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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band.

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die katholische Kirche wohl noch mehr sogar als für die evangelische. Aber
ich weiß nicht, ob die hier ausgesprochenen Ansichten und Wünsche auf Sei¬
ten hervorragender ka t h o ki s es e r deutscher Männer getheilt werden, und
ob die Negierung auch für junge Priester mit einer Maßregel vorgehen
möchte, die sie in Bezug auf die evangelische Kirche ohne Weiteres und unter
Zustimmung der kirchlichsten Männer schon jetzt treffen könnte. Sie würde
den jungen evangelischen Theologen ihre Ehre wiedergeben, und würde auch
für die katholischen gewiß alle freier und höher schlagenden deutschen Herzen in
der römischen Kirche sür sich haben.


I. H. in B.


Die fremden Kunstschätze in Plans in den Jahren 1815 und 1870.

Aus dem Nachlasse des Prof. Benzenberg theilen wir folgende von ihm
gleichzeitig gemachte Aufzeichnungen über die Rücknahme der fremden Kunst¬
schätze nach der Einnahme von Paris im Jahre 1815 mit; ein Gegenstand,
den derselbe in einer 1316 zu Dortmund erschienenen, mittlerweile indeß so
so gut wie verschollenen Broschüre "über den sonderbaren Bildungsgrad der
Franzosen" nebenher erwähnt.

"E. de Groote von Cöln, der als Freiwilliger bei General Thiele¬
mann war, wurde von diesem mit einem Briefe ins Hauptquartier gesandt,
als dieses zu Se. Cloud war und Paris capitulirte. Dieser bat Grei¬
sen an, die Kunstwerke, die die Franzosen aus seiner Vaterstadt weggeführt,
dieser zurückzugeben. Graf Greisen an ging mit ihm zum Feldmarschall
Blücher und da de Groote diese Kunstwerke wohl kannte, so gab ihm
der Feldmarschall eine Ordre, sie wegzunehmen und nach Cöln zu schicken.
Der Anfang wurde nun mit dem schönen Gemälde von Rubens gemacht,
welches dieser große Künstler für die Peterskirche in Cöln gemalt, und das
die Kreuzigung Petri darstellt. Die Nationalgarten, welche die Wache an
der Galerie des Louvre hatten, wollten das Gemälde nicht Passiren lassen.
Es marschirten nun preußische Truppen auf, und dem Offiziere wurden zehn
Minuten Bedenkzeit gegeben. Der Offizier Denon lief in die Tuilerien
um zu berichten. Der Minister, der dort über die Naisons ein roi gesetzt
war, und der König Ludwig der Achtzehnte fürchteten indeß, es möge ein
Aufruhr entstehen und sagten: man solle den heiligen Petrus in Frieden
ziehen lassen und keinen Lärm machen. Dies dauerte nun so etwa vier
Wochen, daß blos die wenigen Gemälde weggenommen wurden, die aus


die katholische Kirche wohl noch mehr sogar als für die evangelische. Aber
ich weiß nicht, ob die hier ausgesprochenen Ansichten und Wünsche auf Sei¬
ten hervorragender ka t h o ki s es e r deutscher Männer getheilt werden, und
ob die Negierung auch für junge Priester mit einer Maßregel vorgehen
möchte, die sie in Bezug auf die evangelische Kirche ohne Weiteres und unter
Zustimmung der kirchlichsten Männer schon jetzt treffen könnte. Sie würde
den jungen evangelischen Theologen ihre Ehre wiedergeben, und würde auch
für die katholischen gewiß alle freier und höher schlagenden deutschen Herzen in
der römischen Kirche sür sich haben.


I. H. in B.


Die fremden Kunstschätze in Plans in den Jahren 1815 und 1870.

Aus dem Nachlasse des Prof. Benzenberg theilen wir folgende von ihm
gleichzeitig gemachte Aufzeichnungen über die Rücknahme der fremden Kunst¬
schätze nach der Einnahme von Paris im Jahre 1815 mit; ein Gegenstand,
den derselbe in einer 1316 zu Dortmund erschienenen, mittlerweile indeß so
so gut wie verschollenen Broschüre „über den sonderbaren Bildungsgrad der
Franzosen" nebenher erwähnt.

„E. de Groote von Cöln, der als Freiwilliger bei General Thiele¬
mann war, wurde von diesem mit einem Briefe ins Hauptquartier gesandt,
als dieses zu Se. Cloud war und Paris capitulirte. Dieser bat Grei¬
sen an, die Kunstwerke, die die Franzosen aus seiner Vaterstadt weggeführt,
dieser zurückzugeben. Graf Greisen an ging mit ihm zum Feldmarschall
Blücher und da de Groote diese Kunstwerke wohl kannte, so gab ihm
der Feldmarschall eine Ordre, sie wegzunehmen und nach Cöln zu schicken.
Der Anfang wurde nun mit dem schönen Gemälde von Rubens gemacht,
welches dieser große Künstler für die Peterskirche in Cöln gemalt, und das
die Kreuzigung Petri darstellt. Die Nationalgarten, welche die Wache an
der Galerie des Louvre hatten, wollten das Gemälde nicht Passiren lassen.
Es marschirten nun preußische Truppen auf, und dem Offiziere wurden zehn
Minuten Bedenkzeit gegeben. Der Offizier Denon lief in die Tuilerien
um zu berichten. Der Minister, der dort über die Naisons ein roi gesetzt
war, und der König Ludwig der Achtzehnte fürchteten indeß, es möge ein
Aufruhr entstehen und sagten: man solle den heiligen Petrus in Frieden
ziehen lassen und keinen Lärm machen. Dies dauerte nun so etwa vier
Wochen, daß blos die wenigen Gemälde weggenommen wurden, die aus


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[0229] die katholische Kirche wohl noch mehr sogar als für die evangelische. Aber ich weiß nicht, ob die hier ausgesprochenen Ansichten und Wünsche auf Sei¬ ten hervorragender ka t h o ki s es e r deutscher Männer getheilt werden, und ob die Negierung auch für junge Priester mit einer Maßregel vorgehen möchte, die sie in Bezug auf die evangelische Kirche ohne Weiteres und unter Zustimmung der kirchlichsten Männer schon jetzt treffen könnte. Sie würde den jungen evangelischen Theologen ihre Ehre wiedergeben, und würde auch für die katholischen gewiß alle freier und höher schlagenden deutschen Herzen in der römischen Kirche sür sich haben. I. H. in B. Die fremden Kunstschätze in Plans in den Jahren 1815 und 1870. Aus dem Nachlasse des Prof. Benzenberg theilen wir folgende von ihm gleichzeitig gemachte Aufzeichnungen über die Rücknahme der fremden Kunst¬ schätze nach der Einnahme von Paris im Jahre 1815 mit; ein Gegenstand, den derselbe in einer 1316 zu Dortmund erschienenen, mittlerweile indeß so so gut wie verschollenen Broschüre „über den sonderbaren Bildungsgrad der Franzosen" nebenher erwähnt. „E. de Groote von Cöln, der als Freiwilliger bei General Thiele¬ mann war, wurde von diesem mit einem Briefe ins Hauptquartier gesandt, als dieses zu Se. Cloud war und Paris capitulirte. Dieser bat Grei¬ sen an, die Kunstwerke, die die Franzosen aus seiner Vaterstadt weggeführt, dieser zurückzugeben. Graf Greisen an ging mit ihm zum Feldmarschall Blücher und da de Groote diese Kunstwerke wohl kannte, so gab ihm der Feldmarschall eine Ordre, sie wegzunehmen und nach Cöln zu schicken. Der Anfang wurde nun mit dem schönen Gemälde von Rubens gemacht, welches dieser große Künstler für die Peterskirche in Cöln gemalt, und das die Kreuzigung Petri darstellt. Die Nationalgarten, welche die Wache an der Galerie des Louvre hatten, wollten das Gemälde nicht Passiren lassen. Es marschirten nun preußische Truppen auf, und dem Offiziere wurden zehn Minuten Bedenkzeit gegeben. Der Offizier Denon lief in die Tuilerien um zu berichten. Der Minister, der dort über die Naisons ein roi gesetzt war, und der König Ludwig der Achtzehnte fürchteten indeß, es möge ein Aufruhr entstehen und sagten: man solle den heiligen Petrus in Frieden ziehen lassen und keinen Lärm machen. Dies dauerte nun so etwa vier Wochen, daß blos die wenigen Gemälde weggenommen wurden, die aus

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_124705/229>, abgerufen am 22.12.2024.