Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.können. Und im Grunde ist es dieselbe Aufgabe, wie eine neuerlich erschienene L. v. Bar. Das deutsche Schulwesen im vorigen Jahrhundert. Bon or. K. B. II. Fast nirgends mehr als auf dem Gebiete des Erziehungs- und Unter¬ Auch im vorigen Jahrhundert sehen wir das Erziehungswesen bald im Locke, Nosseau, Gesner, Ernesti, Basedow, Campe, Salzmann, Fellenberg, können. Und im Grunde ist es dieselbe Aufgabe, wie eine neuerlich erschienene L. v. Bar. Das deutsche Schulwesen im vorigen Jahrhundert. Bon or. K. B. II. Fast nirgends mehr als auf dem Gebiete des Erziehungs- und Unter¬ Auch im vorigen Jahrhundert sehen wir das Erziehungswesen bald im Locke, Nosseau, Gesner, Ernesti, Basedow, Campe, Salzmann, Fellenberg, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0272" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193075"/> <p xml:id="ID_867" prev="#ID_866"> können. Und im Grunde ist es dieselbe Aufgabe, wie eine neuerlich erschienene<lb/> Schrift von Gotthelf sehr richtig hervorhebt, die auch gelöst werden muß,<lb/> wenn es möglich sein soll, Rechtsfragen der Entscheidung des höchsten Ge¬<lb/> richtshofes vorzubehalten. Der Angriff gegen das Geschworenengericht, wel¬<lb/> cher auf der Unmöglichkeit der Trennung von That- und Rechtsfrage basirt,<lb/> löst sich daher in ein Mißverständniß auf. Es ist allerdings bequemer, form¬<lb/> los durch Hin- und Herreden abzustimmen, als alles bei der Abstimmung<lb/> Wesentliche unter Mitwirkung der Parteien vorher festzusetzen: aber daß die<lb/> häufig sehr ungeordneten Abstimmungen einheitlicher Collegien im Allgemeinen<lb/> ein zuverlässigeres Resultat gewähren müßten, läßt sich gewiß nicht behaupten.</p><lb/> <note type="byline"> L. v. Bar.</note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Das deutsche Schulwesen im vorigen Jahrhundert.<lb/><note type="byline"> Bon or. K. B.</note></head><lb/> <div n="2"> <head> II.</head><lb/> <p xml:id="ID_868"> Fast nirgends mehr als auf dem Gebiete des Erziehungs- und Unter¬<lb/> richtswesens sind es vorzugsweise immer einzelne reformatorische Geister ge¬<lb/> wesen, welche die stagnirende Bewegung in Fluß brachten und gleichsam ruck¬<lb/> weise ihre Zeit um ein gut Stück vorwärts rissen, worauf dann gewöhnlich<lb/> wieder ein Stillstand eintrat, bis abermals ein solcher Anstoß erfolgte und<lb/> einen neuen Fortschritt hervorrief. Es mag das zum Theil daher kommen,<lb/> daß gerade im Erziehungswesen, und namentlich dem öffentlichen, allzeit viel<lb/> erperimentirt worden ist, zum Theil daher, daß zumal das öffentliche Erziehungs¬<lb/> wesen und der Massenunterricht leicht einem gewissen Schlendrian und Mecha¬<lb/> nismus verfällt, so lange der Lehrerstand selbst nicht allgemein so durchge--<lb/> bildet ist, daß er von sich aus die ihm gegebenen Anregungen, und die ihm<lb/> gebotenen besseren Methoden fruchtbar zu machen und weiter zu entwickeln<lb/> die Fähigkeit und Beharrlichkeit besäße, — ein Zustand, der selbst heute,<lb/> trotz unserer so viel vervollkommneten Lehrerbildungsanstalten noch bet wei¬<lb/> tem nicht erreicht ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_869"> Auch im vorigen Jahrhundert sehen wir das Erziehungswesen bald im<lb/> Allgemeinen, bald in seinen einzelnen Zweigen durch solche persönliche Einflüsse<lb/> gefördert, von Zeit zu Zeit einen ungewöhnlichen Aufschwung nehmen, aber<lb/> leider auch nur zu oft wieder in die alten Geleise zurückfallen, und die<lb/> Sisyphusarbeit immer von neuem beginnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_870"> Locke, Nosseau, Gesner, Ernesti, Basedow, Campe, Salzmann, Fellenberg,<lb/> Pestalozzi — welch' eine Reihe glänzender Namen, und doch wie wenig im<lb/> Ganzen nachhaltige Erfolge, wie viel hastige, vielverheißende Anläufe, und<lb/> wie selten dem entspechende wirklich praktische Resultate!</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0272]
können. Und im Grunde ist es dieselbe Aufgabe, wie eine neuerlich erschienene
Schrift von Gotthelf sehr richtig hervorhebt, die auch gelöst werden muß,
wenn es möglich sein soll, Rechtsfragen der Entscheidung des höchsten Ge¬
richtshofes vorzubehalten. Der Angriff gegen das Geschworenengericht, wel¬
cher auf der Unmöglichkeit der Trennung von That- und Rechtsfrage basirt,
löst sich daher in ein Mißverständniß auf. Es ist allerdings bequemer, form¬
los durch Hin- und Herreden abzustimmen, als alles bei der Abstimmung
Wesentliche unter Mitwirkung der Parteien vorher festzusetzen: aber daß die
häufig sehr ungeordneten Abstimmungen einheitlicher Collegien im Allgemeinen
ein zuverlässigeres Resultat gewähren müßten, läßt sich gewiß nicht behaupten.
L. v. Bar.
Das deutsche Schulwesen im vorigen Jahrhundert.
Bon or. K. B.
II.
Fast nirgends mehr als auf dem Gebiete des Erziehungs- und Unter¬
richtswesens sind es vorzugsweise immer einzelne reformatorische Geister ge¬
wesen, welche die stagnirende Bewegung in Fluß brachten und gleichsam ruck¬
weise ihre Zeit um ein gut Stück vorwärts rissen, worauf dann gewöhnlich
wieder ein Stillstand eintrat, bis abermals ein solcher Anstoß erfolgte und
einen neuen Fortschritt hervorrief. Es mag das zum Theil daher kommen,
daß gerade im Erziehungswesen, und namentlich dem öffentlichen, allzeit viel
erperimentirt worden ist, zum Theil daher, daß zumal das öffentliche Erziehungs¬
wesen und der Massenunterricht leicht einem gewissen Schlendrian und Mecha¬
nismus verfällt, so lange der Lehrerstand selbst nicht allgemein so durchge--
bildet ist, daß er von sich aus die ihm gegebenen Anregungen, und die ihm
gebotenen besseren Methoden fruchtbar zu machen und weiter zu entwickeln
die Fähigkeit und Beharrlichkeit besäße, — ein Zustand, der selbst heute,
trotz unserer so viel vervollkommneten Lehrerbildungsanstalten noch bet wei¬
tem nicht erreicht ist.
Auch im vorigen Jahrhundert sehen wir das Erziehungswesen bald im
Allgemeinen, bald in seinen einzelnen Zweigen durch solche persönliche Einflüsse
gefördert, von Zeit zu Zeit einen ungewöhnlichen Aufschwung nehmen, aber
leider auch nur zu oft wieder in die alten Geleise zurückfallen, und die
Sisyphusarbeit immer von neuem beginnen.
Locke, Nosseau, Gesner, Ernesti, Basedow, Campe, Salzmann, Fellenberg,
Pestalozzi — welch' eine Reihe glänzender Namen, und doch wie wenig im
Ganzen nachhaltige Erfolge, wie viel hastige, vielverheißende Anläufe, und
wie selten dem entspechende wirklich praktische Resultate!
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