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Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band.

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Wir besuchten die nahgelegenen Ruinen der weitumkreiseten Stadt Nikopolis,
die Augustus nach der Schlacht bei Allium erbaute, und ihr den Namen der
Sieger-Stadt gegeben hatte. Jetzt sind nur noch die Reste ihrer Mauern,
zweier Theater, wovon das eine sehr groß ist, und die einiger öffentlichen
Gebäude vorhanden, alles übrige ist beinahe wie verschwunden. -- Von
Prevesa aus wagten wir es über die Akarnanischen Gebirge zu Fuß zu gehen.

Man hatte uns besorgt gemacht, den großen Fluß Aspropotamus,
den alten Achelous passiren zu können, da derselbe öfters sehr angeschwollen
'se. doch ist dies nur nach sehr starken Regengüssen, so wie bei den meisten
Nüssen in Griechenland, die sich aus den Gebirgs-Gewässern erzeugen. Wir
fanden bei diesen nur ein ungeheuer breites Bette, ihn selbst aber innerhalb
demselben in viele kleine Arme getheilt, die an Stellen gerade so viel Wasser
hatten, daß wir noch barfuß durchwaten konnten. -- Das Thal in dem er
sich dem Meere nähert, mit seinen umgebenden Bergen ist groß und schön,
und reizend seine bewachsenen Ufer, wo mich die Vegetation in der Größe
der Gewächse anstaunte, ich gebe dir zum Maßstabe die kleinen Hälmchen,
die in unserm Garten zwischen Heugras wuchsen, und von denen ich mir hier
Spazier-Stöcke schnitt. -- Hier übereilte uns die Nacht, wir fanden kein Haus,
und brachten zum erstenmal auf einen Drescherplatze (Atome) unter freyem
Himmel schlafend, nichts als unsere Mäntel zur Bedeckung habend, hin; nichts
destoweniger erwachten wir, zwar durch den starken Thau, der in diesen
Ländern des Nachts fällt, ganz durchnäßt, aber gesund, und uns fehlte zur
Fortsetzung unserer Fußreise nichts als das Frühstück, wozu den Vorrath die
Hunde des Nachts aus dem Korbe zu unsern Köpfen, herausgestohlen hatten.

Doch unser guter Stackelberg mußte diese Nachtparthie mit einem Fieber-
Anfall bezahlen, und wir waren noch so glücklich mit ihm ans Meer zu
kommen, wo wir mit einem Nachen nach der nahen Jnselstadt Natholila,
Venedig im kleinen, aber sehr kleinen, fuhren. --

Den 2. November.

Hier schifften wir uns nach Messalonga aus einen Monorylon,
einem Nachen aus hohlem Baume gemacht, ein. Das Meer ist in diesem Golf
s° seicht, daß man an mehreren Stellen darinnen waten kann. Von Messa-
longi giengen wir auf einer grosen Latiner Barke, nach Patraß. Der An¬
blick dieser Stadt wo wir Abends gerade mit Sonnenuntergang ankamen,
überraschte mich sehr, ob sie selbst schon nicht schön ist, so wirkte doch der
Reiz der Neuheit sehr, und ihre Lage ist sehr schön, auf der Nordwestküste
von Achaia am Eingang des schönen Golfs von Lepantho. Ihr gegen
über zeigen sich die schönen Aetolischen Gebirge, von welchem der Taphiaso
sich als eine große mahlerische Parthie aus dem Meere emporthürmt. Wir


Wir besuchten die nahgelegenen Ruinen der weitumkreiseten Stadt Nikopolis,
die Augustus nach der Schlacht bei Allium erbaute, und ihr den Namen der
Sieger-Stadt gegeben hatte. Jetzt sind nur noch die Reste ihrer Mauern,
zweier Theater, wovon das eine sehr groß ist, und die einiger öffentlichen
Gebäude vorhanden, alles übrige ist beinahe wie verschwunden. — Von
Prevesa aus wagten wir es über die Akarnanischen Gebirge zu Fuß zu gehen.

Man hatte uns besorgt gemacht, den großen Fluß Aspropotamus,
den alten Achelous passiren zu können, da derselbe öfters sehr angeschwollen
'se. doch ist dies nur nach sehr starken Regengüssen, so wie bei den meisten
Nüssen in Griechenland, die sich aus den Gebirgs-Gewässern erzeugen. Wir
fanden bei diesen nur ein ungeheuer breites Bette, ihn selbst aber innerhalb
demselben in viele kleine Arme getheilt, die an Stellen gerade so viel Wasser
hatten, daß wir noch barfuß durchwaten konnten. — Das Thal in dem er
sich dem Meere nähert, mit seinen umgebenden Bergen ist groß und schön,
und reizend seine bewachsenen Ufer, wo mich die Vegetation in der Größe
der Gewächse anstaunte, ich gebe dir zum Maßstabe die kleinen Hälmchen,
die in unserm Garten zwischen Heugras wuchsen, und von denen ich mir hier
Spazier-Stöcke schnitt. — Hier übereilte uns die Nacht, wir fanden kein Haus,
und brachten zum erstenmal auf einen Drescherplatze (Atome) unter freyem
Himmel schlafend, nichts als unsere Mäntel zur Bedeckung habend, hin; nichts
destoweniger erwachten wir, zwar durch den starken Thau, der in diesen
Ländern des Nachts fällt, ganz durchnäßt, aber gesund, und uns fehlte zur
Fortsetzung unserer Fußreise nichts als das Frühstück, wozu den Vorrath die
Hunde des Nachts aus dem Korbe zu unsern Köpfen, herausgestohlen hatten.

Doch unser guter Stackelberg mußte diese Nachtparthie mit einem Fieber-
Anfall bezahlen, und wir waren noch so glücklich mit ihm ans Meer zu
kommen, wo wir mit einem Nachen nach der nahen Jnselstadt Natholila,
Venedig im kleinen, aber sehr kleinen, fuhren. —

Den 2. November.

Hier schifften wir uns nach Messalonga aus einen Monorylon,
einem Nachen aus hohlem Baume gemacht, ein. Das Meer ist in diesem Golf
s° seicht, daß man an mehreren Stellen darinnen waten kann. Von Messa-
longi giengen wir auf einer grosen Latiner Barke, nach Patraß. Der An¬
blick dieser Stadt wo wir Abends gerade mit Sonnenuntergang ankamen,
überraschte mich sehr, ob sie selbst schon nicht schön ist, so wirkte doch der
Reiz der Neuheit sehr, und ihre Lage ist sehr schön, auf der Nordwestküste
von Achaia am Eingang des schönen Golfs von Lepantho. Ihr gegen
über zeigen sich die schönen Aetolischen Gebirge, von welchem der Taphiaso
sich als eine große mahlerische Parthie aus dem Meere emporthürmt. Wir


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[0215] Wir besuchten die nahgelegenen Ruinen der weitumkreiseten Stadt Nikopolis, die Augustus nach der Schlacht bei Allium erbaute, und ihr den Namen der Sieger-Stadt gegeben hatte. Jetzt sind nur noch die Reste ihrer Mauern, zweier Theater, wovon das eine sehr groß ist, und die einiger öffentlichen Gebäude vorhanden, alles übrige ist beinahe wie verschwunden. — Von Prevesa aus wagten wir es über die Akarnanischen Gebirge zu Fuß zu gehen. Man hatte uns besorgt gemacht, den großen Fluß Aspropotamus, den alten Achelous passiren zu können, da derselbe öfters sehr angeschwollen 'se. doch ist dies nur nach sehr starken Regengüssen, so wie bei den meisten Nüssen in Griechenland, die sich aus den Gebirgs-Gewässern erzeugen. Wir fanden bei diesen nur ein ungeheuer breites Bette, ihn selbst aber innerhalb demselben in viele kleine Arme getheilt, die an Stellen gerade so viel Wasser hatten, daß wir noch barfuß durchwaten konnten. — Das Thal in dem er sich dem Meere nähert, mit seinen umgebenden Bergen ist groß und schön, und reizend seine bewachsenen Ufer, wo mich die Vegetation in der Größe der Gewächse anstaunte, ich gebe dir zum Maßstabe die kleinen Hälmchen, die in unserm Garten zwischen Heugras wuchsen, und von denen ich mir hier Spazier-Stöcke schnitt. — Hier übereilte uns die Nacht, wir fanden kein Haus, und brachten zum erstenmal auf einen Drescherplatze (Atome) unter freyem Himmel schlafend, nichts als unsere Mäntel zur Bedeckung habend, hin; nichts destoweniger erwachten wir, zwar durch den starken Thau, der in diesen Ländern des Nachts fällt, ganz durchnäßt, aber gesund, und uns fehlte zur Fortsetzung unserer Fußreise nichts als das Frühstück, wozu den Vorrath die Hunde des Nachts aus dem Korbe zu unsern Köpfen, herausgestohlen hatten. Doch unser guter Stackelberg mußte diese Nachtparthie mit einem Fieber- Anfall bezahlen, und wir waren noch so glücklich mit ihm ans Meer zu kommen, wo wir mit einem Nachen nach der nahen Jnselstadt Natholila, Venedig im kleinen, aber sehr kleinen, fuhren. — Den 2. November. Hier schifften wir uns nach Messalonga aus einen Monorylon, einem Nachen aus hohlem Baume gemacht, ein. Das Meer ist in diesem Golf s° seicht, daß man an mehreren Stellen darinnen waten kann. Von Messa- longi giengen wir auf einer grosen Latiner Barke, nach Patraß. Der An¬ blick dieser Stadt wo wir Abends gerade mit Sonnenuntergang ankamen, überraschte mich sehr, ob sie selbst schon nicht schön ist, so wirkte doch der Reiz der Neuheit sehr, und ihre Lage ist sehr schön, auf der Nordwestküste von Achaia am Eingang des schönen Golfs von Lepantho. Ihr gegen über zeigen sich die schönen Aetolischen Gebirge, von welchem der Taphiaso sich als eine große mahlerische Parthie aus dem Meere emporthürmt. Wir

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 34, 1875, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341821_134957/215>, abgerufen am 03.07.2024.