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Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band.

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Zeit bei Paaren über viermal zu mir gekommen sind und sich mit mir von
der Sache ohne Protokoll und Canzleibedienten häufig und gütig besprochen,
und da sie nichts gefunden, der Kaiserin Anna hochseligen Gedächtnisses
meine Unschuld berichtet und ich nach 10 Monaten nach Se. Petersburg
ans deutsche Justizcollegium gesandt und daselbst gleichfalls zu vier malen
blos über einige nichtssagende Discourse exciminirt und vom Anfange bis
zuletzt jederzeit mit einem Stuhl beehrt, auch zu Petersburg in einem
adelichen Hause in meublirten Zimmern bis zur Abschickung logirt worden,

3) daß auch das Justizcollegium damals an die Hochselige kaiserliche
Anna und im verwichenen Jahre an den dirigirenden Senat schriftlich be¬
richtet, es wäre in meiner Sache kein crimen, sondern nur DiseourLen sans
Loki8<z<zu<;ne6 gefunden worden, auf welche Unschuld sich auch nun der Se-
natsvortrag und meine Restitution gegründet hat,

4) und obzwar meine teutsche Verfolger insoweit über meine Un¬
schuld triumphirt, daß ich entfernt werden sollen, so habe ich dennoch gleich¬
wohl auch bei der Abschickung gleiche Ehre mit den staatsgefangenen vom
ersten Rang empfunden, indem ich durch einen Capitain von der Garde bis
Tobolsko geliefert und der Instruction gemäß, als ein honneter Arrestant
bis zu meiner Befreiung gehalten worden bin."

Von den sibirischen Geschicken des zum "sonneten Gefangenen vom ersten
Rang" beförderten Schleswiger Bürgerssohnsund dessen Ende, soll das nächste
Mal berichtet werden.




Literatur.

Kunsthistorische Studien von Wilh. Lübke. Stuttgart. Verlag von
Ebner u. seubert. 1869.

In der vorliegenden Sammlung kunsthistorischer Aufsätze, die bereits früher
einzeln veröffentlicht, hier in neuer Bearbeitung erscheinen, müssen diejenigen von be¬
sonderem Interesse sein, die sich auf bisher nur wenig beachtete Specialitäten der
Kunstgeschichte beziehen. Der erste derselben, "eine Reise in Mecklenburg", behan¬
delt in sehr eingehender Weise die hervorragendsten gothischen Bauwerke dieses Lan¬
des, als deren originellstes die im ersten Decennium des 14ten Jahrhunderts be¬
gonnene Klosterkirche zu Doberan erscheint. Nach dem Vorbilde derselben wurden
von den reichsten Städten des Landes während der Blüthezeit ihrer Macht die


Zeit bei Paaren über viermal zu mir gekommen sind und sich mit mir von
der Sache ohne Protokoll und Canzleibedienten häufig und gütig besprochen,
und da sie nichts gefunden, der Kaiserin Anna hochseligen Gedächtnisses
meine Unschuld berichtet und ich nach 10 Monaten nach Se. Petersburg
ans deutsche Justizcollegium gesandt und daselbst gleichfalls zu vier malen
blos über einige nichtssagende Discourse exciminirt und vom Anfange bis
zuletzt jederzeit mit einem Stuhl beehrt, auch zu Petersburg in einem
adelichen Hause in meublirten Zimmern bis zur Abschickung logirt worden,

3) daß auch das Justizcollegium damals an die Hochselige kaiserliche
Anna und im verwichenen Jahre an den dirigirenden Senat schriftlich be¬
richtet, es wäre in meiner Sache kein crimen, sondern nur DiseourLen sans
Loki8<z<zu<;ne6 gefunden worden, auf welche Unschuld sich auch nun der Se-
natsvortrag und meine Restitution gegründet hat,

4) und obzwar meine teutsche Verfolger insoweit über meine Un¬
schuld triumphirt, daß ich entfernt werden sollen, so habe ich dennoch gleich¬
wohl auch bei der Abschickung gleiche Ehre mit den staatsgefangenen vom
ersten Rang empfunden, indem ich durch einen Capitain von der Garde bis
Tobolsko geliefert und der Instruction gemäß, als ein honneter Arrestant
bis zu meiner Befreiung gehalten worden bin."

Von den sibirischen Geschicken des zum „sonneten Gefangenen vom ersten
Rang" beförderten Schleswiger Bürgerssohnsund dessen Ende, soll das nächste
Mal berichtet werden.




Literatur.

Kunsthistorische Studien von Wilh. Lübke. Stuttgart. Verlag von
Ebner u. seubert. 1869.

In der vorliegenden Sammlung kunsthistorischer Aufsätze, die bereits früher
einzeln veröffentlicht, hier in neuer Bearbeitung erscheinen, müssen diejenigen von be¬
sonderem Interesse sein, die sich auf bisher nur wenig beachtete Specialitäten der
Kunstgeschichte beziehen. Der erste derselben, „eine Reise in Mecklenburg", behan¬
delt in sehr eingehender Weise die hervorragendsten gothischen Bauwerke dieses Lan¬
des, als deren originellstes die im ersten Decennium des 14ten Jahrhunderts be¬
gonnene Klosterkirche zu Doberan erscheint. Nach dem Vorbilde derselben wurden
von den reichsten Städten des Landes während der Blüthezeit ihrer Macht die


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[0447] Zeit bei Paaren über viermal zu mir gekommen sind und sich mit mir von der Sache ohne Protokoll und Canzleibedienten häufig und gütig besprochen, und da sie nichts gefunden, der Kaiserin Anna hochseligen Gedächtnisses meine Unschuld berichtet und ich nach 10 Monaten nach Se. Petersburg ans deutsche Justizcollegium gesandt und daselbst gleichfalls zu vier malen blos über einige nichtssagende Discourse exciminirt und vom Anfange bis zuletzt jederzeit mit einem Stuhl beehrt, auch zu Petersburg in einem adelichen Hause in meublirten Zimmern bis zur Abschickung logirt worden, 3) daß auch das Justizcollegium damals an die Hochselige kaiserliche Anna und im verwichenen Jahre an den dirigirenden Senat schriftlich be¬ richtet, es wäre in meiner Sache kein crimen, sondern nur DiseourLen sans Loki8<z<zu<;ne6 gefunden worden, auf welche Unschuld sich auch nun der Se- natsvortrag und meine Restitution gegründet hat, 4) und obzwar meine teutsche Verfolger insoweit über meine Un¬ schuld triumphirt, daß ich entfernt werden sollen, so habe ich dennoch gleich¬ wohl auch bei der Abschickung gleiche Ehre mit den staatsgefangenen vom ersten Rang empfunden, indem ich durch einen Capitain von der Garde bis Tobolsko geliefert und der Instruction gemäß, als ein honneter Arrestant bis zu meiner Befreiung gehalten worden bin." Von den sibirischen Geschicken des zum „sonneten Gefangenen vom ersten Rang" beförderten Schleswiger Bürgerssohnsund dessen Ende, soll das nächste Mal berichtet werden. Literatur. Kunsthistorische Studien von Wilh. Lübke. Stuttgart. Verlag von Ebner u. seubert. 1869. In der vorliegenden Sammlung kunsthistorischer Aufsätze, die bereits früher einzeln veröffentlicht, hier in neuer Bearbeitung erscheinen, müssen diejenigen von be¬ sonderem Interesse sein, die sich auf bisher nur wenig beachtete Specialitäten der Kunstgeschichte beziehen. Der erste derselben, „eine Reise in Mecklenburg", behan¬ delt in sehr eingehender Weise die hervorragendsten gothischen Bauwerke dieses Lan¬ des, als deren originellstes die im ersten Decennium des 14ten Jahrhunderts be¬ gonnene Klosterkirche zu Doberan erscheint. Nach dem Vorbilde derselben wurden von den reichsten Städten des Landes während der Blüthezeit ihrer Macht die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 28, 1869, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341809_120686/447>, abgerufen am 24.07.2024.