Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, II. Semester. II. Band.praktischen Bedürfniß einer gemeinschaftlichen Gesetzgebung führt, wie Schwarze Der Reichstag schritt sogleich zur zweiten Berathung und genehmigte den Am 11. November stand das wichtige Münzgesetz zur ersten Berathung, Berliner Iriefe. Unter den ältern Zuschauern, welche gestern der Enthüllung des Schiller¬ praktischen Bedürfniß einer gemeinschaftlichen Gesetzgebung führt, wie Schwarze Der Reichstag schritt sogleich zur zweiten Berathung und genehmigte den Am 11. November stand das wichtige Münzgesetz zur ersten Berathung, Berliner Iriefe. Unter den ältern Zuschauern, welche gestern der Enthüllung des Schiller¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0278" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192579"/> <p xml:id="ID_1067" prev="#ID_1066"> praktischen Bedürfniß einer gemeinschaftlichen Gesetzgebung führt, wie Schwarze<lb/> bemerkte, der bisherige Ausschluß des bürgerlichen Rechts von der Reichs-<lb/> competenz lediglich dahinein jedem Ausnahmefall die Reichsverfassung zu<lb/> ändern. Es ist namentlich die Unmöglichkeit, das der Reichsgesetzgebung schon<lb/> zugewiesene Obligationenrecht von dem bürgerlichen Recht zu trennen, welches<lb/> den Antrag, abgesehen von den nationalen Gründen, aus technischen Noth¬<lb/> wendigkeiten fast unvermeidlich macht. Zuletzt sagte noch der bayerische Ab-<lb/> geordnete von Stauffenberg das durchschlagende Wort: „Kein Rechtsgebiet<lb/> war bisher groß und selbststän.dig genug, einen eigenen Juristenstand zu er¬<lb/> nähren; daher die große Unsicherheit in unserer gerichtlichen Praxis." Wollte<lb/> man die Rechtszersplitterung nur innerhalb der Einzelstaaten aufheben, so<lb/> würde man eine falsche, künstliche Centralisation an die Stelle der wahren und<lb/> natürlichen setzen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1068"> Der Reichstag schritt sogleich zur zweiten Berathung und genehmigte den<lb/> Antrag mit starker Mehrheit.</p><lb/> <p xml:id="ID_1069"> Am 11. November stand das wichtige Münzgesetz zur ersten Berathung,<lb/> die an diesem Tage noch nicht geschlossen wurde. Wir ziehen daher vor,<lb/> über diese Berathung erst zu berichten, wenn die ganze Verhandlung mit<lb/> ih<note type="byline"> L—r.</note> rem Resultate vorliegt. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Berliner Iriefe.</head><lb/> <p xml:id="ID_1070" next="#ID_1071"> Unter den ältern Zuschauern, welche gestern der Enthüllung des Schiller¬<lb/> denkmals beiwohnten, mögen sicher nur wenige gewesen sein, die nicht das<lb/> geistige Auge zurückschweisen ließen über das Jahrzwölft, welches verflossen ist,<lb/> seitdem der Grundstein dieses Denkmals gelegt wurde. So hoch waren die<lb/> Wogen des deutschen Enthusiasmus vorher niemals gestiegen, als an jenem<lb/> 10. November des Jahres 1839, wo es galt den hundertjährigen Geburts¬<lb/> tag, wenn nicht des größten, so doch des volkstümlichsten Dichters Deutsch¬<lb/> lands zu feiern. Bis nach Nußland und nach Amerika hatte die Begeisterung<lb/> mächtige Wogen geschlagen, von allen Seiten kamen Zeugnisse der Sympathie<lb/> und einen Augenblick konnte es wirklich scheinen, als ob das deutsche Volk<lb/> über alle Barrieren hinweg, welche der Eigennutz und das Vorurtheil auf¬<lb/> gerichtet hatte, in brüderlicher Umarmung und in friedlichem Wetteifer das</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0278]
praktischen Bedürfniß einer gemeinschaftlichen Gesetzgebung führt, wie Schwarze
bemerkte, der bisherige Ausschluß des bürgerlichen Rechts von der Reichs-
competenz lediglich dahinein jedem Ausnahmefall die Reichsverfassung zu
ändern. Es ist namentlich die Unmöglichkeit, das der Reichsgesetzgebung schon
zugewiesene Obligationenrecht von dem bürgerlichen Recht zu trennen, welches
den Antrag, abgesehen von den nationalen Gründen, aus technischen Noth¬
wendigkeiten fast unvermeidlich macht. Zuletzt sagte noch der bayerische Ab-
geordnete von Stauffenberg das durchschlagende Wort: „Kein Rechtsgebiet
war bisher groß und selbststän.dig genug, einen eigenen Juristenstand zu er¬
nähren; daher die große Unsicherheit in unserer gerichtlichen Praxis." Wollte
man die Rechtszersplitterung nur innerhalb der Einzelstaaten aufheben, so
würde man eine falsche, künstliche Centralisation an die Stelle der wahren und
natürlichen setzen.
Der Reichstag schritt sogleich zur zweiten Berathung und genehmigte den
Antrag mit starker Mehrheit.
Am 11. November stand das wichtige Münzgesetz zur ersten Berathung,
die an diesem Tage noch nicht geschlossen wurde. Wir ziehen daher vor,
über diese Berathung erst zu berichten, wenn die ganze Verhandlung mit
ih L—r. rem Resultate vorliegt.
Berliner Iriefe.
Unter den ältern Zuschauern, welche gestern der Enthüllung des Schiller¬
denkmals beiwohnten, mögen sicher nur wenige gewesen sein, die nicht das
geistige Auge zurückschweisen ließen über das Jahrzwölft, welches verflossen ist,
seitdem der Grundstein dieses Denkmals gelegt wurde. So hoch waren die
Wogen des deutschen Enthusiasmus vorher niemals gestiegen, als an jenem
10. November des Jahres 1839, wo es galt den hundertjährigen Geburts¬
tag, wenn nicht des größten, so doch des volkstümlichsten Dichters Deutsch¬
lands zu feiern. Bis nach Nußland und nach Amerika hatte die Begeisterung
mächtige Wogen geschlagen, von allen Seiten kamen Zeugnisse der Sympathie
und einen Augenblick konnte es wirklich scheinen, als ob das deutsche Volk
über alle Barrieren hinweg, welche der Eigennutz und das Vorurtheil auf¬
gerichtet hatte, in brüderlicher Umarmung und in friedlichem Wetteifer das
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