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Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band.

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sah: daß das Theater sich den höheren Culturanstalten des Landes an¬
schließen müsse, unstörbar festgehalten und Devrients Ausführung dieses
Planes durch alle seine Kämpfe hindurch gegen banale Vergnügungslust, wie
gegen die Anfeindungen einer Cotterie, die den ererbten Einfluß aus die
Hofbühne einbüßte, unverrückt gestützt.

Und so überzeugend war der Erfolg, so gut der Beweis von der
Nothwendigkeit einer sachverständigen Leitung, die inmitten der zerfahrenen
und an künstlerischem Geist verfallenen Theaterzustände ein Theater künst¬
lerisch wie finanziell Prosveriren macht, an dem die Sitte herrscht und der
gute Geschmack und ein festes System, und die somit den Erweis liefert, daß
der Mann von Fach der beste und wohlfeilste Bühnenleiter sei: daß der
Großherzog von dieser Nothwendigkeit so überzeugt wurde, um zu Devrients
Nachfolger einen gleichfalls dem Bühnenleben erzogenen Mann zu wählen.

Herr Director Kaiser -- in Theaterkreisen aus seiner langjährigen Regie
und Schauspielerthätigkeit in Hannover und Berlin wohlbekannt -- hat der
deutschen Bühnenwelt gegenüber eine ernste Verpflichtung übernommen, die
Organisation und das System, welche das Karlsruher Theater ausgezeichnet
haben, aufrecht zu erhalten und der Künstlerdirection die Anerkennung zu
wahren.

Möge Ed. Devrient in der ehrenvollen Muße, welche ihm jetzt gewor¬
den ist, vor Allem die größte Freude erleben, daß das Princip seiner Leitung:
Das Theater zu dem schönsten Culturmittel unserer Volksbildung zu erheben,
allgemeine Anerkennung finde.




Die Regierung und die schönen Künste in Frankreich.

Die Kenntniß der französischen Malerei hat seit einigen Jahren in
Deutschland bedeutende Fortschritte gemacht; zu diesem erfreulichen Ergeb¬
nisse, das beiden Nachbarvölkern nur zu Vortheil und Ehre gereichen kann,
haben mehrere Umstände gemeinsam beigetragen. Während früher nämlich
nur in verhältnißmäßig seltenen Fällen ein Bild aus Paris über den Rhein
gelangte und das kunstliebende Publikum sich also mit den allerdings zahl¬
reichen und vielverbreiteten, die Gemälde reproducirenden Stichen begnügen
mußte, haben in jüngster Vergangenheit die französischen Künstler angefangen,
ihre Werke auch auf deutsche Ausstellungen zu schicken; aus der Münchener
sogar behaupteten sie einen hohen, wenn nicht den ersten Rang, obgleich
nicht einmal die Hauptmeister sich hatten vertreten lassen. Von vielleicht


sah: daß das Theater sich den höheren Culturanstalten des Landes an¬
schließen müsse, unstörbar festgehalten und Devrients Ausführung dieses
Planes durch alle seine Kämpfe hindurch gegen banale Vergnügungslust, wie
gegen die Anfeindungen einer Cotterie, die den ererbten Einfluß aus die
Hofbühne einbüßte, unverrückt gestützt.

Und so überzeugend war der Erfolg, so gut der Beweis von der
Nothwendigkeit einer sachverständigen Leitung, die inmitten der zerfahrenen
und an künstlerischem Geist verfallenen Theaterzustände ein Theater künst¬
lerisch wie finanziell Prosveriren macht, an dem die Sitte herrscht und der
gute Geschmack und ein festes System, und die somit den Erweis liefert, daß
der Mann von Fach der beste und wohlfeilste Bühnenleiter sei: daß der
Großherzog von dieser Nothwendigkeit so überzeugt wurde, um zu Devrients
Nachfolger einen gleichfalls dem Bühnenleben erzogenen Mann zu wählen.

Herr Director Kaiser — in Theaterkreisen aus seiner langjährigen Regie
und Schauspielerthätigkeit in Hannover und Berlin wohlbekannt — hat der
deutschen Bühnenwelt gegenüber eine ernste Verpflichtung übernommen, die
Organisation und das System, welche das Karlsruher Theater ausgezeichnet
haben, aufrecht zu erhalten und der Künstlerdirection die Anerkennung zu
wahren.

Möge Ed. Devrient in der ehrenvollen Muße, welche ihm jetzt gewor¬
den ist, vor Allem die größte Freude erleben, daß das Princip seiner Leitung:
Das Theater zu dem schönsten Culturmittel unserer Volksbildung zu erheben,
allgemeine Anerkennung finde.




Die Regierung und die schönen Künste in Frankreich.

Die Kenntniß der französischen Malerei hat seit einigen Jahren in
Deutschland bedeutende Fortschritte gemacht; zu diesem erfreulichen Ergeb¬
nisse, das beiden Nachbarvölkern nur zu Vortheil und Ehre gereichen kann,
haben mehrere Umstände gemeinsam beigetragen. Während früher nämlich
nur in verhältnißmäßig seltenen Fällen ein Bild aus Paris über den Rhein
gelangte und das kunstliebende Publikum sich also mit den allerdings zahl¬
reichen und vielverbreiteten, die Gemälde reproducirenden Stichen begnügen
mußte, haben in jüngster Vergangenheit die französischen Künstler angefangen,
ihre Werke auch auf deutsche Ausstellungen zu schicken; aus der Münchener
sogar behaupteten sie einen hohen, wenn nicht den ersten Rang, obgleich
nicht einmal die Hauptmeister sich hatten vertreten lassen. Von vielleicht


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[0174] sah: daß das Theater sich den höheren Culturanstalten des Landes an¬ schließen müsse, unstörbar festgehalten und Devrients Ausführung dieses Planes durch alle seine Kämpfe hindurch gegen banale Vergnügungslust, wie gegen die Anfeindungen einer Cotterie, die den ererbten Einfluß aus die Hofbühne einbüßte, unverrückt gestützt. Und so überzeugend war der Erfolg, so gut der Beweis von der Nothwendigkeit einer sachverständigen Leitung, die inmitten der zerfahrenen und an künstlerischem Geist verfallenen Theaterzustände ein Theater künst¬ lerisch wie finanziell Prosveriren macht, an dem die Sitte herrscht und der gute Geschmack und ein festes System, und die somit den Erweis liefert, daß der Mann von Fach der beste und wohlfeilste Bühnenleiter sei: daß der Großherzog von dieser Nothwendigkeit so überzeugt wurde, um zu Devrients Nachfolger einen gleichfalls dem Bühnenleben erzogenen Mann zu wählen. Herr Director Kaiser — in Theaterkreisen aus seiner langjährigen Regie und Schauspielerthätigkeit in Hannover und Berlin wohlbekannt — hat der deutschen Bühnenwelt gegenüber eine ernste Verpflichtung übernommen, die Organisation und das System, welche das Karlsruher Theater ausgezeichnet haben, aufrecht zu erhalten und der Künstlerdirection die Anerkennung zu wahren. Möge Ed. Devrient in der ehrenvollen Muße, welche ihm jetzt gewor¬ den ist, vor Allem die größte Freude erleben, daß das Princip seiner Leitung: Das Theater zu dem schönsten Culturmittel unserer Volksbildung zu erheben, allgemeine Anerkennung finde. Die Regierung und die schönen Künste in Frankreich. Die Kenntniß der französischen Malerei hat seit einigen Jahren in Deutschland bedeutende Fortschritte gemacht; zu diesem erfreulichen Ergeb¬ nisse, das beiden Nachbarvölkern nur zu Vortheil und Ehre gereichen kann, haben mehrere Umstände gemeinsam beigetragen. Während früher nämlich nur in verhältnißmäßig seltenen Fällen ein Bild aus Paris über den Rhein gelangte und das kunstliebende Publikum sich also mit den allerdings zahl¬ reichen und vielverbreiteten, die Gemälde reproducirenden Stichen begnügen mußte, haben in jüngster Vergangenheit die französischen Künstler angefangen, ihre Werke auch auf deutsche Ausstellungen zu schicken; aus der Münchener sogar behaupteten sie einen hohen, wenn nicht den ersten Rang, obgleich nicht einmal die Hauptmeister sich hatten vertreten lassen. Von vielleicht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341811_123619/174>, abgerufen am 27.07.2024.