Die Grenzboten. Jg. 29, 1870, I. Semester. I. Band.in Galizien überwiegt es mit mehr als 90 Procent. Im mittleren Galizien, Aeisebilder aus Galisien. 1. An der Grenze. Von den deutschen ethnographischen und historischen Handbüchern, welche in Galizien überwiegt es mit mehr als 90 Procent. Im mittleren Galizien, Aeisebilder aus Galisien. 1. An der Grenze. Von den deutschen ethnographischen und historischen Handbüchern, welche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0077" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/123165"/> <p xml:id="ID_211" prev="#ID_210"> in Galizien überwiegt es mit mehr als 90 Procent. Im mittleren Galizien,<lb/> und einem Theile von Ungarn gehören ihm noch mehr als vier Fünftheile der<lb/> Bevölkerung an. Zwischen diesen und der Hälfte schwankt die katholische<lb/> Bevölkerung in einem großen Theile von Ungarn und Dalmatien. In an¬<lb/> deren Theilen Ungarns, in einem Theile Siebenbürgens und der Militär¬<lb/> grenze sinkt sie bis auf 20 Procent. Die Bukowina hat nur etwas über<lb/> 11 Procent katholischer Einwohner und in einem Theile der Militärgrenze<lb/> fehlt dieselbe fast ganz.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Aeisebilder aus Galisien.</head><lb/> <div n="2"> <head> 1. An der Grenze.</head><lb/> <p xml:id="ID_212" next="#ID_213"> Von den deutschen ethnographischen und historischen Handbüchern, welche<lb/> ich über Galizien zu Rathe gezogen, hatte jedes mit der Versicherung begon¬<lb/> nen, die deutschen Herzogthümer Auschwitz und Zator bildeten den westlichsten<lb/> Theil des ludomerisch-galizischen Königreichs. In Oszwienczym (so lautet<lb/> die polnische Bezeichnung für Auschwitz) macht der Zug, der den Reisenden<lb/> von Breslau nach Krakau führt, zum ersten Male für längere Zeit Halt,<lb/> wahrscheinlich, um den Wanderer, der von Westen kommt, zu Betrachtungen<lb/> über den deutschen Charakter dieses Grenzpostens einstiger deutsch-römischer<lb/> Herrlichkeit und die Bedeutsamkeit der Notiz einzuladen, die ihn erst hier von<lb/> der heimischen Culturwelt Abschied nehmen läßt. — Es war spät am Abend,<lb/> als wir in Auschwitz-Oszwienezym eintrafen, um hier den aus Wien kommen¬<lb/> den Courirzug abzuwarten. Die blauen Höhenzüge des Riesengebirges, welche<lb/> in die Umgebung Breslaus hinabsehen und derselben einen eigenthümlichen<lb/> Reiz verleihen, waren schon längst vor dem Untergang der winterlichen<lb/> Sonne verschwunden, — die weiten reizlosen Ebenen, die an die östreichische<lb/> Grenze führen, hatten ihre Pflicht gethan und den Reisenden in festen<lb/> Schlummer gewiegt. Noch nicht zu klarem Bewußtsein gelangt, steigt er aus<lb/> dem Boden des deutschen Herzogthums Auschwitz aus — er sieht - sich um<lb/> und es dauert eine Weile, ehe er sich orientirt hat. Auf den ersten Blick<lb/> hatte er geglaubt, sich im Herzen des russischen Litthauen, jener interessanten<lb/> Landschaft zu befinden, um deren Besitz Russen und Polen seit Jahrhunderten<lb/> streiten, während Land und Leute in Schmutz, Armuth und Unordnung unter¬<lb/> gehen und den Werth des streitigen Objects täglich zweifelhafter erscheinen<lb/> lassen. Ein langgestrecktes niedriges Bahnhofsgebäude dehnt sich schläfrig</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0077]
in Galizien überwiegt es mit mehr als 90 Procent. Im mittleren Galizien,
und einem Theile von Ungarn gehören ihm noch mehr als vier Fünftheile der
Bevölkerung an. Zwischen diesen und der Hälfte schwankt die katholische
Bevölkerung in einem großen Theile von Ungarn und Dalmatien. In an¬
deren Theilen Ungarns, in einem Theile Siebenbürgens und der Militär¬
grenze sinkt sie bis auf 20 Procent. Die Bukowina hat nur etwas über
11 Procent katholischer Einwohner und in einem Theile der Militärgrenze
fehlt dieselbe fast ganz.
Aeisebilder aus Galisien.
1. An der Grenze.
Von den deutschen ethnographischen und historischen Handbüchern, welche
ich über Galizien zu Rathe gezogen, hatte jedes mit der Versicherung begon¬
nen, die deutschen Herzogthümer Auschwitz und Zator bildeten den westlichsten
Theil des ludomerisch-galizischen Königreichs. In Oszwienczym (so lautet
die polnische Bezeichnung für Auschwitz) macht der Zug, der den Reisenden
von Breslau nach Krakau führt, zum ersten Male für längere Zeit Halt,
wahrscheinlich, um den Wanderer, der von Westen kommt, zu Betrachtungen
über den deutschen Charakter dieses Grenzpostens einstiger deutsch-römischer
Herrlichkeit und die Bedeutsamkeit der Notiz einzuladen, die ihn erst hier von
der heimischen Culturwelt Abschied nehmen läßt. — Es war spät am Abend,
als wir in Auschwitz-Oszwienezym eintrafen, um hier den aus Wien kommen¬
den Courirzug abzuwarten. Die blauen Höhenzüge des Riesengebirges, welche
in die Umgebung Breslaus hinabsehen und derselben einen eigenthümlichen
Reiz verleihen, waren schon längst vor dem Untergang der winterlichen
Sonne verschwunden, — die weiten reizlosen Ebenen, die an die östreichische
Grenze führen, hatten ihre Pflicht gethan und den Reisenden in festen
Schlummer gewiegt. Noch nicht zu klarem Bewußtsein gelangt, steigt er aus
dem Boden des deutschen Herzogthums Auschwitz aus — er sieht - sich um
und es dauert eine Weile, ehe er sich orientirt hat. Auf den ersten Blick
hatte er geglaubt, sich im Herzen des russischen Litthauen, jener interessanten
Landschaft zu befinden, um deren Besitz Russen und Polen seit Jahrhunderten
streiten, während Land und Leute in Schmutz, Armuth und Unordnung unter¬
gehen und den Werth des streitigen Objects täglich zweifelhafter erscheinen
lassen. Ein langgestrecktes niedriges Bahnhofsgebäude dehnt sich schläfrig
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