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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band.

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denken; weder Webb's Kasemattenpanzerschiff ..Dunderbrog". das wir früher
beschrieben und das jetzt als "Rochambeau" einen Theil der französischen
Flotte bildet, noch auch die neuesten Pläne des Chefs der schottischen Firma,
welcher Schiffen von kreisrunden Horizontalschnitt 13 Knoten Schnellig¬
keit und Sicherheit des Feuerns geben zu können meint, versprechen so solide
Constructionen wie wir sie für unsre Panzerschiffe wünschen müssen. Auch
scheinen sich die Hoffnungen beider Constructeure nicht erfüllt zu haben.
Aber wenn auch nicht als Constructionshafen. in allen andern Beziehungen
ist die Wesermündung eine jedem deutschen Seemannsherzen theuere Stelle
unserer Küste.




Die Verlegung der Kieler Universität nach Hamburg.

Die Grenzboten haben kürzlich (Ur. 41) einen bemerkenswerthen Artikel
aus Holstein gebracht, welcher sich lebhaft für die Verlegung der kieler Uni¬
versität nach Hamburg ausspricht. Wir verkennen das Gewicht der angeführ¬
ten Gründe keineswegs, möchten uns aber doch gegen das Project erklären.
Zunächst glauben wir, daß der Verfasser die Bedeutung Kiels zu gering an¬
schlägt; man mag die Stellung, welche die Universität in den letzten Wirren
genommen, tadeln und zugeben, daß mit der Trennung von Dänemark ihre
frühere politische Aufgabe wesentlich aufgehört hat: eine nationale Aufgabe
bleibt ihr doch, da der Norden Schleswigs dem Deutschthum erst voll zu
gewinnen ist. Der Verfasser hält nun Kiel hierfür nicht geeignet und führt
zum Beweise das Sinken der Universität an; es ist indeß zu berück¬
sichtigen, daß daran in erster Linie die systematische Ungunst Schuld ist, mit
der die dänische Regierung die widerspenstige Hochschule behandelt hat; der¬
gleichen wird nicht rasch wieder verwunden, man denke nur wie lange Göt¬
tingen an den Folgen der Vertreibung der Sieben gelitten hat. Außerdem
findet der Umstand, daß die Anzahl der Studirenden sich auch vermindert
hat seit die Herzogthümer preußisch geworden, seine Erklärung darin, daß
von da an die Schleswig-holsteinischen Studenten eine große Zahl von Lan¬
desuniversitäten zur Auswahl hatten, mit denen sich Kiel nicht messen konnte.
In jüngster Zeit hat die Regierung mehrere tüchtige Männer berufen; wenn
in der Hinsicht noch mehr geschieht, vor allem wenn die nothwendigen neuen
Baulichkeiten, Auditorien, Anatomie, chemisches Laboratorium, Sternwarte :e"
ohne welche in unsern Tagen eine Universität nicht mehr ihre Aufgabe erfül-


Grenzbotm IV. 1868, j 29

denken; weder Webb's Kasemattenpanzerschiff ..Dunderbrog". das wir früher
beschrieben und das jetzt als „Rochambeau" einen Theil der französischen
Flotte bildet, noch auch die neuesten Pläne des Chefs der schottischen Firma,
welcher Schiffen von kreisrunden Horizontalschnitt 13 Knoten Schnellig¬
keit und Sicherheit des Feuerns geben zu können meint, versprechen so solide
Constructionen wie wir sie für unsre Panzerschiffe wünschen müssen. Auch
scheinen sich die Hoffnungen beider Constructeure nicht erfüllt zu haben.
Aber wenn auch nicht als Constructionshafen. in allen andern Beziehungen
ist die Wesermündung eine jedem deutschen Seemannsherzen theuere Stelle
unserer Küste.




Die Verlegung der Kieler Universität nach Hamburg.

Die Grenzboten haben kürzlich (Ur. 41) einen bemerkenswerthen Artikel
aus Holstein gebracht, welcher sich lebhaft für die Verlegung der kieler Uni¬
versität nach Hamburg ausspricht. Wir verkennen das Gewicht der angeführ¬
ten Gründe keineswegs, möchten uns aber doch gegen das Project erklären.
Zunächst glauben wir, daß der Verfasser die Bedeutung Kiels zu gering an¬
schlägt; man mag die Stellung, welche die Universität in den letzten Wirren
genommen, tadeln und zugeben, daß mit der Trennung von Dänemark ihre
frühere politische Aufgabe wesentlich aufgehört hat: eine nationale Aufgabe
bleibt ihr doch, da der Norden Schleswigs dem Deutschthum erst voll zu
gewinnen ist. Der Verfasser hält nun Kiel hierfür nicht geeignet und führt
zum Beweise das Sinken der Universität an; es ist indeß zu berück¬
sichtigen, daß daran in erster Linie die systematische Ungunst Schuld ist, mit
der die dänische Regierung die widerspenstige Hochschule behandelt hat; der¬
gleichen wird nicht rasch wieder verwunden, man denke nur wie lange Göt¬
tingen an den Folgen der Vertreibung der Sieben gelitten hat. Außerdem
findet der Umstand, daß die Anzahl der Studirenden sich auch vermindert
hat seit die Herzogthümer preußisch geworden, seine Erklärung darin, daß
von da an die Schleswig-holsteinischen Studenten eine große Zahl von Lan¬
desuniversitäten zur Auswahl hatten, mit denen sich Kiel nicht messen konnte.
In jüngster Zeit hat die Regierung mehrere tüchtige Männer berufen; wenn
in der Hinsicht noch mehr geschieht, vor allem wenn die nothwendigen neuen
Baulichkeiten, Auditorien, Anatomie, chemisches Laboratorium, Sternwarte :e„
ohne welche in unsern Tagen eine Universität nicht mehr ihre Aufgabe erfül-


Grenzbotm IV. 1868, j 29
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[0245] denken; weder Webb's Kasemattenpanzerschiff ..Dunderbrog". das wir früher beschrieben und das jetzt als „Rochambeau" einen Theil der französischen Flotte bildet, noch auch die neuesten Pläne des Chefs der schottischen Firma, welcher Schiffen von kreisrunden Horizontalschnitt 13 Knoten Schnellig¬ keit und Sicherheit des Feuerns geben zu können meint, versprechen so solide Constructionen wie wir sie für unsre Panzerschiffe wünschen müssen. Auch scheinen sich die Hoffnungen beider Constructeure nicht erfüllt zu haben. Aber wenn auch nicht als Constructionshafen. in allen andern Beziehungen ist die Wesermündung eine jedem deutschen Seemannsherzen theuere Stelle unserer Küste. Die Verlegung der Kieler Universität nach Hamburg. Die Grenzboten haben kürzlich (Ur. 41) einen bemerkenswerthen Artikel aus Holstein gebracht, welcher sich lebhaft für die Verlegung der kieler Uni¬ versität nach Hamburg ausspricht. Wir verkennen das Gewicht der angeführ¬ ten Gründe keineswegs, möchten uns aber doch gegen das Project erklären. Zunächst glauben wir, daß der Verfasser die Bedeutung Kiels zu gering an¬ schlägt; man mag die Stellung, welche die Universität in den letzten Wirren genommen, tadeln und zugeben, daß mit der Trennung von Dänemark ihre frühere politische Aufgabe wesentlich aufgehört hat: eine nationale Aufgabe bleibt ihr doch, da der Norden Schleswigs dem Deutschthum erst voll zu gewinnen ist. Der Verfasser hält nun Kiel hierfür nicht geeignet und führt zum Beweise das Sinken der Universität an; es ist indeß zu berück¬ sichtigen, daß daran in erster Linie die systematische Ungunst Schuld ist, mit der die dänische Regierung die widerspenstige Hochschule behandelt hat; der¬ gleichen wird nicht rasch wieder verwunden, man denke nur wie lange Göt¬ tingen an den Folgen der Vertreibung der Sieben gelitten hat. Außerdem findet der Umstand, daß die Anzahl der Studirenden sich auch vermindert hat seit die Herzogthümer preußisch geworden, seine Erklärung darin, daß von da an die Schleswig-holsteinischen Studenten eine große Zahl von Lan¬ desuniversitäten zur Auswahl hatten, mit denen sich Kiel nicht messen konnte. In jüngster Zeit hat die Regierung mehrere tüchtige Männer berufen; wenn in der Hinsicht noch mehr geschieht, vor allem wenn die nothwendigen neuen Baulichkeiten, Auditorien, Anatomie, chemisches Laboratorium, Sternwarte :e„ ohne welche in unsern Tagen eine Universität nicht mehr ihre Aufgabe erfül- Grenzbotm IV. 1868, j 29

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. II Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_287271/245>, abgerufen am 05.02.2025.