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Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band.

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Suworow's Marsch durch die Schweiz im Jahre 1799.*)
Von Friedrich von Bülow. I.

Der für Oestreich so unglückliche Feldzug von 1796 hatte durch den
Frieden von Campo Formio seinen Abschluß erreicht. Die französischen
Truppen räumten das noch von ihnen besetzte Gebiet und gingen in Italien
hinter die Etsch. in Deutschland hinter den Rhein zurück. Frankreich stiftete
aus den ihm in Italien neu hinzugetretenen Gebietstheilen die cisalpinische
Republik. In einem geheimen Vertrage erhielt Oestreich für seine verlorene
Provinz den Besitz von Venedig. Der Rastadter Congreß trat im December
1797 zusammen, um die Angelegenheiten Deutschlands zu ordnen, doch ehe
derselbe auch nur einen Schritt vorwärts gethan, sorgte schon die französische
Republik dafür, daß die Brandfackel des Krieges von Neuem geschürt wurde.
Im Februar 1798 rückte eine französische Armee in die Schweiz ein, ohne
daß letztere hierzu irgendwie Veranlassung gegeben und behielt sie, mit Aus¬
nahme Graubündens, das sich an Oestreich anschloß, besetzt. -- Zu derselben
Zeit wurde der Kirchenstaat ohne ausreichenden Grund occupirt und der Papst
mußte flüchten. Im Mai 1798 segelte Napoleon nach Aegypten, unterwegs
nahm er Besitz von Malta und löste den dort restdirenden Maltheser-
orden auf. --

Besonders dieser letzte Punkt wurde eine Hauptveranlassung zur zweiten
Coalition. Der Kaiser Paul von Rußland war erster Protector des Ordens
und hielt sich persönlich durch diese That so beleidigt, daß er sich dem nun
bildenden Bündniß zur Bestrafung aller dieser Uebergriffe anschloß. Die
Coalition wurde gebildet aus Oestreich, Rußland, England, Sicilien und der
Türkei. Schon im November 1798 eröffnete Sicilien, damals noch allein¬
stehend, den Krieg durch einen Angriff auf das römische Gebiet; es wurde



-) Zum näheren Verständniß der Details ist I. M. Ziegler's :;. Karte der Schweiz oder
die Dufour'sche Generalstabskarte zu empfehlen.
Erenzboten I. 1876. 46
Suworow's Marsch durch die Schweiz im Jahre 1799.*)
Von Friedrich von Bülow. I.

Der für Oestreich so unglückliche Feldzug von 1796 hatte durch den
Frieden von Campo Formio seinen Abschluß erreicht. Die französischen
Truppen räumten das noch von ihnen besetzte Gebiet und gingen in Italien
hinter die Etsch. in Deutschland hinter den Rhein zurück. Frankreich stiftete
aus den ihm in Italien neu hinzugetretenen Gebietstheilen die cisalpinische
Republik. In einem geheimen Vertrage erhielt Oestreich für seine verlorene
Provinz den Besitz von Venedig. Der Rastadter Congreß trat im December
1797 zusammen, um die Angelegenheiten Deutschlands zu ordnen, doch ehe
derselbe auch nur einen Schritt vorwärts gethan, sorgte schon die französische
Republik dafür, daß die Brandfackel des Krieges von Neuem geschürt wurde.
Im Februar 1798 rückte eine französische Armee in die Schweiz ein, ohne
daß letztere hierzu irgendwie Veranlassung gegeben und behielt sie, mit Aus¬
nahme Graubündens, das sich an Oestreich anschloß, besetzt. — Zu derselben
Zeit wurde der Kirchenstaat ohne ausreichenden Grund occupirt und der Papst
mußte flüchten. Im Mai 1798 segelte Napoleon nach Aegypten, unterwegs
nahm er Besitz von Malta und löste den dort restdirenden Maltheser-
orden auf. —

Besonders dieser letzte Punkt wurde eine Hauptveranlassung zur zweiten
Coalition. Der Kaiser Paul von Rußland war erster Protector des Ordens
und hielt sich persönlich durch diese That so beleidigt, daß er sich dem nun
bildenden Bündniß zur Bestrafung aller dieser Uebergriffe anschloß. Die
Coalition wurde gebildet aus Oestreich, Rußland, England, Sicilien und der
Türkei. Schon im November 1798 eröffnete Sicilien, damals noch allein¬
stehend, den Krieg durch einen Angriff auf das römische Gebiet; es wurde



-) Zum näheren Verständniß der Details ist I. M. Ziegler's :;. Karte der Schweiz oder
die Dufour'sche Generalstabskarte zu empfehlen.
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[0369] Suworow's Marsch durch die Schweiz im Jahre 1799.*) Von Friedrich von Bülow. I. Der für Oestreich so unglückliche Feldzug von 1796 hatte durch den Frieden von Campo Formio seinen Abschluß erreicht. Die französischen Truppen räumten das noch von ihnen besetzte Gebiet und gingen in Italien hinter die Etsch. in Deutschland hinter den Rhein zurück. Frankreich stiftete aus den ihm in Italien neu hinzugetretenen Gebietstheilen die cisalpinische Republik. In einem geheimen Vertrage erhielt Oestreich für seine verlorene Provinz den Besitz von Venedig. Der Rastadter Congreß trat im December 1797 zusammen, um die Angelegenheiten Deutschlands zu ordnen, doch ehe derselbe auch nur einen Schritt vorwärts gethan, sorgte schon die französische Republik dafür, daß die Brandfackel des Krieges von Neuem geschürt wurde. Im Februar 1798 rückte eine französische Armee in die Schweiz ein, ohne daß letztere hierzu irgendwie Veranlassung gegeben und behielt sie, mit Aus¬ nahme Graubündens, das sich an Oestreich anschloß, besetzt. — Zu derselben Zeit wurde der Kirchenstaat ohne ausreichenden Grund occupirt und der Papst mußte flüchten. Im Mai 1798 segelte Napoleon nach Aegypten, unterwegs nahm er Besitz von Malta und löste den dort restdirenden Maltheser- orden auf. — Besonders dieser letzte Punkt wurde eine Hauptveranlassung zur zweiten Coalition. Der Kaiser Paul von Rußland war erster Protector des Ordens und hielt sich persönlich durch diese That so beleidigt, daß er sich dem nun bildenden Bündniß zur Bestrafung aller dieser Uebergriffe anschloß. Die Coalition wurde gebildet aus Oestreich, Rußland, England, Sicilien und der Türkei. Schon im November 1798 eröffnete Sicilien, damals noch allein¬ stehend, den Krieg durch einen Angriff auf das römische Gebiet; es wurde -) Zum näheren Verständniß der Details ist I. M. Ziegler's :;. Karte der Schweiz oder die Dufour'sche Generalstabskarte zu empfehlen. Erenzboten I. 1876. 46

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 35, 1876, I. Semester, I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341823_157636/369>, abgerufen am 28.06.2024.