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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

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schenkt werden, deren wir bedürfen, um unseres Glückes froh und würdig zu
werden, und die sich bei der erstmaligen Berathung der Steuerreform noch
L --r. keineswegs zeigen wollte.




Lin Wort an Kleinere Kapitalisten.*)

Die Erhöhung der Preise so mancher Bedürfnisse des Lebens und der
Arbeitslöhne hat der Meinung einer starken Entwertung des Geldes in un¬
serer Zeit großen Vorschub geleistet und zur Schadloshaltung ist dafür die
Betheiligung an Grundstücken in aufstrebenden Städten und an gesunden in¬
dustriellen Unternehmungen empfohlen worden.

Es läßt sich gewiß nicht leugnen, daß in den letzten Jahren, und na¬
mentlich seit Beendigung des deutsch-französischen Krieges, viele Bedürfnisse
des Lebens, -- als Miethen. Fleisch, Arbeitslöhne -- stark gestiegen sind und
man sich heute nicht mehr denselben Comfort des Lebens für dieselbe Summe
Geldes verschaffen kann.

Wer die nöthige Einsicht hat, um ein sicheres Urtheil sich selbst zu bilden,
was gesund und was ein Product überreizter Speculation ist, für den mag
sich auch eine Betheiligung an industriellen Actien-Unternehmungen oder Er¬
werb von Grundstücken eignen -- ich möchte nur jene Leute, welche durch
ihre Stellung im Leben dem kaufmännischen Treiben ferner stehen, warnen,
nicht leichten Sinnes ihre sauer ersparten Vermögen an Unternehmungen zu
wagen, die ihnen vielleicht große Dividenden versprechen, von deren Solidität
sie aber keine sichere Ueberzeugung haben.

Denn Niemand sollte vergessen, daß große Dividenden und große Risicos
fast immer Hand in Hand gehen.

Besonders sind jetzt jene Unternehmungen aufgekommen, welche ein be¬
stehendes lucratives Etablissement auf Actien übernehmen und durch Aus¬
dehnung zu noch erhöhter Rentabilität bringen wollen. Ich bin nun der
unmaßgeblichen Meinung, daß aus reiner Menschenliebe so leicht Niemand
sein lucratives, von ihm vielleicht durch lange schwere Zeiten endlich zur
Blüthe geführtes Unternehmen einem Consortium überläßt, sondern daß in
9 unter 10 Fällen der Abgeber die Konditionen für sich so luerativ ansieht.



") Wir erhielten die vorstehenden Betrachtungen von einem Kaufmann aus Hannover, mit
der Bitte um Abdruck in den Grenzboten zugesendet, einem Ansuchen, dem wir gern will¬
D. Red. fahren.

schenkt werden, deren wir bedürfen, um unseres Glückes froh und würdig zu
werden, und die sich bei der erstmaligen Berathung der Steuerreform noch
L —r. keineswegs zeigen wollte.




Lin Wort an Kleinere Kapitalisten.*)

Die Erhöhung der Preise so mancher Bedürfnisse des Lebens und der
Arbeitslöhne hat der Meinung einer starken Entwertung des Geldes in un¬
serer Zeit großen Vorschub geleistet und zur Schadloshaltung ist dafür die
Betheiligung an Grundstücken in aufstrebenden Städten und an gesunden in¬
dustriellen Unternehmungen empfohlen worden.

Es läßt sich gewiß nicht leugnen, daß in den letzten Jahren, und na¬
mentlich seit Beendigung des deutsch-französischen Krieges, viele Bedürfnisse
des Lebens, — als Miethen. Fleisch, Arbeitslöhne — stark gestiegen sind und
man sich heute nicht mehr denselben Comfort des Lebens für dieselbe Summe
Geldes verschaffen kann.

Wer die nöthige Einsicht hat, um ein sicheres Urtheil sich selbst zu bilden,
was gesund und was ein Product überreizter Speculation ist, für den mag
sich auch eine Betheiligung an industriellen Actien-Unternehmungen oder Er¬
werb von Grundstücken eignen — ich möchte nur jene Leute, welche durch
ihre Stellung im Leben dem kaufmännischen Treiben ferner stehen, warnen,
nicht leichten Sinnes ihre sauer ersparten Vermögen an Unternehmungen zu
wagen, die ihnen vielleicht große Dividenden versprechen, von deren Solidität
sie aber keine sichere Ueberzeugung haben.

Denn Niemand sollte vergessen, daß große Dividenden und große Risicos
fast immer Hand in Hand gehen.

Besonders sind jetzt jene Unternehmungen aufgekommen, welche ein be¬
stehendes lucratives Etablissement auf Actien übernehmen und durch Aus¬
dehnung zu noch erhöhter Rentabilität bringen wollen. Ich bin nun der
unmaßgeblichen Meinung, daß aus reiner Menschenliebe so leicht Niemand
sein lucratives, von ihm vielleicht durch lange schwere Zeiten endlich zur
Blüthe geführtes Unternehmen einem Consortium überläßt, sondern daß in
9 unter 10 Fällen der Abgeber die Konditionen für sich so luerativ ansieht.



") Wir erhielten die vorstehenden Betrachtungen von einem Kaufmann aus Hannover, mit
der Bitte um Abdruck in den Grenzboten zugesendet, einem Ansuchen, dem wir gern will¬
D. Red. fahren.
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[0084] schenkt werden, deren wir bedürfen, um unseres Glückes froh und würdig zu werden, und die sich bei der erstmaligen Berathung der Steuerreform noch L —r. keineswegs zeigen wollte. Lin Wort an Kleinere Kapitalisten.*) Die Erhöhung der Preise so mancher Bedürfnisse des Lebens und der Arbeitslöhne hat der Meinung einer starken Entwertung des Geldes in un¬ serer Zeit großen Vorschub geleistet und zur Schadloshaltung ist dafür die Betheiligung an Grundstücken in aufstrebenden Städten und an gesunden in¬ dustriellen Unternehmungen empfohlen worden. Es läßt sich gewiß nicht leugnen, daß in den letzten Jahren, und na¬ mentlich seit Beendigung des deutsch-französischen Krieges, viele Bedürfnisse des Lebens, — als Miethen. Fleisch, Arbeitslöhne — stark gestiegen sind und man sich heute nicht mehr denselben Comfort des Lebens für dieselbe Summe Geldes verschaffen kann. Wer die nöthige Einsicht hat, um ein sicheres Urtheil sich selbst zu bilden, was gesund und was ein Product überreizter Speculation ist, für den mag sich auch eine Betheiligung an industriellen Actien-Unternehmungen oder Er¬ werb von Grundstücken eignen — ich möchte nur jene Leute, welche durch ihre Stellung im Leben dem kaufmännischen Treiben ferner stehen, warnen, nicht leichten Sinnes ihre sauer ersparten Vermögen an Unternehmungen zu wagen, die ihnen vielleicht große Dividenden versprechen, von deren Solidität sie aber keine sichere Ueberzeugung haben. Denn Niemand sollte vergessen, daß große Dividenden und große Risicos fast immer Hand in Hand gehen. Besonders sind jetzt jene Unternehmungen aufgekommen, welche ein be¬ stehendes lucratives Etablissement auf Actien übernehmen und durch Aus¬ dehnung zu noch erhöhter Rentabilität bringen wollen. Ich bin nun der unmaßgeblichen Meinung, daß aus reiner Menschenliebe so leicht Niemand sein lucratives, von ihm vielleicht durch lange schwere Zeiten endlich zur Blüthe geführtes Unternehmen einem Consortium überläßt, sondern daß in 9 unter 10 Fällen der Abgeber die Konditionen für sich so luerativ ansieht. ") Wir erhielten die vorstehenden Betrachtungen von einem Kaufmann aus Hannover, mit der Bitte um Abdruck in den Grenzboten zugesendet, einem Ansuchen, dem wir gern will¬ D. Red. fahren.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/84>, abgerufen am 28.06.2024.