Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. II. Band.Verwaltung ein wachsames Auge zu halten, so ist er doch gewiß nicht Was den Antrag des Abgeordneten Bunsen betrifft, so muß man sich Die Londoner Weltausstellung von 1871. i. Am 1. Mai eröffnete der Prinz von Wales die sog. erste jährliche inter¬ Nach Abschluß der Rechnungen über die Weltausstellung von 1831 ergab Verwaltung ein wachsames Auge zu halten, so ist er doch gewiß nicht Was den Antrag des Abgeordneten Bunsen betrifft, so muß man sich Die Londoner Weltausstellung von 1871. i. Am 1. Mai eröffnete der Prinz von Wales die sog. erste jährliche inter¬ Nach Abschluß der Rechnungen über die Weltausstellung von 1831 ergab <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0437" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/126219"/> <p xml:id="ID_1364" prev="#ID_1363"> Verwaltung ein wachsames Auge zu halten, so ist er doch gewiß nicht<lb/> befugt, die Motive gesetzmäßiger schritte vor sein öffentliches Forum zu ziehen.<lb/> Die Folge davon wäre, daß er die Verwaltung der Post und aller andern<lb/> öffentlichen Dienstzweige selbst in die Hand nehmen müßte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1365"> Was den Antrag des Abgeordneten Bunsen betrifft, so muß man sich<lb/> gegenwärtig halten, daß der Antragsteller vor Einbringung seines Antrages<lb/> mit dem Reichskanzler verhandelt hatte und von diesem dringend ersucht wor¬<lb/> den war, von seinem Vorhaben Abstand zu nehmen. Im englischen Unter¬<lb/> haus würde die Einbringung und Annahme eines Antrags, um dessen Zu¬<lb/> rückziehung der Premierminister gebeten hat, von Jedermann als Mißtrauens¬<lb/> votum gegen das Ministerium betrachtet werden. Kann man wohl einem<lb/> Staatsmann, wie dem Fürsten Bismarck, zumuthen, Maßregeln auszuführen,<lb/> die er für unmöglich oder für schädlich hält? Es ist wohl Zeit, daß man<lb/> auch in Deutschland sich daran gewöhnt, die Anträge auf Maßregeln, welche<lb/> die geschäftsführenden Staatsmänner ihrerseits für unausführbar halten, nicht<lb/> als bloße Herzenserleichterungen der Vertretungskörper aufzufassen, sondern<lb/> als folgenreiche Willenserklärungen, als Erklärungen, die zur Auflösung<lb/> des Vertretungskörpers oder zum Rücktritt des Ministeriums zu führen die<lb/><note type="byline"> L—r.</note> Absicht haben. </p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Die Londoner Weltausstellung von 1871.<lb/> i.</head><lb/> <p xml:id="ID_1366"> Am 1. Mai eröffnete der Prinz von Wales die sog. erste jährliche inter¬<lb/> nationale Ausstellung in dem zu diesem Zwecke neuerrichteten Gebäude in<lb/> «south-Kensington. Da wohl Manchem der Plan und die Entstehung dieser<lb/> Ausstellung und ihr Zusammenhang mit den verflossenen Weltausstellungen<lb/> nicht bekannt sein dürfte, so wird vielleicht am Platze sein, das Geschichtliche<lb/> hier kurz zu recapituliren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1367" next="#ID_1368"> Nach Abschluß der Rechnungen über die Weltausstellung von 1831 ergab<lb/> sich ein bedeutender Ueberschuß, ein Capital, das von einer Commission ver¬<lb/> waltet und theilweise im Ankauf von Grundstücken in South-Kensington ange¬<lb/> legt wurde. Seitdem, also eine ganze Reihe von Jahren hindurch, hat man<lb/> sich mit dem Plane getragen, mit diesen Capitalien etwas Gemeinnütziges im<lb/> Sinne des hohen Gönners der 61er Ausstellung zu unternehmen. Erst im<lb/> Sommer 1869 scheint dieser Plan gereift zu sein. Es ward beschlossen, vom<lb/> System der in größeren Zwischenräumen stattfindenden Monstre-Weltaus¬<lb/> stellungen, die sich 62 in London und 67 in Paris als mit großen financiellen<lb/> Schwierigkeiten verknüpft erwiesen hatten, abzugehen und an deren Stelle<lb/> jährlich eine internationale Ausstellung von geringeren Dimensionen in einem<lb/> kleineren permanenten und daher billigeren Ausstellungspalaste in South-<lb/> Kensington zu veranstalten. Um dies zu ermöglichen, sollte die industrielle<lb/> Abtheilung jedesmal nur einen Sector des ganzen Kreises der industriellen<lb/> Production umfassen, so daß in einer bestimmten Reihe von Jahren der ganze<lb/> Kreis durchwandert werden konnte. Amüsant ist zu lesen, mit welcher Naivetät</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0437]
Verwaltung ein wachsames Auge zu halten, so ist er doch gewiß nicht
befugt, die Motive gesetzmäßiger schritte vor sein öffentliches Forum zu ziehen.
Die Folge davon wäre, daß er die Verwaltung der Post und aller andern
öffentlichen Dienstzweige selbst in die Hand nehmen müßte.
Was den Antrag des Abgeordneten Bunsen betrifft, so muß man sich
gegenwärtig halten, daß der Antragsteller vor Einbringung seines Antrages
mit dem Reichskanzler verhandelt hatte und von diesem dringend ersucht wor¬
den war, von seinem Vorhaben Abstand zu nehmen. Im englischen Unter¬
haus würde die Einbringung und Annahme eines Antrags, um dessen Zu¬
rückziehung der Premierminister gebeten hat, von Jedermann als Mißtrauens¬
votum gegen das Ministerium betrachtet werden. Kann man wohl einem
Staatsmann, wie dem Fürsten Bismarck, zumuthen, Maßregeln auszuführen,
die er für unmöglich oder für schädlich hält? Es ist wohl Zeit, daß man
auch in Deutschland sich daran gewöhnt, die Anträge auf Maßregeln, welche
die geschäftsführenden Staatsmänner ihrerseits für unausführbar halten, nicht
als bloße Herzenserleichterungen der Vertretungskörper aufzufassen, sondern
als folgenreiche Willenserklärungen, als Erklärungen, die zur Auflösung
des Vertretungskörpers oder zum Rücktritt des Ministeriums zu führen die
L—r. Absicht haben.
Die Londoner Weltausstellung von 1871.
i.
Am 1. Mai eröffnete der Prinz von Wales die sog. erste jährliche inter¬
nationale Ausstellung in dem zu diesem Zwecke neuerrichteten Gebäude in
«south-Kensington. Da wohl Manchem der Plan und die Entstehung dieser
Ausstellung und ihr Zusammenhang mit den verflossenen Weltausstellungen
nicht bekannt sein dürfte, so wird vielleicht am Platze sein, das Geschichtliche
hier kurz zu recapituliren.
Nach Abschluß der Rechnungen über die Weltausstellung von 1831 ergab
sich ein bedeutender Ueberschuß, ein Capital, das von einer Commission ver¬
waltet und theilweise im Ankauf von Grundstücken in South-Kensington ange¬
legt wurde. Seitdem, also eine ganze Reihe von Jahren hindurch, hat man
sich mit dem Plane getragen, mit diesen Capitalien etwas Gemeinnütziges im
Sinne des hohen Gönners der 61er Ausstellung zu unternehmen. Erst im
Sommer 1869 scheint dieser Plan gereift zu sein. Es ward beschlossen, vom
System der in größeren Zwischenräumen stattfindenden Monstre-Weltaus¬
stellungen, die sich 62 in London und 67 in Paris als mit großen financiellen
Schwierigkeiten verknüpft erwiesen hatten, abzugehen und an deren Stelle
jährlich eine internationale Ausstellung von geringeren Dimensionen in einem
kleineren permanenten und daher billigeren Ausstellungspalaste in South-
Kensington zu veranstalten. Um dies zu ermöglichen, sollte die industrielle
Abtheilung jedesmal nur einen Sector des ganzen Kreises der industriellen
Production umfassen, so daß in einer bestimmten Reihe von Jahren der ganze
Kreis durchwandert werden konnte. Amüsant ist zu lesen, mit welcher Naivetät
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