Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.linie für sich selbst oder eine allgemeine Umgestaltung der Grenzbezirksein- Polnischer Monatsbericht. X Der unglückliche Einfluß des Jahres 1866 auf die "freiheitliche Ent¬ linie für sich selbst oder eine allgemeine Umgestaltung der Grenzbezirksein- Polnischer Monatsbericht. X Der unglückliche Einfluß des Jahres 1866 auf die „freiheitliche Ent¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0041" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/287313"/> <p xml:id="ID_77" prev="#ID_76"> linie für sich selbst oder eine allgemeine Umgestaltung der Grenzbezirksein-<lb/> richtung im deutschen Zollverein erreichen kann.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Polnischer Monatsbericht.</head><lb/> <note type="byline"> X</note><lb/> <p xml:id="ID_78"> Der unglückliche Einfluß des Jahres 1866 auf die „freiheitliche Ent¬<lb/> wickelung" Deutschlands ist ein vielbeliebtes Schlagwort unserer radicalen<lb/> Parteien. Richtig verstanden hat dasselbe eine gewisse Wahrheit, nur sitzen<lb/> die Hemmungen der Freiheit nicht da, wo die verbündeten Legitimisten, ver¬<lb/> schämten und offenen Republikaner sie suchen. Der Alp, der auf der Brust<lb/> unseres öffentlichen Lebens liegt und alle Bestrebungen zu Gunsten eines<lb/> freiheitlichen Aufbaus im norddeutschen Bundesgebäude lähmt, ist die aus¬<lb/> wärtige Politik, der prekäre Zustand, in welchem der preußisch-deutsche Staat<lb/> sich dem Auslande gegenüber befindet. Wir sind in die Reihe der großen<lb/> Staaten Europas getreten, aber wir haben unter ihnen noch nicht Platz ge¬<lb/> nommen und müssen die Hand am Degen halten, um unsere Position zu<lb/> behaupten und zu consolidtren. Unter den gegebenen Verhältnissen wäre<lb/> jeder andere Staat, dem ein plötzlicher Machtzuwachs zu Theil geworden,<lb/> in derselben Lage. Weil Preußen sich selbst geholfen und ohne schützenden<lb/> Patron aus der Lage zwischen Thür und Angel herausgekommen, hat es alle<lb/> kontinentalen Großmächte (Italien zählt unter diesen nicht) zu offenen oder<lb/> geheimen Gegnern — für alle sind die Ereignisse von 1866 unerwartet und<lb/> schon darum unerwünscht gekommen. Hier murren die Völker, dort die Re¬<lb/> gierungen darüber, daß die letzte der europäischen Großmächte zur ersten ge¬<lb/> worden ist und nur dem Umstände, daß die im Occident gleichartigen In¬<lb/> teressen unserer Nachbarn sich im Orient kreuzen, haben wir es zu danken, wenn<lb/> wir nicht all' unsere starken Nachbarn zu Feinden haben. Dazu kommt,<lb/> daß die Mehrzahl europäischer Mittelstaaten von der Furcht der Großen vor<lb/> dem preußisch.deutschen Staat mit angesteckt ist und von einer Gefährdung<lb/> ihrer Interessen fabelt, der jede thatsächliche Begründung fehlt: der skandi¬<lb/> navische Norden hat die Sache Dänemarks wenigstens moralisch zu der sei¬<lb/> nigen gemacht, die Länder an der Rheinmündung fürchten zum Compen-<lb/> sationsobject bei einer möglichen französisch-preußischen Auseinandersetzung zu<lb/> werden, Italien und Spanien, denen ein Gegengewicht gegen den französi¬<lb/> schen Supremat nur zum Vortheil gereichen kann, sind von inneren Schwie¬<lb/> rigkeiten geknebelt und die Türkei zählt in der europäischen Politik schon<lb/> seit lange nur noch als Ambos mit.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0041]
linie für sich selbst oder eine allgemeine Umgestaltung der Grenzbezirksein-
richtung im deutschen Zollverein erreichen kann.
Polnischer Monatsbericht.
X
Der unglückliche Einfluß des Jahres 1866 auf die „freiheitliche Ent¬
wickelung" Deutschlands ist ein vielbeliebtes Schlagwort unserer radicalen
Parteien. Richtig verstanden hat dasselbe eine gewisse Wahrheit, nur sitzen
die Hemmungen der Freiheit nicht da, wo die verbündeten Legitimisten, ver¬
schämten und offenen Republikaner sie suchen. Der Alp, der auf der Brust
unseres öffentlichen Lebens liegt und alle Bestrebungen zu Gunsten eines
freiheitlichen Aufbaus im norddeutschen Bundesgebäude lähmt, ist die aus¬
wärtige Politik, der prekäre Zustand, in welchem der preußisch-deutsche Staat
sich dem Auslande gegenüber befindet. Wir sind in die Reihe der großen
Staaten Europas getreten, aber wir haben unter ihnen noch nicht Platz ge¬
nommen und müssen die Hand am Degen halten, um unsere Position zu
behaupten und zu consolidtren. Unter den gegebenen Verhältnissen wäre
jeder andere Staat, dem ein plötzlicher Machtzuwachs zu Theil geworden,
in derselben Lage. Weil Preußen sich selbst geholfen und ohne schützenden
Patron aus der Lage zwischen Thür und Angel herausgekommen, hat es alle
kontinentalen Großmächte (Italien zählt unter diesen nicht) zu offenen oder
geheimen Gegnern — für alle sind die Ereignisse von 1866 unerwartet und
schon darum unerwünscht gekommen. Hier murren die Völker, dort die Re¬
gierungen darüber, daß die letzte der europäischen Großmächte zur ersten ge¬
worden ist und nur dem Umstände, daß die im Occident gleichartigen In¬
teressen unserer Nachbarn sich im Orient kreuzen, haben wir es zu danken, wenn
wir nicht all' unsere starken Nachbarn zu Feinden haben. Dazu kommt,
daß die Mehrzahl europäischer Mittelstaaten von der Furcht der Großen vor
dem preußisch.deutschen Staat mit angesteckt ist und von einer Gefährdung
ihrer Interessen fabelt, der jede thatsächliche Begründung fehlt: der skandi¬
navische Norden hat die Sache Dänemarks wenigstens moralisch zu der sei¬
nigen gemacht, die Länder an der Rheinmündung fürchten zum Compen-
sationsobject bei einer möglichen französisch-preußischen Auseinandersetzung zu
werden, Italien und Spanien, denen ein Gegengewicht gegen den französi¬
schen Supremat nur zum Vortheil gereichen kann, sind von inneren Schwie¬
rigkeiten geknebelt und die Türkei zählt in der europäischen Politik schon
seit lange nur noch als Ambos mit.
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