Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

vielmehr, daß Kaiser und Reich heute ihre Pflicht begreifen, die Vertheidiger
der wahren katholischen Lehre gegen das Papstthum zu schützen. Vielleicht,
daß sie auf diesem Wege den Lohn davontragen, d. h. die katholische Kirche
Deutschlands aufhört, den höchst irdischen Zwecken einer auswärtigen Macht
fremder Nationalität dienstbar zu sein. Erst damit wäre das deutsche Reich
C--r. auf nationaler Basis vollendet.




Die Kamburger UrmenjWungs-Irage.

Im Sommer 1867 stellte der bekannte Hamburger Jurist und Publizist,
Dr. Baumeister, in der Hamburger Bürgerschaft den durch eine geistvolle und
scharfsinnige Abhandlung ("die halböffentlichen milden Stiftungen in Ham¬
burg". Hoffmann u. Campe. 1869) nachmals näher erläuterten Antrag auf
Untersuchung der Frage, ob nicht gewisse in Hamburg bestehende Anstalten
und Stiftungen dem Staatsvermögen einzuverleiben, bezw. der Staatsver¬
waltung zu überweisen, und welche Ausführungs-Maßregeln bejahenden Falles
zu treffen seien.

Die Bürgerschaft ging auf diesen Antrag ein und ernannte im Frühjahr
1868 einen Prüfungs-Ausschuß. Dieser letztere, im Herbst 1869 auf sieben
Mitglieder verstärkt, hat nun im Januar l. I. seinen Bericht erstattet. Der
Bericht, verfaßt von dem Ausschußmitgliede Dr. G. Hansmann, liegt gedruckt
vor uns. Er verdient, weil er die bei der überall in Deutschland bevor¬
stehenden Neugestaltung des Armenwesens eminent wichtige Frage von der
Behandlung der in früheren Zeiten zu Armenunterstützungszwecken gemachten,
oder zu anderen Zwecken errichteten, später aber zur Armenunterstützung ver¬
wendeten milden Stiftungen behandelt, an dieser Stelle wenigstens in aller
Kürze besprochen zu werden.

Sorgfältige Untersuchungen haben den Ausschuß zu einer der Baumeister-
schen Auffassung vollständig entsprechenden, also der Säkularisirung der frag¬
lichen Anstalten und Stiftungen günstigen, Ueberzeugung geleitet. Er tritt
mit folgendem Antrage vor die Bürgerschaft:

"Die Bürgerschaft wolle beschließen und den Senat, unter Überreichung
des vorstehenden Ausschußberichtes, um seine Mitgenehmigung für diesen Be¬
schluß und um Vorlage eines zu seiner Ausführung etwa erforderlichen Ge¬
setzentwurfes ersuchen, daß die selbständige Verwaltung des Se. Georgs-
Hospitals, des Hospitals zum heiligen Geist, des Se. Hiobs-Hospitals, des


Grmjbotm I. 187l. 75

vielmehr, daß Kaiser und Reich heute ihre Pflicht begreifen, die Vertheidiger
der wahren katholischen Lehre gegen das Papstthum zu schützen. Vielleicht,
daß sie auf diesem Wege den Lohn davontragen, d. h. die katholische Kirche
Deutschlands aufhört, den höchst irdischen Zwecken einer auswärtigen Macht
fremder Nationalität dienstbar zu sein. Erst damit wäre das deutsche Reich
C—r. auf nationaler Basis vollendet.




Die Kamburger UrmenjWungs-Irage.

Im Sommer 1867 stellte der bekannte Hamburger Jurist und Publizist,
Dr. Baumeister, in der Hamburger Bürgerschaft den durch eine geistvolle und
scharfsinnige Abhandlung („die halböffentlichen milden Stiftungen in Ham¬
burg". Hoffmann u. Campe. 1869) nachmals näher erläuterten Antrag auf
Untersuchung der Frage, ob nicht gewisse in Hamburg bestehende Anstalten
und Stiftungen dem Staatsvermögen einzuverleiben, bezw. der Staatsver¬
waltung zu überweisen, und welche Ausführungs-Maßregeln bejahenden Falles
zu treffen seien.

Die Bürgerschaft ging auf diesen Antrag ein und ernannte im Frühjahr
1868 einen Prüfungs-Ausschuß. Dieser letztere, im Herbst 1869 auf sieben
Mitglieder verstärkt, hat nun im Januar l. I. seinen Bericht erstattet. Der
Bericht, verfaßt von dem Ausschußmitgliede Dr. G. Hansmann, liegt gedruckt
vor uns. Er verdient, weil er die bei der überall in Deutschland bevor¬
stehenden Neugestaltung des Armenwesens eminent wichtige Frage von der
Behandlung der in früheren Zeiten zu Armenunterstützungszwecken gemachten,
oder zu anderen Zwecken errichteten, später aber zur Armenunterstützung ver¬
wendeten milden Stiftungen behandelt, an dieser Stelle wenigstens in aller
Kürze besprochen zu werden.

Sorgfältige Untersuchungen haben den Ausschuß zu einer der Baumeister-
schen Auffassung vollständig entsprechenden, also der Säkularisirung der frag¬
lichen Anstalten und Stiftungen günstigen, Ueberzeugung geleitet. Er tritt
mit folgendem Antrage vor die Bürgerschaft:

„Die Bürgerschaft wolle beschließen und den Senat, unter Überreichung
des vorstehenden Ausschußberichtes, um seine Mitgenehmigung für diesen Be¬
schluß und um Vorlage eines zu seiner Ausführung etwa erforderlichen Ge¬
setzentwurfes ersuchen, daß die selbständige Verwaltung des Se. Georgs-
Hospitals, des Hospitals zum heiligen Geist, des Se. Hiobs-Hospitals, des


Grmjbotm I. 187l. 75
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0073" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/125855"/>
          <p xml:id="ID_210" prev="#ID_209"> vielmehr, daß Kaiser und Reich heute ihre Pflicht begreifen, die Vertheidiger<lb/>
der wahren katholischen Lehre gegen das Papstthum zu schützen. Vielleicht,<lb/>
daß sie auf diesem Wege den Lohn davontragen, d. h. die katholische Kirche<lb/>
Deutschlands aufhört, den höchst irdischen Zwecken einer auswärtigen Macht<lb/>
fremder Nationalität dienstbar zu sein. Erst damit wäre das deutsche Reich<lb/><note type="byline"> C&#x2014;r.</note> auf nationaler Basis vollendet. </p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die Kamburger UrmenjWungs-Irage.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_211"> Im Sommer 1867 stellte der bekannte Hamburger Jurist und Publizist,<lb/>
Dr. Baumeister, in der Hamburger Bürgerschaft den durch eine geistvolle und<lb/>
scharfsinnige Abhandlung (&#x201E;die halböffentlichen milden Stiftungen in Ham¬<lb/>
burg". Hoffmann u. Campe. 1869) nachmals näher erläuterten Antrag auf<lb/>
Untersuchung der Frage, ob nicht gewisse in Hamburg bestehende Anstalten<lb/>
und Stiftungen dem Staatsvermögen einzuverleiben, bezw. der Staatsver¬<lb/>
waltung zu überweisen, und welche Ausführungs-Maßregeln bejahenden Falles<lb/>
zu treffen seien.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_212"> Die Bürgerschaft ging auf diesen Antrag ein und ernannte im Frühjahr<lb/>
1868 einen Prüfungs-Ausschuß. Dieser letztere, im Herbst 1869 auf sieben<lb/>
Mitglieder verstärkt, hat nun im Januar l. I. seinen Bericht erstattet. Der<lb/>
Bericht, verfaßt von dem Ausschußmitgliede Dr. G. Hansmann, liegt gedruckt<lb/>
vor uns. Er verdient, weil er die bei der überall in Deutschland bevor¬<lb/>
stehenden Neugestaltung des Armenwesens eminent wichtige Frage von der<lb/>
Behandlung der in früheren Zeiten zu Armenunterstützungszwecken gemachten,<lb/>
oder zu anderen Zwecken errichteten, später aber zur Armenunterstützung ver¬<lb/>
wendeten milden Stiftungen behandelt, an dieser Stelle wenigstens in aller<lb/>
Kürze besprochen zu werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_213"> Sorgfältige Untersuchungen haben den Ausschuß zu einer der Baumeister-<lb/>
schen Auffassung vollständig entsprechenden, also der Säkularisirung der frag¬<lb/>
lichen Anstalten und Stiftungen günstigen, Ueberzeugung geleitet. Er tritt<lb/>
mit folgendem Antrage vor die Bürgerschaft:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_214" next="#ID_215"> &#x201E;Die Bürgerschaft wolle beschließen und den Senat, unter Überreichung<lb/>
des vorstehenden Ausschußberichtes, um seine Mitgenehmigung für diesen Be¬<lb/>
schluß und um Vorlage eines zu seiner Ausführung etwa erforderlichen Ge¬<lb/>
setzentwurfes ersuchen, daß die selbständige Verwaltung des Se. Georgs-<lb/>
Hospitals, des Hospitals zum heiligen Geist, des Se. Hiobs-Hospitals, des</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grmjbotm I. 187l. 75</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0073] vielmehr, daß Kaiser und Reich heute ihre Pflicht begreifen, die Vertheidiger der wahren katholischen Lehre gegen das Papstthum zu schützen. Vielleicht, daß sie auf diesem Wege den Lohn davontragen, d. h. die katholische Kirche Deutschlands aufhört, den höchst irdischen Zwecken einer auswärtigen Macht fremder Nationalität dienstbar zu sein. Erst damit wäre das deutsche Reich C—r. auf nationaler Basis vollendet. Die Kamburger UrmenjWungs-Irage. Im Sommer 1867 stellte der bekannte Hamburger Jurist und Publizist, Dr. Baumeister, in der Hamburger Bürgerschaft den durch eine geistvolle und scharfsinnige Abhandlung („die halböffentlichen milden Stiftungen in Ham¬ burg". Hoffmann u. Campe. 1869) nachmals näher erläuterten Antrag auf Untersuchung der Frage, ob nicht gewisse in Hamburg bestehende Anstalten und Stiftungen dem Staatsvermögen einzuverleiben, bezw. der Staatsver¬ waltung zu überweisen, und welche Ausführungs-Maßregeln bejahenden Falles zu treffen seien. Die Bürgerschaft ging auf diesen Antrag ein und ernannte im Frühjahr 1868 einen Prüfungs-Ausschuß. Dieser letztere, im Herbst 1869 auf sieben Mitglieder verstärkt, hat nun im Januar l. I. seinen Bericht erstattet. Der Bericht, verfaßt von dem Ausschußmitgliede Dr. G. Hansmann, liegt gedruckt vor uns. Er verdient, weil er die bei der überall in Deutschland bevor¬ stehenden Neugestaltung des Armenwesens eminent wichtige Frage von der Behandlung der in früheren Zeiten zu Armenunterstützungszwecken gemachten, oder zu anderen Zwecken errichteten, später aber zur Armenunterstützung ver¬ wendeten milden Stiftungen behandelt, an dieser Stelle wenigstens in aller Kürze besprochen zu werden. Sorgfältige Untersuchungen haben den Ausschuß zu einer der Baumeister- schen Auffassung vollständig entsprechenden, also der Säkularisirung der frag¬ lichen Anstalten und Stiftungen günstigen, Ueberzeugung geleitet. Er tritt mit folgendem Antrage vor die Bürgerschaft: „Die Bürgerschaft wolle beschließen und den Senat, unter Überreichung des vorstehenden Ausschußberichtes, um seine Mitgenehmigung für diesen Be¬ schluß und um Vorlage eines zu seiner Ausführung etwa erforderlichen Ge¬ setzentwurfes ersuchen, daß die selbständige Verwaltung des Se. Georgs- Hospitals, des Hospitals zum heiligen Geist, des Se. Hiobs-Hospitals, des Grmjbotm I. 187l. 75

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/73
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125781/73>, abgerufen am 27.12.2024.