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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band.

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Sindred:

Des Christen Ehre ist nur Christi Kreuz.

Hast Du kein Herz für Vaterland und Heimath?

Noderich:

Das Christen Heimath ist im Himmel nur."

Sindred:

Zuletzt als der König seine einschneidenden Befehle gegeben, die Mit¬
wirkung der kirchlichen Machtmittel zur Vertheidigung des Vaterlandes zu
erzwingen, da schleudert Sindred gegen ihn die Verwünschung:


"Fluch und Verderben schlage Dich, Du Wuth'rieb.
Verfallen ist Dein Thron, Dein Haupt, Dein Leben!
Und Jedem, der Dich mordet, lohnt der Himmel."

Was Roderich damals nicht weiß, daß Sindred im geheimen Bunde mit
dem Landesfeind steht, wir wissen es, wir haben selbst wenige Scenen vorher
den Abschluß des Bundes auf der Bühne gesehen! Desto furchtbarer erscheint
uns der Fluch Sindred's, desto greller tönt in unsere Ohren der Ruf, mit
dem er die Nachricht vom Maureneinfall begrüßt:


"Die Rächer nah'n. In Blut wirst Du versinken:
Ein ungeheures Blutmeer überschwemmt
Dich, Deinen Thron, Dein Reich-, und einsam schwimmt
Allein gerettet, nur die Arche Gottes,
Die Kirche, siegreich durch die Sintfluth hin."

Wir modernen Menschen wenden unseren Sinn entsetzt ab von diesem
Priester, der seines eigenen Volkes Untergang in einem Blutmeere herbei¬
wünscht, der sein Vaterland verräth aus Rache wider den König, welcher die
Rechte der Staatsgewalt gegenüber der Kirchenmacht herzustellen und zu be¬
haupten unternommen. Mit solchen Gefühlen zorniger Entrüstung über
die Anmaßung der Kirche wird. Dahn's Roderich Leser wie Zuschauer
entlassen!




Betrachtungen über die JanKsrage.
Von Max Wirth. II.

Kurz vorher war in dem Lande der Bankexperimente, in den Vereinigten
Staaten von Amerika, eine Organisation des Zettelbank-Wesens angenommen
worden, welche einen neuen Beweis für die' Vorzüge der Concentration gegen¬
über der Zersplitterung des Notenbank-Wesens liefern sollte. Die amerika¬
nische Bundesregierung, welche sich während des Bürgerkrieges am Ende ihrer
Hilfsquellen sah, verschaffte sich ein neues Anlehen von über 300 Millionen


Gvenjbotcn II. 187S. > 14
Sindred:

Des Christen Ehre ist nur Christi Kreuz.

Hast Du kein Herz für Vaterland und Heimath?

Noderich:

Das Christen Heimath ist im Himmel nur."

Sindred:

Zuletzt als der König seine einschneidenden Befehle gegeben, die Mit¬
wirkung der kirchlichen Machtmittel zur Vertheidigung des Vaterlandes zu
erzwingen, da schleudert Sindred gegen ihn die Verwünschung:


„Fluch und Verderben schlage Dich, Du Wuth'rieb.
Verfallen ist Dein Thron, Dein Haupt, Dein Leben!
Und Jedem, der Dich mordet, lohnt der Himmel."

Was Roderich damals nicht weiß, daß Sindred im geheimen Bunde mit
dem Landesfeind steht, wir wissen es, wir haben selbst wenige Scenen vorher
den Abschluß des Bundes auf der Bühne gesehen! Desto furchtbarer erscheint
uns der Fluch Sindred's, desto greller tönt in unsere Ohren der Ruf, mit
dem er die Nachricht vom Maureneinfall begrüßt:


„Die Rächer nah'n. In Blut wirst Du versinken:
Ein ungeheures Blutmeer überschwemmt
Dich, Deinen Thron, Dein Reich-, und einsam schwimmt
Allein gerettet, nur die Arche Gottes,
Die Kirche, siegreich durch die Sintfluth hin."

Wir modernen Menschen wenden unseren Sinn entsetzt ab von diesem
Priester, der seines eigenen Volkes Untergang in einem Blutmeere herbei¬
wünscht, der sein Vaterland verräth aus Rache wider den König, welcher die
Rechte der Staatsgewalt gegenüber der Kirchenmacht herzustellen und zu be¬
haupten unternommen. Mit solchen Gefühlen zorniger Entrüstung über
die Anmaßung der Kirche wird. Dahn's Roderich Leser wie Zuschauer
entlassen!




Betrachtungen über die JanKsrage.
Von Max Wirth. II.

Kurz vorher war in dem Lande der Bankexperimente, in den Vereinigten
Staaten von Amerika, eine Organisation des Zettelbank-Wesens angenommen
worden, welche einen neuen Beweis für die' Vorzüge der Concentration gegen¬
über der Zersplitterung des Notenbank-Wesens liefern sollte. Die amerika¬
nische Bundesregierung, welche sich während des Bürgerkrieges am Ende ihrer
Hilfsquellen sah, verschaffte sich ein neues Anlehen von über 300 Millionen


Gvenjbotcn II. 187S. > 14
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[0109] Sindred: Des Christen Ehre ist nur Christi Kreuz. Hast Du kein Herz für Vaterland und Heimath? Noderich: Das Christen Heimath ist im Himmel nur." Sindred: Zuletzt als der König seine einschneidenden Befehle gegeben, die Mit¬ wirkung der kirchlichen Machtmittel zur Vertheidigung des Vaterlandes zu erzwingen, da schleudert Sindred gegen ihn die Verwünschung: „Fluch und Verderben schlage Dich, Du Wuth'rieb. Verfallen ist Dein Thron, Dein Haupt, Dein Leben! Und Jedem, der Dich mordet, lohnt der Himmel." Was Roderich damals nicht weiß, daß Sindred im geheimen Bunde mit dem Landesfeind steht, wir wissen es, wir haben selbst wenige Scenen vorher den Abschluß des Bundes auf der Bühne gesehen! Desto furchtbarer erscheint uns der Fluch Sindred's, desto greller tönt in unsere Ohren der Ruf, mit dem er die Nachricht vom Maureneinfall begrüßt: „Die Rächer nah'n. In Blut wirst Du versinken: Ein ungeheures Blutmeer überschwemmt Dich, Deinen Thron, Dein Reich-, und einsam schwimmt Allein gerettet, nur die Arche Gottes, Die Kirche, siegreich durch die Sintfluth hin." Wir modernen Menschen wenden unseren Sinn entsetzt ab von diesem Priester, der seines eigenen Volkes Untergang in einem Blutmeere herbei¬ wünscht, der sein Vaterland verräth aus Rache wider den König, welcher die Rechte der Staatsgewalt gegenüber der Kirchenmacht herzustellen und zu be¬ haupten unternommen. Mit solchen Gefühlen zorniger Entrüstung über die Anmaßung der Kirche wird. Dahn's Roderich Leser wie Zuschauer entlassen! Betrachtungen über die JanKsrage. Von Max Wirth. II. Kurz vorher war in dem Lande der Bankexperimente, in den Vereinigten Staaten von Amerika, eine Organisation des Zettelbank-Wesens angenommen worden, welche einen neuen Beweis für die' Vorzüge der Concentration gegen¬ über der Zersplitterung des Notenbank-Wesens liefern sollte. Die amerika¬ nische Bundesregierung, welche sich während des Bürgerkrieges am Ende ihrer Hilfsquellen sah, verschaffte sich ein neues Anlehen von über 300 Millionen Gvenjbotcn II. 187S. > 14

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134976/109>, abgerufen am 05.02.2025.