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Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band.

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die Ascott-Frühlingsrennen, sind noch immer die vornehmsten und belieb¬
testen Alt-Englands.

Von sehr viel geringerer Kraft und Deutlichkeit als Se. Georg, der so
prächtig und farbenreich den alten Wodan-Sige repräsentirt, sind zwei andere
christliche Heiligengestalten, welche ebenfalls einen Anlauf genommen, den alten
Maikönig zu ersetzen und deren Weihetag gradezu auf den 1. Mai fällt. Da
ist zunächst Se. Philippus. Vergleicht man diesen Namen, welcher wört¬
lich "Roßfreund" bedeutet, mit der Sage, daß dieser Heilige in Skythien
einen wilden Drachen erlegte, so ist er allerdings geeignet, um Sigfried-Georg
und somit auch den Maikönig Wodan unter der Hülle seines Apostelgewan-
des zu verbergen. -- Derselbe 1. Mai ist aber auch dem heiligen Jakobus
geweiht, dem Vetter Jesu, und es ist charakteristisch für die katholische My¬
thologie, daß die Sage nicht anstand, auch ihn beritten zu machen, wahr¬
scheinlich damit er gegen seinen Genossen Philippus nicht zu kurz käme. Vor
Allem erscheint er auf spanischem Boden als streitbarer Schimmelreiter.
Dergestalt soll er denn auch dem kastilischen Heere gegen die Mauren zu
Hilfe gekommen sein; und Se. Jakob de Compostella ist seitdem der vor¬
nehmste kriegerische Heilige der ganzen iberischen Halbinsel. -- Beide Heilige
Philippus und Jakobus gelten übrigens auch anderwärts, namentlich in
Böhmen, als des Rosses ganz vorzüglich mächtig, und darum lassen sich am
Philippus- und Jakobus-Tage Pferdehirten jene Erlenrinde weihen, mit der
das Leitseil einer Halfter umwickelt werden muß, die im Stande sein soll,
sogar den "Hastrmann", d. h. den pferdegestaltigen Nix trotz seines hölzernen
Unterkiefers wirksam zu zäumen.




Im Irage der internationalen Münzeinheit.
Bemerkungen zu der Denkschrift*) der Nordamerikanischen
Regierung an ihre Gesandten.

Zum klaren Verständnisse für Jedermann wird es nützlich sein, den in
der Denkschrift der Nordamerikanischen Regierung verfolgten Jdeengang zu¬
nächst noch einmal kurz und übersichtlich zu wiederholen. Die Regierung
schreibt an ihre Gesandten:

.Wir wünschen eine internationale Münzeinigung mit den bedeutendsten
Handelsvölkern."



") I D. Red. n Nro, 5 mitgetheilt.

die Ascott-Frühlingsrennen, sind noch immer die vornehmsten und belieb¬
testen Alt-Englands.

Von sehr viel geringerer Kraft und Deutlichkeit als Se. Georg, der so
prächtig und farbenreich den alten Wodan-Sige repräsentirt, sind zwei andere
christliche Heiligengestalten, welche ebenfalls einen Anlauf genommen, den alten
Maikönig zu ersetzen und deren Weihetag gradezu auf den 1. Mai fällt. Da
ist zunächst Se. Philippus. Vergleicht man diesen Namen, welcher wört¬
lich „Roßfreund" bedeutet, mit der Sage, daß dieser Heilige in Skythien
einen wilden Drachen erlegte, so ist er allerdings geeignet, um Sigfried-Georg
und somit auch den Maikönig Wodan unter der Hülle seines Apostelgewan-
des zu verbergen. — Derselbe 1. Mai ist aber auch dem heiligen Jakobus
geweiht, dem Vetter Jesu, und es ist charakteristisch für die katholische My¬
thologie, daß die Sage nicht anstand, auch ihn beritten zu machen, wahr¬
scheinlich damit er gegen seinen Genossen Philippus nicht zu kurz käme. Vor
Allem erscheint er auf spanischem Boden als streitbarer Schimmelreiter.
Dergestalt soll er denn auch dem kastilischen Heere gegen die Mauren zu
Hilfe gekommen sein; und Se. Jakob de Compostella ist seitdem der vor¬
nehmste kriegerische Heilige der ganzen iberischen Halbinsel. — Beide Heilige
Philippus und Jakobus gelten übrigens auch anderwärts, namentlich in
Böhmen, als des Rosses ganz vorzüglich mächtig, und darum lassen sich am
Philippus- und Jakobus-Tage Pferdehirten jene Erlenrinde weihen, mit der
das Leitseil einer Halfter umwickelt werden muß, die im Stande sein soll,
sogar den „Hastrmann", d. h. den pferdegestaltigen Nix trotz seines hölzernen
Unterkiefers wirksam zu zäumen.




Im Irage der internationalen Münzeinheit.
Bemerkungen zu der Denkschrift*) der Nordamerikanischen
Regierung an ihre Gesandten.

Zum klaren Verständnisse für Jedermann wird es nützlich sein, den in
der Denkschrift der Nordamerikanischen Regierung verfolgten Jdeengang zu¬
nächst noch einmal kurz und übersichtlich zu wiederholen. Die Regierung
schreibt an ihre Gesandten:

.Wir wünschen eine internationale Münzeinigung mit den bedeutendsten
Handelsvölkern."



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[0226] die Ascott-Frühlingsrennen, sind noch immer die vornehmsten und belieb¬ testen Alt-Englands. Von sehr viel geringerer Kraft und Deutlichkeit als Se. Georg, der so prächtig und farbenreich den alten Wodan-Sige repräsentirt, sind zwei andere christliche Heiligengestalten, welche ebenfalls einen Anlauf genommen, den alten Maikönig zu ersetzen und deren Weihetag gradezu auf den 1. Mai fällt. Da ist zunächst Se. Philippus. Vergleicht man diesen Namen, welcher wört¬ lich „Roßfreund" bedeutet, mit der Sage, daß dieser Heilige in Skythien einen wilden Drachen erlegte, so ist er allerdings geeignet, um Sigfried-Georg und somit auch den Maikönig Wodan unter der Hülle seines Apostelgewan- des zu verbergen. — Derselbe 1. Mai ist aber auch dem heiligen Jakobus geweiht, dem Vetter Jesu, und es ist charakteristisch für die katholische My¬ thologie, daß die Sage nicht anstand, auch ihn beritten zu machen, wahr¬ scheinlich damit er gegen seinen Genossen Philippus nicht zu kurz käme. Vor Allem erscheint er auf spanischem Boden als streitbarer Schimmelreiter. Dergestalt soll er denn auch dem kastilischen Heere gegen die Mauren zu Hilfe gekommen sein; und Se. Jakob de Compostella ist seitdem der vor¬ nehmste kriegerische Heilige der ganzen iberischen Halbinsel. — Beide Heilige Philippus und Jakobus gelten übrigens auch anderwärts, namentlich in Böhmen, als des Rosses ganz vorzüglich mächtig, und darum lassen sich am Philippus- und Jakobus-Tage Pferdehirten jene Erlenrinde weihen, mit der das Leitseil einer Halfter umwickelt werden muß, die im Stande sein soll, sogar den „Hastrmann", d. h. den pferdegestaltigen Nix trotz seines hölzernen Unterkiefers wirksam zu zäumen. Im Irage der internationalen Münzeinheit. Bemerkungen zu der Denkschrift*) der Nordamerikanischen Regierung an ihre Gesandten. Zum klaren Verständnisse für Jedermann wird es nützlich sein, den in der Denkschrift der Nordamerikanischen Regierung verfolgten Jdeengang zu¬ nächst noch einmal kurz und übersichtlich zu wiederholen. Die Regierung schreibt an ihre Gesandten: .Wir wünschen eine internationale Münzeinigung mit den bedeutendsten Handelsvölkern." ") I D. Red. n Nro, 5 mitgetheilt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 30, 1871, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341813_125243/226>, abgerufen am 22.07.2024.