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Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band.

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Aufforderung, die gelernten Stücke mit einander zu verbinden und wieder zum
einheitlichen Ganzen der Wissenschaft zu gestalten.

Keine der hier berührten Fragen habe ich in bestimmter Formel beant¬
wortet. Thesen habe ich nicht aufgestellt und will sie auch jetzt nicht auf¬
stellen; aber in kurzen Sätzen darf ich zusammenfassen, was ich über die
wichtigsten Beziehungen der Arbeitstheilung zu wissenschaftlichem Lehren und
Lernen denke. Die Arbeitstheilung hat auf diesem, auf unserem Gebiet, wie
Wohl auch auf den meisten anderen Gebieten, dem Bedürfniß nicht vorauszu¬
gehen, sondern vielmehr nachzufolgen. Es ist unnütz, sich gegen diejenige Form
der Arbeitstheilung anzustemmen, welche sich in langsam-geschichtlicher Ent¬
wickelung vollzieht; aber verderblich kann es sein, die Arbeitstheilung auf dem
Gebiet der wissenschaftlichen Lehre und des wissenschaftlichen Lernens zu
übereilen. Man darf in dieser Beziehung nur der unabweisbaren Nothwendig¬
keit folgen; denn manche Nachtheile sind und bleiben auf diesem Gebiet mit
der Arbeitsteilung verbunden. Diese Nachtheile möglichst auszugleichen, ist
Pflicht des Lehrers und des Lernenden; beide haben sich daran zu erinnern,
daß die Arbeitstheilung der Lehraufgaben nicht eine Theilung der einheitlichen
Lehre der Wissenschaft in zusammenhangslose Stücke bedeuten darf. Ueber
aller Theilung der Arbeit auf wissenschaftlichem Gebiet, über allen Vielheiten
des wissenschaftlichen Lehrens und Lernens soll verknüpfend und zusammen¬
haltend walten die Alleinheit der Wissenschaften, die Hliiveisitas
^tsrai-um.




Kamadan. der muslimische Jastenmonat.

In Folge der Kriegsereignisse, welche die Türken wieder zum alten Glau¬
benseifer anzufachen scheinen, ist der soeben gefeierte Ramadan von ganz be¬
sonderer Bedeutung für alle Bekenner des Islam. In diesem Monat, dem
neunten des arabischen Jahres ist der Koran zu Mohammed herabgesandt
worden und zwar vom siebenten Himmel, wo der Lotusbanm steht, der Grenz¬
baum des mohammedanischen Paradieses, der von Engeln und Vögeln be-
deckt, sich zur rechten Seite des göttlichen Thrones befindet und nicht über¬
schritten werden darf, auf dessen Blättern je ein Name steht. Verwelkt ein
Blatt des Lotnsbaumes, fällt es ab, so muß der Mensch, dessen Namen es
trägt, erkranken und alsdann das Zeitliche segnen. Aus diesem heiligsten


Aufforderung, die gelernten Stücke mit einander zu verbinden und wieder zum
einheitlichen Ganzen der Wissenschaft zu gestalten.

Keine der hier berührten Fragen habe ich in bestimmter Formel beant¬
wortet. Thesen habe ich nicht aufgestellt und will sie auch jetzt nicht auf¬
stellen; aber in kurzen Sätzen darf ich zusammenfassen, was ich über die
wichtigsten Beziehungen der Arbeitstheilung zu wissenschaftlichem Lehren und
Lernen denke. Die Arbeitstheilung hat auf diesem, auf unserem Gebiet, wie
Wohl auch auf den meisten anderen Gebieten, dem Bedürfniß nicht vorauszu¬
gehen, sondern vielmehr nachzufolgen. Es ist unnütz, sich gegen diejenige Form
der Arbeitstheilung anzustemmen, welche sich in langsam-geschichtlicher Ent¬
wickelung vollzieht; aber verderblich kann es sein, die Arbeitstheilung auf dem
Gebiet der wissenschaftlichen Lehre und des wissenschaftlichen Lernens zu
übereilen. Man darf in dieser Beziehung nur der unabweisbaren Nothwendig¬
keit folgen; denn manche Nachtheile sind und bleiben auf diesem Gebiet mit
der Arbeitsteilung verbunden. Diese Nachtheile möglichst auszugleichen, ist
Pflicht des Lehrers und des Lernenden; beide haben sich daran zu erinnern,
daß die Arbeitstheilung der Lehraufgaben nicht eine Theilung der einheitlichen
Lehre der Wissenschaft in zusammenhangslose Stücke bedeuten darf. Ueber
aller Theilung der Arbeit auf wissenschaftlichem Gebiet, über allen Vielheiten
des wissenschaftlichen Lehrens und Lernens soll verknüpfend und zusammen¬
haltend walten die Alleinheit der Wissenschaften, die Hliiveisitas
^tsrai-um.




Kamadan. der muslimische Jastenmonat.

In Folge der Kriegsereignisse, welche die Türken wieder zum alten Glau¬
benseifer anzufachen scheinen, ist der soeben gefeierte Ramadan von ganz be¬
sonderer Bedeutung für alle Bekenner des Islam. In diesem Monat, dem
neunten des arabischen Jahres ist der Koran zu Mohammed herabgesandt
worden und zwar vom siebenten Himmel, wo der Lotusbanm steht, der Grenz¬
baum des mohammedanischen Paradieses, der von Engeln und Vögeln be-
deckt, sich zur rechten Seite des göttlichen Thrones befindet und nicht über¬
schritten werden darf, auf dessen Blättern je ein Name steht. Verwelkt ein
Blatt des Lotnsbaumes, fällt es ab, so muß der Mensch, dessen Namen es
trägt, erkranken und alsdann das Zeitliche segnen. Aus diesem heiligsten


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[0231] Aufforderung, die gelernten Stücke mit einander zu verbinden und wieder zum einheitlichen Ganzen der Wissenschaft zu gestalten. Keine der hier berührten Fragen habe ich in bestimmter Formel beant¬ wortet. Thesen habe ich nicht aufgestellt und will sie auch jetzt nicht auf¬ stellen; aber in kurzen Sätzen darf ich zusammenfassen, was ich über die wichtigsten Beziehungen der Arbeitstheilung zu wissenschaftlichem Lehren und Lernen denke. Die Arbeitstheilung hat auf diesem, auf unserem Gebiet, wie Wohl auch auf den meisten anderen Gebieten, dem Bedürfniß nicht vorauszu¬ gehen, sondern vielmehr nachzufolgen. Es ist unnütz, sich gegen diejenige Form der Arbeitstheilung anzustemmen, welche sich in langsam-geschichtlicher Ent¬ wickelung vollzieht; aber verderblich kann es sein, die Arbeitstheilung auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Lehre und des wissenschaftlichen Lernens zu übereilen. Man darf in dieser Beziehung nur der unabweisbaren Nothwendig¬ keit folgen; denn manche Nachtheile sind und bleiben auf diesem Gebiet mit der Arbeitsteilung verbunden. Diese Nachtheile möglichst auszugleichen, ist Pflicht des Lehrers und des Lernenden; beide haben sich daran zu erinnern, daß die Arbeitstheilung der Lehraufgaben nicht eine Theilung der einheitlichen Lehre der Wissenschaft in zusammenhangslose Stücke bedeuten darf. Ueber aller Theilung der Arbeit auf wissenschaftlichem Gebiet, über allen Vielheiten des wissenschaftlichen Lehrens und Lernens soll verknüpfend und zusammen¬ haltend walten die Alleinheit der Wissenschaften, die Hliiveisitas ^tsrai-um. Kamadan. der muslimische Jastenmonat. In Folge der Kriegsereignisse, welche die Türken wieder zum alten Glau¬ benseifer anzufachen scheinen, ist der soeben gefeierte Ramadan von ganz be¬ sonderer Bedeutung für alle Bekenner des Islam. In diesem Monat, dem neunten des arabischen Jahres ist der Koran zu Mohammed herabgesandt worden und zwar vom siebenten Himmel, wo der Lotusbanm steht, der Grenz¬ baum des mohammedanischen Paradieses, der von Engeln und Vögeln be- deckt, sich zur rechten Seite des göttlichen Thrones befindet und nicht über¬ schritten werden darf, auf dessen Blättern je ein Name steht. Verwelkt ein Blatt des Lotnsbaumes, fällt es ab, so muß der Mensch, dessen Namen es trägt, erkranken und alsdann das Zeitliche segnen. Aus diesem heiligsten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 36, 1877, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341825_157645/231>, abgerufen am 03.07.2024.