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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

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wahrscheinlich auch nicht zu lange aufgehalten worden. Was blieb den bayri¬
schen Ministern übrig, wenn er ihnen die Eröffnung machte, mit Baden und
Stuttgart sei der Abschluß erfolgt? Daß Minister Delbrück statt dessen den
weiten Umweg über Berlin machte, war eine Huldigung vor der Freiheit
der bayrischen Entschließungen, die nicht größer gedacht werden kann. Aber
man war, scheint es, in München dermaßen durch Preußen verwöhnt, daß
man aus diesem letzteren Beweis von Freundlichkeit verkehrte Folgerungen zog.

Die Zukunft, der die Geschichte dieser Verhältnisse actenmäßig vorliegt,
wird sicher das Urtheil fällen, daß niemals ein mächtiger Staat gegen einen
minder mächtigen, der ihm überdies zwanzig Jahre hindurch jede erdenkbare
Verlegenheit bereitet hatte, der ihm eben mit den Waffen entgegengetreten
war, rücksichtsvoller, großmüthiger gehandelt hat als Preußen seit 1866 gegen
Bayern. Wir dürfen uns der Erwartung hingeben, daß im bayrischen Volke
das gebührend gewürdigt wird, wenn es auch diejenigen, welche zur Leitung
desselben berufen sind, zu verkennen scheinen. Was aber das Ganze der süd¬
deutschen Frage angeht, so sehen wir der Zukunft mit voller Beruhigung
entgegen. So argwöhnisch uns auch die Vergangenheit umzuschauen gelehrt
hat, wir entdecken nirgends die Kräfte, welche die nothwendige Vollendung
des deutschen Verfassungsbaues von dieser Seite zu hemmen vermöchten, wohl
aber die reichsten und tüchtigsten, welche ungeduldig den Augenblick erwar¬
ten, dem langen Auferstehungsprozeß der deutschen Nation die Krone auf¬
setzen zu dürfen. Die süddeutsche Frage ist in demselben Augenblick gelöst
wo Preußen nicht etwa sein gewaltiges Uebergewicht in München fühlen läßt,
sondern lediglich aufhört, den Gang des übrigen Südens zu Gunsten Bayerns
zu hindern. Dieser Augenblick ist entweder nahe, oder die bereiten Theile
des Südens müssen den Entschluß fassen, mit eigener Kraft die lange ver¬
sperrte Bahn zu öffnen.




Asyle für invalide Krieger.

Die nationale Sorge für die Opfer des Krieges und deren Angehörige,
welche die durch den Kronprinzen von Preußen angeregte Stiftung zum
Theil übernehmen soll, veranlaßt uns, an eine Denkschrift zu erinnern, welche
Herr Fr. Weib. Toussaint, Königl. Feldmesser in Görlitz. nach dem
Kriege von 1866 verfaßte und dem Kronprinzen einreichte. Dieselbe wurde
auf Anregung des Kriegsministers v. Roon im Jahre 1867 in No. 70 des
Militärwochenblattes veröffentlicht.


wahrscheinlich auch nicht zu lange aufgehalten worden. Was blieb den bayri¬
schen Ministern übrig, wenn er ihnen die Eröffnung machte, mit Baden und
Stuttgart sei der Abschluß erfolgt? Daß Minister Delbrück statt dessen den
weiten Umweg über Berlin machte, war eine Huldigung vor der Freiheit
der bayrischen Entschließungen, die nicht größer gedacht werden kann. Aber
man war, scheint es, in München dermaßen durch Preußen verwöhnt, daß
man aus diesem letzteren Beweis von Freundlichkeit verkehrte Folgerungen zog.

Die Zukunft, der die Geschichte dieser Verhältnisse actenmäßig vorliegt,
wird sicher das Urtheil fällen, daß niemals ein mächtiger Staat gegen einen
minder mächtigen, der ihm überdies zwanzig Jahre hindurch jede erdenkbare
Verlegenheit bereitet hatte, der ihm eben mit den Waffen entgegengetreten
war, rücksichtsvoller, großmüthiger gehandelt hat als Preußen seit 1866 gegen
Bayern. Wir dürfen uns der Erwartung hingeben, daß im bayrischen Volke
das gebührend gewürdigt wird, wenn es auch diejenigen, welche zur Leitung
desselben berufen sind, zu verkennen scheinen. Was aber das Ganze der süd¬
deutschen Frage angeht, so sehen wir der Zukunft mit voller Beruhigung
entgegen. So argwöhnisch uns auch die Vergangenheit umzuschauen gelehrt
hat, wir entdecken nirgends die Kräfte, welche die nothwendige Vollendung
des deutschen Verfassungsbaues von dieser Seite zu hemmen vermöchten, wohl
aber die reichsten und tüchtigsten, welche ungeduldig den Augenblick erwar¬
ten, dem langen Auferstehungsprozeß der deutschen Nation die Krone auf¬
setzen zu dürfen. Die süddeutsche Frage ist in demselben Augenblick gelöst
wo Preußen nicht etwa sein gewaltiges Uebergewicht in München fühlen läßt,
sondern lediglich aufhört, den Gang des übrigen Südens zu Gunsten Bayerns
zu hindern. Dieser Augenblick ist entweder nahe, oder die bereiten Theile
des Südens müssen den Entschluß fassen, mit eigener Kraft die lange ver¬
sperrte Bahn zu öffnen.




Asyle für invalide Krieger.

Die nationale Sorge für die Opfer des Krieges und deren Angehörige,
welche die durch den Kronprinzen von Preußen angeregte Stiftung zum
Theil übernehmen soll, veranlaßt uns, an eine Denkschrift zu erinnern, welche
Herr Fr. Weib. Toussaint, Königl. Feldmesser in Görlitz. nach dem
Kriege von 1866 verfaßte und dem Kronprinzen einreichte. Dieselbe wurde
auf Anregung des Kriegsministers v. Roon im Jahre 1867 in No. 70 des
Militärwochenblattes veröffentlicht.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/77>, abgerufen am 22.12.2024.