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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

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als sie die Militär isch e Erzi ehung der Nation bedeute, nur insofern, als
sie die Jugend des Volkes hineinführe in festgeschloffene Rahmen, welche aus Be¬
rufssoldaten gebildet sind. Wenn man erwägt, welche furchtbaren Anstrengungen,
Entbehrungen, Verluste und Leiden die deutschen Heerestheile - bereits durch¬
gemacht und erlitten hatten, als ihnen die Massenheere Gambetta's entgegen¬
geführt wurden, die ihnen an Zahl fast überall gewaltig überlegen waren,
und wenn man dann sieht, wie diese Wogen des Volksaufgebots eine
nach der andern an jenen ruhig und schnell vorschreitender Corps zerschellen,
dann erkennt man, was Mannszucht. Befehlsordnung und feste Formen werth
sind, und wer etwa bisher noch unentschieden schwanken mochte, ob er der Idee
des Milizheeres oder der des Cadreheeres den Vorzug geben sollte, dem wird
der Volkskrieg in Frankreich die Augen geöffnet haben.




Ile Laurium-Mum und die Lauinen-Irage.

Vor einem halben Jahre legten sich zwei deutsche Kriegsschiffe vor Port-
au-Prince auf Haiti, drohten mit Beschießung und verschafften deutschen
Kaufleuten ihr gutes Recht. Wenn heute italienische und französische Schiffe
im Piräus erschienen und ein Bombardement in Aussicht stellten, falls die
griechische Negierung den Herren Serpieri und Roux ihr Recht nicht gewährt,
so wäre das genau derselbe Fall. Die Regierung des Königreichs Griechen¬
land ist nicht um ein Haar besser als jene der Negerrepublik Haiti. Jetzt, wo
allerdings die Intervention Frankreichs und Italiens angekündigt ist, wo man
in Athen sieht, daß Ernst gemacht wird, da dreht und wendet man sich auf
eine abscheuliche Welses da entstellt man Thatsachen und macht das alte Wort
Oraeeia mena-rx wieder zur Wahrheit. Wir wissen freilich, daß es mit diesem
Griechenland und seinem Pseudohellenenthum schon sehr weit gekommen ist;
habgieriger, schmutziger tritt dieser Staat von Großmachtsgnaden nach außen
aber nirgends auf, als in der Lauriumfrage. Allen Respect vor den
Türken, die wenigstens Hornet die Absicht haben, ihre Schulden zu be¬
zahlen! Diese mohammedanische Türkei schreitet vorwärts -- natürlich auch
eum gis.no xalis -- aber das christliche Griechenland, für das so viele --
Ignoranten und tüchtige Leute schwärmten, das man bejammerte ob des


als sie die Militär isch e Erzi ehung der Nation bedeute, nur insofern, als
sie die Jugend des Volkes hineinführe in festgeschloffene Rahmen, welche aus Be¬
rufssoldaten gebildet sind. Wenn man erwägt, welche furchtbaren Anstrengungen,
Entbehrungen, Verluste und Leiden die deutschen Heerestheile - bereits durch¬
gemacht und erlitten hatten, als ihnen die Massenheere Gambetta's entgegen¬
geführt wurden, die ihnen an Zahl fast überall gewaltig überlegen waren,
und wenn man dann sieht, wie diese Wogen des Volksaufgebots eine
nach der andern an jenen ruhig und schnell vorschreitender Corps zerschellen,
dann erkennt man, was Mannszucht. Befehlsordnung und feste Formen werth
sind, und wer etwa bisher noch unentschieden schwanken mochte, ob er der Idee
des Milizheeres oder der des Cadreheeres den Vorzug geben sollte, dem wird
der Volkskrieg in Frankreich die Augen geöffnet haben.




Ile Laurium-Mum und die Lauinen-Irage.

Vor einem halben Jahre legten sich zwei deutsche Kriegsschiffe vor Port-
au-Prince auf Haiti, drohten mit Beschießung und verschafften deutschen
Kaufleuten ihr gutes Recht. Wenn heute italienische und französische Schiffe
im Piräus erschienen und ein Bombardement in Aussicht stellten, falls die
griechische Negierung den Herren Serpieri und Roux ihr Recht nicht gewährt,
so wäre das genau derselbe Fall. Die Regierung des Königreichs Griechen¬
land ist nicht um ein Haar besser als jene der Negerrepublik Haiti. Jetzt, wo
allerdings die Intervention Frankreichs und Italiens angekündigt ist, wo man
in Athen sieht, daß Ernst gemacht wird, da dreht und wendet man sich auf
eine abscheuliche Welses da entstellt man Thatsachen und macht das alte Wort
Oraeeia mena-rx wieder zur Wahrheit. Wir wissen freilich, daß es mit diesem
Griechenland und seinem Pseudohellenenthum schon sehr weit gekommen ist;
habgieriger, schmutziger tritt dieser Staat von Großmachtsgnaden nach außen
aber nirgends auf, als in der Lauriumfrage. Allen Respect vor den
Türken, die wenigstens Hornet die Absicht haben, ihre Schulden zu be¬
zahlen! Diese mohammedanische Türkei schreitet vorwärts — natürlich auch
eum gis.no xalis — aber das christliche Griechenland, für das so viele —
Ignoranten und tüchtige Leute schwärmten, das man bejammerte ob des


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[0236] als sie die Militär isch e Erzi ehung der Nation bedeute, nur insofern, als sie die Jugend des Volkes hineinführe in festgeschloffene Rahmen, welche aus Be¬ rufssoldaten gebildet sind. Wenn man erwägt, welche furchtbaren Anstrengungen, Entbehrungen, Verluste und Leiden die deutschen Heerestheile - bereits durch¬ gemacht und erlitten hatten, als ihnen die Massenheere Gambetta's entgegen¬ geführt wurden, die ihnen an Zahl fast überall gewaltig überlegen waren, und wenn man dann sieht, wie diese Wogen des Volksaufgebots eine nach der andern an jenen ruhig und schnell vorschreitender Corps zerschellen, dann erkennt man, was Mannszucht. Befehlsordnung und feste Formen werth sind, und wer etwa bisher noch unentschieden schwanken mochte, ob er der Idee des Milizheeres oder der des Cadreheeres den Vorzug geben sollte, dem wird der Volkskrieg in Frankreich die Augen geöffnet haben. Ile Laurium-Mum und die Lauinen-Irage. Vor einem halben Jahre legten sich zwei deutsche Kriegsschiffe vor Port- au-Prince auf Haiti, drohten mit Beschießung und verschafften deutschen Kaufleuten ihr gutes Recht. Wenn heute italienische und französische Schiffe im Piräus erschienen und ein Bombardement in Aussicht stellten, falls die griechische Negierung den Herren Serpieri und Roux ihr Recht nicht gewährt, so wäre das genau derselbe Fall. Die Regierung des Königreichs Griechen¬ land ist nicht um ein Haar besser als jene der Negerrepublik Haiti. Jetzt, wo allerdings die Intervention Frankreichs und Italiens angekündigt ist, wo man in Athen sieht, daß Ernst gemacht wird, da dreht und wendet man sich auf eine abscheuliche Welses da entstellt man Thatsachen und macht das alte Wort Oraeeia mena-rx wieder zur Wahrheit. Wir wissen freilich, daß es mit diesem Griechenland und seinem Pseudohellenenthum schon sehr weit gekommen ist; habgieriger, schmutziger tritt dieser Staat von Großmachtsgnaden nach außen aber nirgends auf, als in der Lauriumfrage. Allen Respect vor den Türken, die wenigstens Hornet die Absicht haben, ihre Schulden zu be¬ zahlen! Diese mohammedanische Türkei schreitet vorwärts — natürlich auch eum gis.no xalis — aber das christliche Griechenland, für das so viele — Ignoranten und tüchtige Leute schwärmten, das man bejammerte ob des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/236>, abgerufen am 28.06.2024.