, wann ich aber ein Franzos wäre, so hätte er sich zu rühmen, daß er was sonderlichs vor Andern von mir gesehen hätte. Es schickte mir auch der Fürst täglich soviel Wein, als ich sammt meinen Dienern trinken konnte. Es luden mich auch des Fürsten Kämmerer oft zu sich, desgleichen der Graf von Nassau. Ich kleidete mich auch und hielt mich dem Fürst zu Ehren stets herrlicher. Da dies die Fran¬ zosen sahen, hielten sie mich erst vor einen guten Mann und bezeugten mir mehr Ehre denn zuvor." „Nach Mitfasten gesegnete ich den Fürsten, der verehret mir ein golden Halsband, zwölf Ellen schwarzen Sannnet und drei Ellen Atlas mit Bitte, ich wollte doch solches vor kein Geschenk nicht achten, wollte anch keineswegs unterlassen, wann ich durch Frankreich znrückküme, bei ihm abzutreten, welches ich ihm auch zusagete. Ihre Fürstliche Gnade bezeugte mir alle Gnade und Gunst, so immer möglich, gab mir auch Veförderniß-Schreiben an den König in Engelland, an die Könige von Portugal, Hispanien, Frankreich, auch dem Herzog von Britanien. Meine Habe, so ich bei mir hatte, schickte ich von Mecheln, sammt den Waffen, dreien Pferden und soviel Dienern gen Brüssel. Gen Antdorff kam ich am Abend Anuunciationis oder Verkündigung Mariä, mitta blieb ich bei acht Tagen, am Palm Abend fuhr ich zu Wasser in See¬ land gen Mittelburg." Gom preußischen Landtage. Wie man aufathmet von schwerem Alpdruck, so seufzte gestern Abend d:e große Mehrheit des Abgeordnetenhauses auf, als die Berathung des Knltns- etats endlich zu Ende gelangt war. Volle 14 Tage lang immer das leere Stroh des „Kulturkampfes" dreschen zu sehen, war schließlich selbst dem sellst tionsbedürftigen Publikum zu viel geworden; nachdem die Bänke des Hauses

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/434>, abgerufen am 20.09.2024.