Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.Deutsche Staatsmänner und Abgeordnete" Clodwig, Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Die Wahrheit über bedeutende politische Zeitgenossen erfährt man nicht Niemand mochte dem Fürsten vorhersagen, daß er dereinst, mit Glücks¬ Grenzboten III. 1872. g
Deutsche Staatsmänner und Abgeordnete» Clodwig, Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst. Die Wahrheit über bedeutende politische Zeitgenossen erfährt man nicht Niemand mochte dem Fürsten vorhersagen, daß er dereinst, mit Glücks¬ Grenzboten III. 1872. g
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0049" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/127977"/> </div> <div n="1"> <head> Deutsche Staatsmänner und Abgeordnete»<lb/> Clodwig, Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst.</head><lb/> <p xml:id="ID_122"> Die Wahrheit über bedeutende politische Zeitgenossen erfährt man nicht<lb/> von denen, die an ihrer Seite ziehen oder mit ihnen im Hader liegen, nicht<lb/> aus den gefärbten Berichten der Tagespresse, die meist dem Erfolg des Augen¬<lb/> blicks dienstbar ist, nicht aus dem Urtheil der herrschenden Meinung, sondern<lb/> aus dem Lebensgang, den Worten und Werken, die den Mann' kennzeichnen;<lb/> und am sichersten, wenn die übereinstimmende Liebe und Achtung aller pa¬<lb/> triotischen Männer dem aus der großen Oeffentlichkeit scheidenden Politiker<lb/> aufrichtig und dauernd nachfolgt. Von diesem Gesichtspunkt aus möchten wir un¬<lb/> sern Lesern das Leben und Wirken des Fürsten Hohenlohe-Schillingsfürst<lb/> vorführen an der Hand vorzüglicher Quellen. Der bayerische Premier Hohenlohe ist<lb/> gewesen, und nur der schlichte schweigsame bayerische Reichsrath und deutsche<lb/> Neichstagsabgeordnete Hohenlohe ist auf politischem Gebiete heut thätig. Alles<lb/> was in Bayern deutsch denkt und empfindet, blickt in die Vergangenheit, da<lb/> Hohenlohe das Staatsruder leitete, mit wahrem tiefem Heimweh zurück, zumal<lb/> seit nach dem frühen Tode des Grafen Hegnenberg-Dux zum Nachtheil der nationalen<lb/> Sache die alte geheime Vertraulichkeit zwischen München und Stuttgart sich ent¬<lb/> wickelt. Keiner von denen, welchen er als Minister zu preußisch oder zu<lb/> bayerisch, zu fromm oder zu freigläubig gewesen, verkennt heutzutage, daß er<lb/> das Staatsschiff unter schwierigsten Verhältnissen mit großer Kunst durch die<lb/> enge richtige Straße gesteuert hat. So lautet das übereinstimmende Urtheil<lb/> schon heut über ihn. Verfolgen wir seine Laufbahn.</p><lb/> <p xml:id="ID_123" next="#ID_124"> Niemand mochte dem Fürsten vorhersagen, daß er dereinst, mit Glücks¬<lb/> gütern reich gesegnet, ein hervorragendes Haupt deutschen Adels, seinem Ge¬<lb/> schlecht insbesondere, sein werde, als er am 31. März 1819 dem Fürsten<lb/> Franz Joseph von Hohenlohe-Schillingsfürst (Waldenburgische<lb/> Linie) zu Rothenburg in Hessen geboren ward. Denn er war der zweit-<lb/> geborne Sohn, und die sehr zahlreiche Familie hatte, durch Unfälle aller Art<lb/> in ihrem Vermögen zurückgekommen, keine Secundogenituren zu vergeben.<lb/> So ward Clodwig Carl Victor schon früh zum Schaffen und Lernen, zum<lb/> Schmied des eigenen Glückes bestimmt, während dem älteren Bruder, dem</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III. 1872. g</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0049]
Deutsche Staatsmänner und Abgeordnete»
Clodwig, Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst.
Die Wahrheit über bedeutende politische Zeitgenossen erfährt man nicht
von denen, die an ihrer Seite ziehen oder mit ihnen im Hader liegen, nicht
aus den gefärbten Berichten der Tagespresse, die meist dem Erfolg des Augen¬
blicks dienstbar ist, nicht aus dem Urtheil der herrschenden Meinung, sondern
aus dem Lebensgang, den Worten und Werken, die den Mann' kennzeichnen;
und am sichersten, wenn die übereinstimmende Liebe und Achtung aller pa¬
triotischen Männer dem aus der großen Oeffentlichkeit scheidenden Politiker
aufrichtig und dauernd nachfolgt. Von diesem Gesichtspunkt aus möchten wir un¬
sern Lesern das Leben und Wirken des Fürsten Hohenlohe-Schillingsfürst
vorführen an der Hand vorzüglicher Quellen. Der bayerische Premier Hohenlohe ist
gewesen, und nur der schlichte schweigsame bayerische Reichsrath und deutsche
Neichstagsabgeordnete Hohenlohe ist auf politischem Gebiete heut thätig. Alles
was in Bayern deutsch denkt und empfindet, blickt in die Vergangenheit, da
Hohenlohe das Staatsruder leitete, mit wahrem tiefem Heimweh zurück, zumal
seit nach dem frühen Tode des Grafen Hegnenberg-Dux zum Nachtheil der nationalen
Sache die alte geheime Vertraulichkeit zwischen München und Stuttgart sich ent¬
wickelt. Keiner von denen, welchen er als Minister zu preußisch oder zu
bayerisch, zu fromm oder zu freigläubig gewesen, verkennt heutzutage, daß er
das Staatsschiff unter schwierigsten Verhältnissen mit großer Kunst durch die
enge richtige Straße gesteuert hat. So lautet das übereinstimmende Urtheil
schon heut über ihn. Verfolgen wir seine Laufbahn.
Niemand mochte dem Fürsten vorhersagen, daß er dereinst, mit Glücks¬
gütern reich gesegnet, ein hervorragendes Haupt deutschen Adels, seinem Ge¬
schlecht insbesondere, sein werde, als er am 31. März 1819 dem Fürsten
Franz Joseph von Hohenlohe-Schillingsfürst (Waldenburgische
Linie) zu Rothenburg in Hessen geboren ward. Denn er war der zweit-
geborne Sohn, und die sehr zahlreiche Familie hatte, durch Unfälle aller Art
in ihrem Vermögen zurückgekommen, keine Secundogenituren zu vergeben.
So ward Clodwig Carl Victor schon früh zum Schaffen und Lernen, zum
Schmied des eigenen Glückes bestimmt, während dem älteren Bruder, dem
Grenzboten III. 1872. g
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |