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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

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daß die des Louvre geborgen seien. Höchst wahrscheinlich befand sich darunter
noch früher entführtes deutsches Eigenthum, das man nach den Vorgängen
von 1813 bei Zeiten sichern wollte.

Möge Gegenwärtiges dazu dienen, allenthalben im deutschen Vater¬
lande die öffentliche Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand hinzulenken, auf
daß jede stattgefundene gewaltsame und widerrechtlichtliche Wegnahme deut¬
scher Kunst- und Literaturschätze zur Anzeige gebracht und reclamirt werde.




Vom württembergischen Landtag.

Am 21. October trat der württembergische Landtag wieder zusammen.
Am anderen Tage wurde er aufgelöst, nachdem er in 2 Stunden seine Ge¬
schäfte abgewickelt hatte.

Solche Kürze des Daseins erklärte sich unter dem Drang dieser Tage.
Doch seit Jahren sind wir daran gewöhnt, daß unsere Landtagssessionen
diesen aphoristischen Charakter tragen. Wie Meteore ziehen sie über das
schwäbische Firmament, und das letzte erlosch jählings und glanzlos. Un¬
zweifelhaft sind diese fragmentarischen Sessionen Anzeichen eines abnormen
Zustands, aber sie sind für unser politisches Leben charakteristisch geworden.
neuestens proclamirte ein schwäbisches Manifest wieder in feierlicher Weise,
daß der Nordbund nicht diejenige Freiheit gewähre, an welche Württemberg
gewöhnt sei. Worin diese altgewohnte Freiheit bestehe, w.rr des Näheren
nicht entwickelt, auch ein eingehender Vergleich mit der norddeutschen Praxis
sorgfältig vermieden. Nur soviel ist klar, daß ein regelmäßig arbeitender
Constitutioncilismus darunter nicht zu verstehen war. Denn diesen haben
wir uns abgewöhnt.

Der vorige Landtag verstarb am 20. Februar 1868 nach regelmäßiger
Kjähriger Dauer seines natürlichen Todes. Am 8. Juli darauf fanden die
Wahlen für den neuen nunmehr aufgelösten Landtag statt, und am 4. De¬
cember desselben Jahres konnte er eröffnet werden. Da die Verabschiedung
des Budgets nicht eben drängte, welches bekanntlich nicht alljährlich, sondern
in 3jährigen Perioden verwilligt wird, und vom vorigen Landtag bis zum
31. Juni 1870 gesichert war, so sollte der neugewählte sich, das war die
Absicht, zunächst der Erledigung eines gesetzgeberischen Materials widmen,
das sich allmälig in nicht zu verachtenden Umfang aufgehäuft hatte und
fortwährend im Begriff war sich ansehnlich zu vermehren. Konnte doch der
Staatsanzeiger für Württemberg einmal etliche 20 Nummern von Gesetzent-


daß die des Louvre geborgen seien. Höchst wahrscheinlich befand sich darunter
noch früher entführtes deutsches Eigenthum, das man nach den Vorgängen
von 1813 bei Zeiten sichern wollte.

Möge Gegenwärtiges dazu dienen, allenthalben im deutschen Vater¬
lande die öffentliche Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand hinzulenken, auf
daß jede stattgefundene gewaltsame und widerrechtlichtliche Wegnahme deut¬
scher Kunst- und Literaturschätze zur Anzeige gebracht und reclamirt werde.




Vom württembergischen Landtag.

Am 21. October trat der württembergische Landtag wieder zusammen.
Am anderen Tage wurde er aufgelöst, nachdem er in 2 Stunden seine Ge¬
schäfte abgewickelt hatte.

Solche Kürze des Daseins erklärte sich unter dem Drang dieser Tage.
Doch seit Jahren sind wir daran gewöhnt, daß unsere Landtagssessionen
diesen aphoristischen Charakter tragen. Wie Meteore ziehen sie über das
schwäbische Firmament, und das letzte erlosch jählings und glanzlos. Un¬
zweifelhaft sind diese fragmentarischen Sessionen Anzeichen eines abnormen
Zustands, aber sie sind für unser politisches Leben charakteristisch geworden.
neuestens proclamirte ein schwäbisches Manifest wieder in feierlicher Weise,
daß der Nordbund nicht diejenige Freiheit gewähre, an welche Württemberg
gewöhnt sei. Worin diese altgewohnte Freiheit bestehe, w.rr des Näheren
nicht entwickelt, auch ein eingehender Vergleich mit der norddeutschen Praxis
sorgfältig vermieden. Nur soviel ist klar, daß ein regelmäßig arbeitender
Constitutioncilismus darunter nicht zu verstehen war. Denn diesen haben
wir uns abgewöhnt.

Der vorige Landtag verstarb am 20. Februar 1868 nach regelmäßiger
Kjähriger Dauer seines natürlichen Todes. Am 8. Juli darauf fanden die
Wahlen für den neuen nunmehr aufgelösten Landtag statt, und am 4. De¬
cember desselben Jahres konnte er eröffnet werden. Da die Verabschiedung
des Budgets nicht eben drängte, welches bekanntlich nicht alljährlich, sondern
in 3jährigen Perioden verwilligt wird, und vom vorigen Landtag bis zum
31. Juni 1870 gesichert war, so sollte der neugewählte sich, das war die
Absicht, zunächst der Erledigung eines gesetzgeberischen Materials widmen,
das sich allmälig in nicht zu verachtenden Umfang aufgehäuft hatte und
fortwährend im Begriff war sich ansehnlich zu vermehren. Konnte doch der
Staatsanzeiger für Württemberg einmal etliche 20 Nummern von Gesetzent-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/235>, abgerufen am 22.12.2024.