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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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seinen, wie es scheint unbeschränkten Mitteln viel, und um kolossale Preise
kaufte. So erwarb dasselbe u. A. die älteste, nur in einem Exemplare be¬
kannte vollständige Ausgabe der ^.rs morioncli (Ur. 233), 11 Holzschnitte
und 13 Seiten Text um den unerhörten Preis von 7180 Thaler und würde
noch weit mehr dafür gezahlt haben, wenn nicht das Germanische Museum,
durch den zu hohen Preis abgeschreckt, den Kampf aufgegeben hätte. Dasselbe
Museum kaufte ferner noch eine andere Ausgabe desselben Werkes (Ur. 236)
um 1243 Thaler, ein vollständiges Exemplar der ersten xylographischen Aus¬
gabe der Apokalypsis Se. Johannis <2S3) für 3310 Thaler, eine Lirlvo r.'gilt-r
in 14 Blättern (Ur. 260) um 160S Thaler, eine xylographische Ausgabe der
bitten pluiperum von 1470 (Ur. 272) um 2091 Thaler, acht gedruckte
Bullen (Ur. 512--19) um 1268 Thaler u. s. w. Ein englischer Kunst¬
händler bezahlte 1800 Thaler für 4 Spielkarten des Meisters E. S. (Ur. 317)
und 2800 Thaler für die Krönung Marine (Ur. 413) von Martin Schonesauer.
Das Berliner Museum kaufte nur die 12 Apostel des Meisters E. S. (Ur.
R. Bergan, 431) um 506 Thaler.




Wiener "Irchzuftiinde.

Die Schwenkung der "Neuen Freien Presse" in der Beurtheilung der
deutschen Angelegenheiten ist in den deutschen Blättern nicht ganz unbemerkt
geblieben namentlich von der Berliner "Nationalzeitung" gebührend beleuchtet
worden. Allein diese Thatsache ist ein vereinzeltes Symptom, welches etwa
in der Unachtsamkeit der Redaction oder der Rancüne eines antipreußischen
Mitarbeiters eine Erklärung findet, sondern es ist eine auffällige Erscheinung,
die sich seit einiger Zeit in den meisten derjenigen Blätter geltend macht,
welche in einem mehr oder weniger innigen Verhältniß zum Preßbureau stehen.

Die österreichische Regierung schlägt nämlich einen ganz andern Weg
ein, um ihre Meinungen unter die Leute zubringen, als es in Preußen der
Fall ist. Während man dort so ehrlich ist, den officiösen Charakter eines
Blattes gegen Jedermann einzugestehen und diesen Stempel schon an der Stirne
trägt, so ist hier das gerade Gegentheil der Fall. Die Regierung bedient sich
keines Organes, wie etwa die "norddeutsche Allgemeine Zeitung" oder die
"Provinzialcorrespondenz", sind, denn die "Wiener Zeitung" und die "Wiener
Abendpost" entsprechen nur dem preußischen "Staatsanzeiger." sondern sie
unterhält, um ihre Maaßregeln und ihre Politik zu vertheidigen, ein intimes
Verhältniß mit einer Reihe von Blättern, welche dem Publicum gegenüber


seinen, wie es scheint unbeschränkten Mitteln viel, und um kolossale Preise
kaufte. So erwarb dasselbe u. A. die älteste, nur in einem Exemplare be¬
kannte vollständige Ausgabe der ^.rs morioncli (Ur. 233), 11 Holzschnitte
und 13 Seiten Text um den unerhörten Preis von 7180 Thaler und würde
noch weit mehr dafür gezahlt haben, wenn nicht das Germanische Museum,
durch den zu hohen Preis abgeschreckt, den Kampf aufgegeben hätte. Dasselbe
Museum kaufte ferner noch eine andere Ausgabe desselben Werkes (Ur. 236)
um 1243 Thaler, ein vollständiges Exemplar der ersten xylographischen Aus¬
gabe der Apokalypsis Se. Johannis <2S3) für 3310 Thaler, eine Lirlvo r.'gilt-r
in 14 Blättern (Ur. 260) um 160S Thaler, eine xylographische Ausgabe der
bitten pluiperum von 1470 (Ur. 272) um 2091 Thaler, acht gedruckte
Bullen (Ur. 512—19) um 1268 Thaler u. s. w. Ein englischer Kunst¬
händler bezahlte 1800 Thaler für 4 Spielkarten des Meisters E. S. (Ur. 317)
und 2800 Thaler für die Krönung Marine (Ur. 413) von Martin Schonesauer.
Das Berliner Museum kaufte nur die 12 Apostel des Meisters E. S. (Ur.
R. Bergan, 431) um 506 Thaler.




Wiener "Irchzuftiinde.

Die Schwenkung der „Neuen Freien Presse" in der Beurtheilung der
deutschen Angelegenheiten ist in den deutschen Blättern nicht ganz unbemerkt
geblieben namentlich von der Berliner „Nationalzeitung" gebührend beleuchtet
worden. Allein diese Thatsache ist ein vereinzeltes Symptom, welches etwa
in der Unachtsamkeit der Redaction oder der Rancüne eines antipreußischen
Mitarbeiters eine Erklärung findet, sondern es ist eine auffällige Erscheinung,
die sich seit einiger Zeit in den meisten derjenigen Blätter geltend macht,
welche in einem mehr oder weniger innigen Verhältniß zum Preßbureau stehen.

Die österreichische Regierung schlägt nämlich einen ganz andern Weg
ein, um ihre Meinungen unter die Leute zubringen, als es in Preußen der
Fall ist. Während man dort so ehrlich ist, den officiösen Charakter eines
Blattes gegen Jedermann einzugestehen und diesen Stempel schon an der Stirne
trägt, so ist hier das gerade Gegentheil der Fall. Die Regierung bedient sich
keines Organes, wie etwa die „norddeutsche Allgemeine Zeitung" oder die
„Provinzialcorrespondenz", sind, denn die „Wiener Zeitung" und die „Wiener
Abendpost" entsprechen nur dem preußischen „Staatsanzeiger." sondern sie
unterhält, um ihre Maaßregeln und ihre Politik zu vertheidigen, ein intimes
Verhältniß mit einer Reihe von Blättern, welche dem Publicum gegenüber


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/79>, abgerufen am 30.12.2024.