Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.Ms den Wiener Archiven" Es ist bekanntlich ein allgemeiner Charakterzug unserer neueren Geschichts¬ Wenn nun in dieser Weise Wien zu den hauptsächlichsten Fundgruben Grenzboten II. 1871. 116
Ms den Wiener Archiven» Es ist bekanntlich ein allgemeiner Charakterzug unserer neueren Geschichts¬ Wenn nun in dieser Weise Wien zu den hauptsächlichsten Fundgruben Grenzboten II. 1871. 116
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Ms den Wiener Archiven»
Es ist bekanntlich ein allgemeiner Charakterzug unserer neueren Geschichts¬
schreibung, daß sie, wo immer möglich, sich an die urkundlichen und actenmäßigm
Quellen wendet; aus den Archiven liebt man sich seine Informationen zu
holen. Und wenn man früher mit Argwohn und Mißtrauen die Thüren
der Archive zugeschlossen gehalten und jeden Besucher unliebsam abgewehrt
hatte, so ist das jetzt ganz anders geworden. Man hat eingesehen, welche
Förderung der Ehre und dem Gerüchte historischer Personen durch genaue
und zuverlässige Kunde gebracht zu werden pflegt, und fast überall nimmt
Man nun denjenigen freundlich auf, der über vergangene Geschichten eines
Landes oder Hofes oder über das Leben einzelner hervorragender Menschen
Aufklärungen sucht. Verschieden ist der Grad der Freundlichkeit und Huma¬
nität, mit der Archivstudien an verschiedenen Stellen gefördert werden: aber
das System förmlicher Thorsperre wird doch heute kaum irgendwo noch ge¬
übt, etwa mit Ausnahme des Vaticans. Ganz besonders musterhaft, größer
irgendwo anders ist die Liberalität in Wien, seit Alfred von Arneth
die Direktion des Staatsarchivs übernommen. Nicht allein, daß von den
Ärchivbeamten selbst die nützlichsten Arbeiten unternommen sind, nicht allein
daß Arneth in ununterbrochener Folge zur östreichischen und zur europäischen
beschichte die allerschätzenswerthesten Beiträge geliefert hat, noch mehr in der
großartigsten Weise ist der Zutritt auch andern Forschern gestattet und wird
die Arbeit fremder Historiker hülfreich gefördert. Wir nennen nur die nord¬
deutschen Historiker Arnold Schäfer, Heinrich von Sybel, Karl von Noorden
und Leopold von Ranke, welche in letzter Zeit dort archivalische Studien ge¬
pflogen haben.
Wenn nun in dieser Weise Wien zu den hauptsächlichsten Fundgruben
Unserer Geschichtsbereicherung in letzter Zeit gehört, so ist ganz besonders
dankenswert!), daß einer der östreichischen Forscher, G. Wolf, eine „Ge¬
schichte der k. k. Archive in Wien" (Wien, Braumüller 1871) veröffent-
hat. Der Versasser berichtet über die ältesten Actensammlungen, die im
16- Jahrhundert schon angeordnet wurden, und stellt die vereinzelten Notizen
Grenzboten II. 1871. 116
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