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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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Inder aus dem Kirchlichen Leben in Amerika.
Von Moritz Busch. II.

Idyll in Dayton. Der Farmer wieder oben auf. -- Von Neuem ins Weltgetümmel.
Ich predige. -- Polyvcnnrme. -- Sonderbare Candidaten. -- Methodistenbetstnnde.
' Vielbcgchrtc Waare. -- Wieder in Cincinnati. -- Noch mehr sonderbare Candi¬
daten. -- Stegreifsermon. -- Ich vollziehe eine Trauung. -- Zum dritten Mal die
sonderbaren Candidaten. -- Borwahl mit Prügelei. -- Das Ende vom Liede.

Den nächsten Tag reiste ich nach Dayton ab, nachdem mir vorher von
einem in einem Gasthofe wohnenden Kaufmann eine Empfehlung an den
Vorstand der Methodistenconferenz zu Springfield. Prediger Nast, aufgenö-
thigt worden war, der mich in seinem Weinberg an die Arbeit stellen sollte.

Auch in Dayton war die deutsche lutherische Gemeinde auf ihren Pastor,
einen gewissen Hardorf, nicht gut zu sprechen, und ich befand mich noch keine
drei Tage dort, als mir schon von der ihm feindlich gesinnten Partei, an
deren Spitze ein Kaufmann Drehbein und die Doctoren Egry und Lcmgstedt
standen, Anträge gemacht wurden, sein Nachfolger zu werden. Indeß war
ich in Cincinnati noch verpflichtet, auch hatte -- wohl in Folge der Erzäh¬
lung Krölls von seinem glücklichen Squatterleben in Missouri -- der Far¬
mer in meinem Gemüthe wieder Oberwasser bekommen, und so ging ich auf
diese Vorschläge nicht ein, sondern fuhr zunächst mit Vetter Theodor nach
Springfield, in dessen Nähe wir uns nach verkäuflichen Farmer umsahen, aber
nichts Passendes fanden, da das. was uns gefiel, zu hoch im Preise stand.

So kehrten wir denn unverrichteter Sache nach Dayton zurück, wo ich
in der Vorstadt Macpherson Town nicht weit von der Covingtonbrücke bei
dem aus Sachsen eingewanderten Schuhmacher Sperling in einem allerliebsten
Weißen Häuschen, das Psirsichspaliere und wilde Rosen umspannen, Wohnung
gefunden hatte.

Und nun soll das Tagebuch wieder zu Worte kommen.

27. September. Wir saßen eben auf dem Altan vor der Vorderthür
beim Morgenkaffee, als Theodor mit einem Telegramm von Rothert kam:
n^Vo wallt z^on Kore nsxt Sunclu^. ^.riswer quick." Also doch, Micawber!
Es war mir nicht lieb. Aber es mußte Wort 'gehalten werden. Ich ließ
antworten: "I am ooming", repetirte den Vormittag meine Predigt und
fuhr zwei Uhr Mittags mit der stage, einem häßlichen unbequemen Rippen¬
brecher, nach der City ab, wo ich neun Uhr Abends entsetzlich zerschüttelt
und mit dem Kothe von Miamisburg und Hamilton bespritzt ankam. Der
Kirchenrath empfing mich hocherfreut im Barroom des Gasthofes, wo ich so-


Gi'mzbote" >l. 1575. 8
Inder aus dem Kirchlichen Leben in Amerika.
Von Moritz Busch. II.

Idyll in Dayton. Der Farmer wieder oben auf. — Von Neuem ins Weltgetümmel.
Ich predige. — Polyvcnnrme. — Sonderbare Candidaten. — Methodistenbetstnnde.
' Vielbcgchrtc Waare. — Wieder in Cincinnati. — Noch mehr sonderbare Candi¬
daten. — Stegreifsermon. — Ich vollziehe eine Trauung. — Zum dritten Mal die
sonderbaren Candidaten. — Borwahl mit Prügelei. — Das Ende vom Liede.

Den nächsten Tag reiste ich nach Dayton ab, nachdem mir vorher von
einem in einem Gasthofe wohnenden Kaufmann eine Empfehlung an den
Vorstand der Methodistenconferenz zu Springfield. Prediger Nast, aufgenö-
thigt worden war, der mich in seinem Weinberg an die Arbeit stellen sollte.

Auch in Dayton war die deutsche lutherische Gemeinde auf ihren Pastor,
einen gewissen Hardorf, nicht gut zu sprechen, und ich befand mich noch keine
drei Tage dort, als mir schon von der ihm feindlich gesinnten Partei, an
deren Spitze ein Kaufmann Drehbein und die Doctoren Egry und Lcmgstedt
standen, Anträge gemacht wurden, sein Nachfolger zu werden. Indeß war
ich in Cincinnati noch verpflichtet, auch hatte — wohl in Folge der Erzäh¬
lung Krölls von seinem glücklichen Squatterleben in Missouri — der Far¬
mer in meinem Gemüthe wieder Oberwasser bekommen, und so ging ich auf
diese Vorschläge nicht ein, sondern fuhr zunächst mit Vetter Theodor nach
Springfield, in dessen Nähe wir uns nach verkäuflichen Farmer umsahen, aber
nichts Passendes fanden, da das. was uns gefiel, zu hoch im Preise stand.

So kehrten wir denn unverrichteter Sache nach Dayton zurück, wo ich
in der Vorstadt Macpherson Town nicht weit von der Covingtonbrücke bei
dem aus Sachsen eingewanderten Schuhmacher Sperling in einem allerliebsten
Weißen Häuschen, das Psirsichspaliere und wilde Rosen umspannen, Wohnung
gefunden hatte.

Und nun soll das Tagebuch wieder zu Worte kommen.

27. September. Wir saßen eben auf dem Altan vor der Vorderthür
beim Morgenkaffee, als Theodor mit einem Telegramm von Rothert kam:
n^Vo wallt z^on Kore nsxt Sunclu^. ^.riswer quick." Also doch, Micawber!
Es war mir nicht lieb. Aber es mußte Wort 'gehalten werden. Ich ließ
antworten: „I am ooming", repetirte den Vormittag meine Predigt und
fuhr zwei Uhr Mittags mit der stage, einem häßlichen unbequemen Rippen¬
brecher, nach der City ab, wo ich neun Uhr Abends entsetzlich zerschüttelt
und mit dem Kothe von Miamisburg und Hamilton bespritzt ankam. Der
Kirchenrath empfing mich hocherfreut im Barroom des Gasthofes, wo ich so-


Gi'mzbote» >l. 1575. 8
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[0061] Inder aus dem Kirchlichen Leben in Amerika. Von Moritz Busch. II. Idyll in Dayton. Der Farmer wieder oben auf. — Von Neuem ins Weltgetümmel. Ich predige. — Polyvcnnrme. — Sonderbare Candidaten. — Methodistenbetstnnde. ' Vielbcgchrtc Waare. — Wieder in Cincinnati. — Noch mehr sonderbare Candi¬ daten. — Stegreifsermon. — Ich vollziehe eine Trauung. — Zum dritten Mal die sonderbaren Candidaten. — Borwahl mit Prügelei. — Das Ende vom Liede. Den nächsten Tag reiste ich nach Dayton ab, nachdem mir vorher von einem in einem Gasthofe wohnenden Kaufmann eine Empfehlung an den Vorstand der Methodistenconferenz zu Springfield. Prediger Nast, aufgenö- thigt worden war, der mich in seinem Weinberg an die Arbeit stellen sollte. Auch in Dayton war die deutsche lutherische Gemeinde auf ihren Pastor, einen gewissen Hardorf, nicht gut zu sprechen, und ich befand mich noch keine drei Tage dort, als mir schon von der ihm feindlich gesinnten Partei, an deren Spitze ein Kaufmann Drehbein und die Doctoren Egry und Lcmgstedt standen, Anträge gemacht wurden, sein Nachfolger zu werden. Indeß war ich in Cincinnati noch verpflichtet, auch hatte — wohl in Folge der Erzäh¬ lung Krölls von seinem glücklichen Squatterleben in Missouri — der Far¬ mer in meinem Gemüthe wieder Oberwasser bekommen, und so ging ich auf diese Vorschläge nicht ein, sondern fuhr zunächst mit Vetter Theodor nach Springfield, in dessen Nähe wir uns nach verkäuflichen Farmer umsahen, aber nichts Passendes fanden, da das. was uns gefiel, zu hoch im Preise stand. So kehrten wir denn unverrichteter Sache nach Dayton zurück, wo ich in der Vorstadt Macpherson Town nicht weit von der Covingtonbrücke bei dem aus Sachsen eingewanderten Schuhmacher Sperling in einem allerliebsten Weißen Häuschen, das Psirsichspaliere und wilde Rosen umspannen, Wohnung gefunden hatte. Und nun soll das Tagebuch wieder zu Worte kommen. 27. September. Wir saßen eben auf dem Altan vor der Vorderthür beim Morgenkaffee, als Theodor mit einem Telegramm von Rothert kam: n^Vo wallt z^on Kore nsxt Sunclu^. ^.riswer quick." Also doch, Micawber! Es war mir nicht lieb. Aber es mußte Wort 'gehalten werden. Ich ließ antworten: „I am ooming", repetirte den Vormittag meine Predigt und fuhr zwei Uhr Mittags mit der stage, einem häßlichen unbequemen Rippen¬ brecher, nach der City ab, wo ich neun Uhr Abends entsetzlich zerschüttelt und mit dem Kothe von Miamisburg und Hamilton bespritzt ankam. Der Kirchenrath empfing mich hocherfreut im Barroom des Gasthofes, wo ich so- Gi'mzbote» >l. 1575. 8

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/61>, abgerufen am 05.02.2025.