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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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sich bekennen und demgemäß handeln. Die westliche Hälfte der deutschen
Ostseeküste ist ohnehin mit den drei Universitäten Greifswald, Rostock und
Kiel allzu reichlich versehen, und von diesen hat Kiel eine besonders ungün¬
stige Lage. Will man die Universität Kiel nicht verlegen, so ist kein Grund,
weshalb sie noch ferner erhalten bleiben soll.

Endlich noch Eins. Der Grund, welcher der Anlage von Universitäten
in großen Städten meist entgegengehalten wird, ist bekannt; es ist die Fülle
sinnlicher Genüsse, deren Verlockungen man die Jugend nicht ausgesetzt wissen
will. Aber wenn es möglich war, daß in einer Stadt wie Berlin,, welche
solche Bedenken nicht minder treffen, die Universität und zahlreiche andere
große Bildungsanstalten zu so glänzender Blüthe gelangt sind, so wird Jenes
auch Hamburg nicht entgegenstehen. Es bedarf für die Gründung der Uni¬
versität in Hamburg eines großartigen Willens, eines Entschlusses wie der,
welchem die berliner Universität ein preiswürdiges Dasein verdankt.




Hermann Äcmmaartens, Geschichte von Spanien.

Staatengeschichte der neuesten Zeit. Vierzehnter Band. Erste Hälfte.
Geschichte Spaniens vom Ausbruch der französischen Revolution bis auf unsere
Tage. Von Hermann Baumgarten. Zweiter Theil. Erster Halbhart.
Leipzig, S. Hirzel. 1868.

Die letzte Katastrophe in Spanien ist von einer ungeheuren Majorität
der Deutschen mit lebhafter Freude begrüßt worden. Zuerst natürlich wegen
der Spanier selbst. Dann, weil auch für uns eine Niederlage der französischen
Chauvinisten und der Ultramontanen in diesem Augenblick die Bedeutung
eines siegreichen Erfolges hat.

Endlich sei hier verstattet, noch eine kleine Privatfreude über die große
Krisis auszusprechen, und zwar im Interesse des deutschen Geschicht¬
schreibers spanischer Schicksale. Denn seiner Geschichte Spaniens wird durch
die Ereignisse jetzt ein Abschluß geschaffen, wie ihn der Historiker sich
nicht besser wünschen kann. Und da wir nicht möchten, daß diese Ge¬
lehrtenfreude über die Förderung, welche die Arbeit eines Einzelnen erfährt,
vor dem großen Strom politischer Ereignisse unsern Landsleuten frivol er¬
scheine, soll hier angedeutet werden, weshalb unser Publikum Ursache hat, dies
Behagen zu theilen. Bekanntlich ist die Aufgabe des Historikers, das geschicht¬
lich Gewordene nach dem Maß der Kenntnisse und des Verständnisses, welches


sich bekennen und demgemäß handeln. Die westliche Hälfte der deutschen
Ostseeküste ist ohnehin mit den drei Universitäten Greifswald, Rostock und
Kiel allzu reichlich versehen, und von diesen hat Kiel eine besonders ungün¬
stige Lage. Will man die Universität Kiel nicht verlegen, so ist kein Grund,
weshalb sie noch ferner erhalten bleiben soll.

Endlich noch Eins. Der Grund, welcher der Anlage von Universitäten
in großen Städten meist entgegengehalten wird, ist bekannt; es ist die Fülle
sinnlicher Genüsse, deren Verlockungen man die Jugend nicht ausgesetzt wissen
will. Aber wenn es möglich war, daß in einer Stadt wie Berlin,, welche
solche Bedenken nicht minder treffen, die Universität und zahlreiche andere
große Bildungsanstalten zu so glänzender Blüthe gelangt sind, so wird Jenes
auch Hamburg nicht entgegenstehen. Es bedarf für die Gründung der Uni¬
versität in Hamburg eines großartigen Willens, eines Entschlusses wie der,
welchem die berliner Universität ein preiswürdiges Dasein verdankt.




Hermann Äcmmaartens, Geschichte von Spanien.

Staatengeschichte der neuesten Zeit. Vierzehnter Band. Erste Hälfte.
Geschichte Spaniens vom Ausbruch der französischen Revolution bis auf unsere
Tage. Von Hermann Baumgarten. Zweiter Theil. Erster Halbhart.
Leipzig, S. Hirzel. 1868.

Die letzte Katastrophe in Spanien ist von einer ungeheuren Majorität
der Deutschen mit lebhafter Freude begrüßt worden. Zuerst natürlich wegen
der Spanier selbst. Dann, weil auch für uns eine Niederlage der französischen
Chauvinisten und der Ultramontanen in diesem Augenblick die Bedeutung
eines siegreichen Erfolges hat.

Endlich sei hier verstattet, noch eine kleine Privatfreude über die große
Krisis auszusprechen, und zwar im Interesse des deutschen Geschicht¬
schreibers spanischer Schicksale. Denn seiner Geschichte Spaniens wird durch
die Ereignisse jetzt ein Abschluß geschaffen, wie ihn der Historiker sich
nicht besser wünschen kann. Und da wir nicht möchten, daß diese Ge¬
lehrtenfreude über die Förderung, welche die Arbeit eines Einzelnen erfährt,
vor dem großen Strom politischer Ereignisse unsern Landsleuten frivol er¬
scheine, soll hier angedeutet werden, weshalb unser Publikum Ursache hat, dies
Behagen zu theilen. Bekanntlich ist die Aufgabe des Historikers, das geschicht¬
lich Gewordene nach dem Maß der Kenntnisse und des Verständnisses, welches


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/80>, abgerufen am 05.02.2025.