Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, II. Semeter. I. Band.Faßt man diese zahllosen dramatischen Producte zusammen, rechnet man (Schluß folgt.) Das zweite Kaiserreich im Lichte der französischen Geschichte Schreibung. VI. Mexico. Von La Soledad bis zu Maximilian's Ankunft in Veracruz. Die Verwerfung der Convention von La Soledad von Seiten Frank¬ Faßt man diese zahllosen dramatischen Producte zusammen, rechnet man (Schluß folgt.) Das zweite Kaiserreich im Lichte der französischen Geschichte Schreibung. VI. Mexico. Von La Soledad bis zu Maximilian's Ankunft in Veracruz. Die Verwerfung der Convention von La Soledad von Seiten Frank¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0484" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/124636"/> <p xml:id="ID_1395"> Faßt man diese zahllosen dramatischen Producte zusammen, rechnet man<lb/> hinzu, was in anderen Gattungen der Literatur gleichzeitig zu Tage gefördert<lb/> wurde und gleichviel ob gehaltvoll oder nicht, immer ein dankbares Publikum<lb/> fand — hätte es ein solches nicht gefunden, so würde sich bald ein sichtbarer<lb/> Nachlaß der Thätigkeit eingestellt haben, während sie sich doch im ganzen<lb/> Is. und 16. Jahrhundert zusehends steigert und verbreitert — so staunt<lb/> man über die Unersättlichkeit jener Periode. Es ist wahr, sie besaß einen<lb/> derben Magen, aber nach heutigen Begriffen würde auch der derbste nicht<lb/> vorhalten, um solche Kost in solcher Masse zu bewältigen. Erst gegen die<lb/> Wende des 16. und 17. Jahrhunderts stellt sich sichtbar eine gewisse Ueber¬<lb/> sättigung ein, und von diesem Zeitpunkt datirt jene tiefeinschneidende, die<lb/> ganze folgende Periode bis heute beherrschende Scheidung zwischen dem<lb/> gebildeten Publikum, was allein auch das lesende vorstellt und dem unge¬<lb/> bildeten, was gar nicht oder so wenig wie möglich liest. Vorgearbeitet war<lb/> ihr schon seit beinahe zwei Jahrhunderten, seitdem es wieder Leute gab,<lb/> welche sich an Virgil und Seneca, an Horaz und Claudian schulten und<lb/> begeisterten. Ihre lateinischen Oden, Epen und Dramen verfertigten sie mit<lb/> stolzem Bewußtsein der Cxclusivität nur für ein kleines gewähltes Publicum,<lb/> das gerade so wie sie durch die Poetenschulen die Rohheit der Volkssprache<lb/> und der Volksliteratur hatte verabscheuen lernen. Aber dieselben Leute ver¬<lb/> schmähten es doch nicht, zu dem Volke in seiner eigenen Sprache zu sprechen,<lb/> entweder weil der nationale Geist sie gleichsam gegen ihre Ueberzeugung mit<lb/> fortriß, oder weil sie es vorzogen, zu Millionen deutsch, statt zu einigen tau¬<lb/> fenden lateinisch zu reden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1396"> (Schluß folgt.)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Das zweite Kaiserreich im Lichte der französischen Geschichte<lb/> Schreibung.</head><lb/> <div n="2"> <head> VI. Mexico.<lb/> Von La Soledad bis zu Maximilian's Ankunft in Veracruz.</head><lb/> <p xml:id="ID_1397" next="#ID_1398"> Die Verwerfung der Convention von La Soledad von Seiten Frank¬<lb/> reichs hatte die Lösung der Coalition zur nächsten Folge. England war<lb/> von Anfang an entschlossen, sich von Frankreich zu keiner Einmischungs- oder<lb/> Restaurationspolitik verleiten zu lassen, Spanien schloß sich der englischen<lb/> Auffassung an, sobald es erkannt hatte, daß wohl die Gründung einer meri-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0484]
Faßt man diese zahllosen dramatischen Producte zusammen, rechnet man
hinzu, was in anderen Gattungen der Literatur gleichzeitig zu Tage gefördert
wurde und gleichviel ob gehaltvoll oder nicht, immer ein dankbares Publikum
fand — hätte es ein solches nicht gefunden, so würde sich bald ein sichtbarer
Nachlaß der Thätigkeit eingestellt haben, während sie sich doch im ganzen
Is. und 16. Jahrhundert zusehends steigert und verbreitert — so staunt
man über die Unersättlichkeit jener Periode. Es ist wahr, sie besaß einen
derben Magen, aber nach heutigen Begriffen würde auch der derbste nicht
vorhalten, um solche Kost in solcher Masse zu bewältigen. Erst gegen die
Wende des 16. und 17. Jahrhunderts stellt sich sichtbar eine gewisse Ueber¬
sättigung ein, und von diesem Zeitpunkt datirt jene tiefeinschneidende, die
ganze folgende Periode bis heute beherrschende Scheidung zwischen dem
gebildeten Publikum, was allein auch das lesende vorstellt und dem unge¬
bildeten, was gar nicht oder so wenig wie möglich liest. Vorgearbeitet war
ihr schon seit beinahe zwei Jahrhunderten, seitdem es wieder Leute gab,
welche sich an Virgil und Seneca, an Horaz und Claudian schulten und
begeisterten. Ihre lateinischen Oden, Epen und Dramen verfertigten sie mit
stolzem Bewußtsein der Cxclusivität nur für ein kleines gewähltes Publicum,
das gerade so wie sie durch die Poetenschulen die Rohheit der Volkssprache
und der Volksliteratur hatte verabscheuen lernen. Aber dieselben Leute ver¬
schmähten es doch nicht, zu dem Volke in seiner eigenen Sprache zu sprechen,
entweder weil der nationale Geist sie gleichsam gegen ihre Ueberzeugung mit
fortriß, oder weil sie es vorzogen, zu Millionen deutsch, statt zu einigen tau¬
fenden lateinisch zu reden.
(Schluß folgt.)
Das zweite Kaiserreich im Lichte der französischen Geschichte
Schreibung.
VI. Mexico.
Von La Soledad bis zu Maximilian's Ankunft in Veracruz.
Die Verwerfung der Convention von La Soledad von Seiten Frank¬
reichs hatte die Lösung der Coalition zur nächsten Folge. England war
von Anfang an entschlossen, sich von Frankreich zu keiner Einmischungs- oder
Restaurationspolitik verleiten zu lassen, Spanien schloß sich der englischen
Auffassung an, sobald es erkannt hatte, daß wohl die Gründung einer meri-
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