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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band.

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den Verbleib dieser Aktenstücke leugnete, so kann er es wohl gethan haben
in der Zuversicht, man werde sich immerdar scheuen, aus gerichtlichem Wege
dem Verbleib nachzuforschen, um den Inhalt der Menstücke nicht an die
Oeffentlichkeit zu ziehen. Daß indeß hier nur ein Versehen obgewaltet, hat
die Vertheidigung theils aus der Größe des Koffers deduzirt, worin die Akten¬
stücke schließlich gefunden wurden -- ein Argument, dessen Gewicht wir nicht
verkennen, -- theils daraus, daß neben den wichtigen Aktenstücken sich solche
von gleichgültigem Inhalt fanden. Man kann meinen, es ist wohl ein alter
Kunstgriff, verfänglichen Dingen eine unverfängliche Emballage zu geben.
Eine große Lücke ist manchmal unverdächtiger als eine kleine, sie bietet wenig¬
stens meist eine bessere.Ausrede. Wenn bloß das fehlt, worauf es ankommt,
so ist die Absicht schwer zu verbergen.

Es kommt wohl selten vor, daß das Urtheil eines Gerichtshofes auch
nur überwiegend die Ausführungen der Vertheidigung abspiegelt. Der Fall
ist auch hier nicht eingetreten. Das Urtheil lautet freisprechend bis auf einen
Theil der Anschuldigung, auf den die Anklage jedenfalls nicht das Hauptge.
weest gelegt. und mit welchem die Vertheidigung sich kaum beschäftigt hatte. Der
Angeklagte ist verurtheilt wegen derjenigen Aktenstücke, welche er bereits vor
dem Beginn der Untersuchung zurückgestellt hatte. Er ist nur des Vergehens
gegen die öffentliche Ordnung für überwiesen erachtet, und die entsprechende
geringe Strafe ihm dafür zuerkannt worden.

In der allgemeinen großen Bewegung, welche der Prozeß hervorgeru¬
fen, wird auch das Urtheil der ersten Instanz lange nachklingen und die viel¬
seitigste Erörterung erfahren. Wenn es gelegen scheint und nützlich, so werden
N -- t -- g. wir uns noch damit beschäftigen.




Wozu deutschen Aeichstag.

Wir übergehen die Sitzungen vom 14. und 16. Dezember, deren Arbeit
die Fortsetzung der Haushaltsberathung nebst einigen technischen Gesetzent¬
würfen war. Giebt auch die Berathung des Haushalts und namentlich die-
jenige der Heeresausgaben immerfort Anlaß zur Berührung wichtiger Fragen,
so können doch unsere Berichte sich nicht die Aufgabe stellen, Ursprung und
Tragweite aller dieser mehr oder minder oberflächlich berührten, aber natürlich
fast niemals entschiedenen Fragen bei solcher Gelegenheit zu erläutern.


den Verbleib dieser Aktenstücke leugnete, so kann er es wohl gethan haben
in der Zuversicht, man werde sich immerdar scheuen, aus gerichtlichem Wege
dem Verbleib nachzuforschen, um den Inhalt der Menstücke nicht an die
Oeffentlichkeit zu ziehen. Daß indeß hier nur ein Versehen obgewaltet, hat
die Vertheidigung theils aus der Größe des Koffers deduzirt, worin die Akten¬
stücke schließlich gefunden wurden — ein Argument, dessen Gewicht wir nicht
verkennen, — theils daraus, daß neben den wichtigen Aktenstücken sich solche
von gleichgültigem Inhalt fanden. Man kann meinen, es ist wohl ein alter
Kunstgriff, verfänglichen Dingen eine unverfängliche Emballage zu geben.
Eine große Lücke ist manchmal unverdächtiger als eine kleine, sie bietet wenig¬
stens meist eine bessere.Ausrede. Wenn bloß das fehlt, worauf es ankommt,
so ist die Absicht schwer zu verbergen.

Es kommt wohl selten vor, daß das Urtheil eines Gerichtshofes auch
nur überwiegend die Ausführungen der Vertheidigung abspiegelt. Der Fall
ist auch hier nicht eingetreten. Das Urtheil lautet freisprechend bis auf einen
Theil der Anschuldigung, auf den die Anklage jedenfalls nicht das Hauptge.
weest gelegt. und mit welchem die Vertheidigung sich kaum beschäftigt hatte. Der
Angeklagte ist verurtheilt wegen derjenigen Aktenstücke, welche er bereits vor
dem Beginn der Untersuchung zurückgestellt hatte. Er ist nur des Vergehens
gegen die öffentliche Ordnung für überwiesen erachtet, und die entsprechende
geringe Strafe ihm dafür zuerkannt worden.

In der allgemeinen großen Bewegung, welche der Prozeß hervorgeru¬
fen, wird auch das Urtheil der ersten Instanz lange nachklingen und die viel¬
seitigste Erörterung erfahren. Wenn es gelegen scheint und nützlich, so werden
N — t — g. wir uns noch damit beschäftigen.




Wozu deutschen Aeichstag.

Wir übergehen die Sitzungen vom 14. und 16. Dezember, deren Arbeit
die Fortsetzung der Haushaltsberathung nebst einigen technischen Gesetzent¬
würfen war. Giebt auch die Berathung des Haushalts und namentlich die-
jenige der Heeresausgaben immerfort Anlaß zur Berührung wichtiger Fragen,
so können doch unsere Berichte sich nicht die Aufgabe stellen, Ursprung und
Tragweite aller dieser mehr oder minder oberflächlich berührten, aber natürlich
fast niemals entschiedenen Fragen bei solcher Gelegenheit zu erläutern.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, II. Semester, II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_359154/519>, abgerufen am 27.07.2024.