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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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blühte an der Straße der Eroberung, auf all den Stätten, die so viel Blut
getrunken, das friedliche Werk des deutschen Landmannes und des Cisterzien-
sermönches. Da kamen die Ansiedler aus Brabant und Flandern, da blühten
die ehrwürdigen Städte der Altmark in ungeahnter Weise auf. und der Kauf¬
mann aus Stendal und Soltwedel führte seine Waaren weit ins Wenden¬
land hinein: ein edler, rüstiger Wetteifer beseelte alle Stände der Gesell¬
schaft.

Den Stifter dieses Werkes aber, den 1160 die Gruft im Brandenburger
Dom empfing, haben seine Zeitgenossen den Schönen genannt; spätere Ge¬
schlechter haben dem allzeit kampfbereiten Helden im Gegensatz zu seinem lö-
wenmuthiger Feind den Beinamen des Bären gegeben, der Brandenburger
darf mit vollem Recht seinen ersten Markgrafen "Albrecht den Großen"
nennen.


Lehnin und Himmelpforte.

Mitten im Ländchen Zauche liegt Kloster Lehnin, einer der ersten Stütz¬
punkte deutscher Herrschaft in den Marken. Noch heute lebt in alter Sage
die Gründungsgeschichte der ehemaligen, hochberühmten Abtei im Munde des
Landvolkes. Die überall verbreitete Sage von dem verfolgten Hirsch mit dem
goldenen Kreuz im Geweih; wo er dem Verfolger Markgrafen Otto I. sich
zeigte, gründete der Fürst Kloster Lehnin.

Die Abtei Lehnin liegt außerordentlich schön. Die märkische Natur hat
diesem Fleck Erde ihre anziehendsten Gaben verliehen: Seen mit blitzenden
Wasserspiegeln, Wälder mit schlanken Fichten und prächtigen Eichen und
Buchen. Einstmals war Lehnin ein stark befestigter Platz, Sümpfe umgaben
rings das Kloster, nur ein Damm führte von der Klostermühle zu dem
Hauptthore der starken Mauern; -- wehe dem, der über die trügerische Ra¬
sendecke des Moores nahen wollte. Spuren alter Befestigungen sind
heute noch sichtbar und von den Thürmen, die einst die Mauern schmückten,
grüßt noch einer als hohe Warte hin über den See, freilich verfallen und der
Zinnen beraubt. Das Alles legt Zeugniß ab von den Kämpfen, welche die
Cisterzienser mit der heidnischen Bevölkerung noch zu bestehen hatten. Heut
drückt das verfallene Kloster der Landschaft einen eigenthümlichen Charakter
von Wehmuth auf.

In Kloster Lehnin ruhen die Markgrafen Ballenstädtischen Stammes
aus der Ottonischen Linie, Otto I.. Otto II., Albrecht II. und seine Gemah¬
lin, Mathilde von der Lausitz, Otto der Lange mit seinen Kindern Albrecht
und Mathilde, Otto der Kleine, Hermann der Lange und sein Sohn Johann,
mit welchem dieser Zweig des Fürstenhauses im Jahre 1317 ausstarb. Auch
die beiden ersten Zollern, welche bis zu ihrem Tode in der Mark blieben,


blühte an der Straße der Eroberung, auf all den Stätten, die so viel Blut
getrunken, das friedliche Werk des deutschen Landmannes und des Cisterzien-
sermönches. Da kamen die Ansiedler aus Brabant und Flandern, da blühten
die ehrwürdigen Städte der Altmark in ungeahnter Weise auf. und der Kauf¬
mann aus Stendal und Soltwedel führte seine Waaren weit ins Wenden¬
land hinein: ein edler, rüstiger Wetteifer beseelte alle Stände der Gesell¬
schaft.

Den Stifter dieses Werkes aber, den 1160 die Gruft im Brandenburger
Dom empfing, haben seine Zeitgenossen den Schönen genannt; spätere Ge¬
schlechter haben dem allzeit kampfbereiten Helden im Gegensatz zu seinem lö-
wenmuthiger Feind den Beinamen des Bären gegeben, der Brandenburger
darf mit vollem Recht seinen ersten Markgrafen „Albrecht den Großen"
nennen.


Lehnin und Himmelpforte.

Mitten im Ländchen Zauche liegt Kloster Lehnin, einer der ersten Stütz¬
punkte deutscher Herrschaft in den Marken. Noch heute lebt in alter Sage
die Gründungsgeschichte der ehemaligen, hochberühmten Abtei im Munde des
Landvolkes. Die überall verbreitete Sage von dem verfolgten Hirsch mit dem
goldenen Kreuz im Geweih; wo er dem Verfolger Markgrafen Otto I. sich
zeigte, gründete der Fürst Kloster Lehnin.

Die Abtei Lehnin liegt außerordentlich schön. Die märkische Natur hat
diesem Fleck Erde ihre anziehendsten Gaben verliehen: Seen mit blitzenden
Wasserspiegeln, Wälder mit schlanken Fichten und prächtigen Eichen und
Buchen. Einstmals war Lehnin ein stark befestigter Platz, Sümpfe umgaben
rings das Kloster, nur ein Damm führte von der Klostermühle zu dem
Hauptthore der starken Mauern; — wehe dem, der über die trügerische Ra¬
sendecke des Moores nahen wollte. Spuren alter Befestigungen sind
heute noch sichtbar und von den Thürmen, die einst die Mauern schmückten,
grüßt noch einer als hohe Warte hin über den See, freilich verfallen und der
Zinnen beraubt. Das Alles legt Zeugniß ab von den Kämpfen, welche die
Cisterzienser mit der heidnischen Bevölkerung noch zu bestehen hatten. Heut
drückt das verfallene Kloster der Landschaft einen eigenthümlichen Charakter
von Wehmuth auf.

In Kloster Lehnin ruhen die Markgrafen Ballenstädtischen Stammes
aus der Ottonischen Linie, Otto I.. Otto II., Albrecht II. und seine Gemah¬
lin, Mathilde von der Lausitz, Otto der Lange mit seinen Kindern Albrecht
und Mathilde, Otto der Kleine, Hermann der Lange und sein Sohn Johann,
mit welchem dieser Zweig des Fürstenhauses im Jahre 1317 ausstarb. Auch
die beiden ersten Zollern, welche bis zu ihrem Tode in der Mark blieben,


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[0382] blühte an der Straße der Eroberung, auf all den Stätten, die so viel Blut getrunken, das friedliche Werk des deutschen Landmannes und des Cisterzien- sermönches. Da kamen die Ansiedler aus Brabant und Flandern, da blühten die ehrwürdigen Städte der Altmark in ungeahnter Weise auf. und der Kauf¬ mann aus Stendal und Soltwedel führte seine Waaren weit ins Wenden¬ land hinein: ein edler, rüstiger Wetteifer beseelte alle Stände der Gesell¬ schaft. Den Stifter dieses Werkes aber, den 1160 die Gruft im Brandenburger Dom empfing, haben seine Zeitgenossen den Schönen genannt; spätere Ge¬ schlechter haben dem allzeit kampfbereiten Helden im Gegensatz zu seinem lö- wenmuthiger Feind den Beinamen des Bären gegeben, der Brandenburger darf mit vollem Recht seinen ersten Markgrafen „Albrecht den Großen" nennen. Lehnin und Himmelpforte. Mitten im Ländchen Zauche liegt Kloster Lehnin, einer der ersten Stütz¬ punkte deutscher Herrschaft in den Marken. Noch heute lebt in alter Sage die Gründungsgeschichte der ehemaligen, hochberühmten Abtei im Munde des Landvolkes. Die überall verbreitete Sage von dem verfolgten Hirsch mit dem goldenen Kreuz im Geweih; wo er dem Verfolger Markgrafen Otto I. sich zeigte, gründete der Fürst Kloster Lehnin. Die Abtei Lehnin liegt außerordentlich schön. Die märkische Natur hat diesem Fleck Erde ihre anziehendsten Gaben verliehen: Seen mit blitzenden Wasserspiegeln, Wälder mit schlanken Fichten und prächtigen Eichen und Buchen. Einstmals war Lehnin ein stark befestigter Platz, Sümpfe umgaben rings das Kloster, nur ein Damm führte von der Klostermühle zu dem Hauptthore der starken Mauern; — wehe dem, der über die trügerische Ra¬ sendecke des Moores nahen wollte. Spuren alter Befestigungen sind heute noch sichtbar und von den Thürmen, die einst die Mauern schmückten, grüßt noch einer als hohe Warte hin über den See, freilich verfallen und der Zinnen beraubt. Das Alles legt Zeugniß ab von den Kämpfen, welche die Cisterzienser mit der heidnischen Bevölkerung noch zu bestehen hatten. Heut drückt das verfallene Kloster der Landschaft einen eigenthümlichen Charakter von Wehmuth auf. In Kloster Lehnin ruhen die Markgrafen Ballenstädtischen Stammes aus der Ottonischen Linie, Otto I.. Otto II., Albrecht II. und seine Gemah¬ lin, Mathilde von der Lausitz, Otto der Lange mit seinen Kindern Albrecht und Mathilde, Otto der Kleine, Hermann der Lange und sein Sohn Johann, mit welchem dieser Zweig des Fürstenhauses im Jahre 1317 ausstarb. Auch die beiden ersten Zollern, welche bis zu ihrem Tode in der Mark blieben,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/382>, abgerufen am 21.12.2024.