Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, II. Semester. II. Band.wie in religiösem das Gewissen, -- daß die centrifugalen Elemente in cen- Aus Schleswig-Holstein. Nachstehendes Schreiben eines Mitgliedes der preußischen Partei in Kiel, Sehr geehrter Herr! Ihren Brief habe ich einige Zeit liegen lassen müssen, weil der Ausfall Mit der particularistischen Landespartei, deren Organisation wie überall, Grenzboten IV. 1869. 63
wie in religiösem das Gewissen, — daß die centrifugalen Elemente in cen- Aus Schleswig-Holstein. Nachstehendes Schreiben eines Mitgliedes der preußischen Partei in Kiel, Sehr geehrter Herr! Ihren Brief habe ich einige Zeit liegen lassen müssen, weil der Ausfall Mit der particularistischen Landespartei, deren Organisation wie überall, Grenzboten IV. 1869. 63
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0505" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/122260"/> <p xml:id="ID_1423" prev="#ID_1422"> wie in religiösem das Gewissen, — daß die centrifugalen Elemente in cen-<lb/> tripetale umgewandelt werden müssen, indem man ihren Interessen einen<lb/> Mittelpunkt innerhalb des Reiches gewährt, — daß es ein Unsinn ist, mit dem<lb/> Werke der Verständigung diejenige Versammlung zu betrauen, welche von der<lb/> Opposition nur als Ausdruck der feindlichen Partei angesehen wird: alle<lb/> solche Sätze laufen zu sehr gegen den herkömmlichen Strich, als daß sie<lb/> unsere Tagespolitiker nicht in Harnisch bringen sollten. Wie zu Schmerlings<lb/> Zeiten steifen sie sich darauf, daß nichts gegen die Verfassung und auch nichts<lb/> neben derselben geduldet werden dürfe. Und doch! wie sie im Handumdrehen<lb/> begeisterte Lobredner des Dualismus wurden, so werden sie sich auch mit dem<lb/> Föderalismus aussöhnen, wann sie die Gelegenheit verscherzt haben, an dem<lb/> Umbau mitzuwirken.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Aus Schleswig-Holstein.</head><lb/> <p xml:id="ID_1424"> Nachstehendes Schreiben eines Mitgliedes der preußischen Partei in Kiel,<lb/> gerichtet an einen in den alten Provinzen seßhaften Landsmann, geht uns<lb/> mit der Bitte um Veröffentlichung zu.</p><lb/> <note type="salute"> Sehr geehrter Herr!</note><lb/> <p xml:id="ID_1425"> Ihren Brief habe ich einige Zeit liegen lassen müssen, weil der Ausfall<lb/> der hiesigen Stadtvervrdnetenwahl abzuwarten stand, bevor ich Ihren Wunsch<lb/> nach einigen Notizen über die Kieler politischen Dinge erfüllen konnte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1426" next="#ID_1427"> Mit der particularistischen Landespartei, deren Organisation wie überall,<lb/> so auch hier durch den Verein der Schleswig-holsteinischen Kampfgenossen be¬<lb/> wirkt wird, und welche die Bezeichnung „liberale Partei" für sich beanspruchte,<lb/> hat bei unseren Wahlen die sog. „Colosseumspartei" die Kräfte gemessen.<lb/> Das Gros dieser Coalitionspartei bildete die „Volkspartei", welche den Grund¬<lb/> sätzen der süddeutschen Volkspartet huldigt, und deren hiesiger Führer, von<lb/> Maack, gemeinsam mit dem Neichstagsmitgliede Grafen E. Baudissin die<lb/> Vereinstage der Frese und Karl Mayer besucht. Diese demokratische Linke<lb/> hat sich als wohl disciplinirt gezeigt. Im Bunde mit der „Volkspartei"<lb/> wirkt nun eine Fraction der preußischen Partei, nämlich derjenige Theil der¬<lb/> selben, welcher aus dem Lager der ehemaligen dänischen Gesammtstaats-<lb/> Partei in das preußische übergegangen ist. Als Führer dieser Fraction ist<lb/> der Justizrath Castagne zu nennen, von ihm laufen die Fäden direct zum<lb/> Oberpräsidenten, der ihm durch langjährige politische Kameradschaft verbun-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten IV. 1869. 63</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0505]
wie in religiösem das Gewissen, — daß die centrifugalen Elemente in cen-
tripetale umgewandelt werden müssen, indem man ihren Interessen einen
Mittelpunkt innerhalb des Reiches gewährt, — daß es ein Unsinn ist, mit dem
Werke der Verständigung diejenige Versammlung zu betrauen, welche von der
Opposition nur als Ausdruck der feindlichen Partei angesehen wird: alle
solche Sätze laufen zu sehr gegen den herkömmlichen Strich, als daß sie
unsere Tagespolitiker nicht in Harnisch bringen sollten. Wie zu Schmerlings
Zeiten steifen sie sich darauf, daß nichts gegen die Verfassung und auch nichts
neben derselben geduldet werden dürfe. Und doch! wie sie im Handumdrehen
begeisterte Lobredner des Dualismus wurden, so werden sie sich auch mit dem
Föderalismus aussöhnen, wann sie die Gelegenheit verscherzt haben, an dem
Umbau mitzuwirken.
Aus Schleswig-Holstein.
Nachstehendes Schreiben eines Mitgliedes der preußischen Partei in Kiel,
gerichtet an einen in den alten Provinzen seßhaften Landsmann, geht uns
mit der Bitte um Veröffentlichung zu.
Sehr geehrter Herr!
Ihren Brief habe ich einige Zeit liegen lassen müssen, weil der Ausfall
der hiesigen Stadtvervrdnetenwahl abzuwarten stand, bevor ich Ihren Wunsch
nach einigen Notizen über die Kieler politischen Dinge erfüllen konnte.
Mit der particularistischen Landespartei, deren Organisation wie überall,
so auch hier durch den Verein der Schleswig-holsteinischen Kampfgenossen be¬
wirkt wird, und welche die Bezeichnung „liberale Partei" für sich beanspruchte,
hat bei unseren Wahlen die sog. „Colosseumspartei" die Kräfte gemessen.
Das Gros dieser Coalitionspartei bildete die „Volkspartei", welche den Grund¬
sätzen der süddeutschen Volkspartet huldigt, und deren hiesiger Führer, von
Maack, gemeinsam mit dem Neichstagsmitgliede Grafen E. Baudissin die
Vereinstage der Frese und Karl Mayer besucht. Diese demokratische Linke
hat sich als wohl disciplinirt gezeigt. Im Bunde mit der „Volkspartei"
wirkt nun eine Fraction der preußischen Partei, nämlich derjenige Theil der¬
selben, welcher aus dem Lager der ehemaligen dänischen Gesammtstaats-
Partei in das preußische übergegangen ist. Als Führer dieser Fraction ist
der Justizrath Castagne zu nennen, von ihm laufen die Fäden direct zum
Oberpräsidenten, der ihm durch langjährige politische Kameradschaft verbun-
Grenzboten IV. 1869. 63
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