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Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band.

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duktionskraft des Volks wird, wenn der Rausch der Begeisterung verflogen
ist, in welcher man sich gegenwärtig bewegt, nothwendig erlahmen, denn sie
ist über ihr natürliches Maaß hinaus gesteigert; ist der Stillstand einmal
eingetreten, so scheint ein Rückschlag unvermeidlich Zu den verlassenen
schwedischen Fleischtöpfen zurückzukehren, wird dann aller Wahrscheinlichkeit
nach nicht mehr leicht sein und unter allen Umständen dem Selbstgefühl der
Nation einen harten Stoß versetzen.

Die Herrschaft des finnländischen Particularbewußtseins, wie wir das.
selbe oben zu schildern versuchten, ist übrigens schon gegenwärtig so ziemlich
vorüber. Fühlt man auch nicht wieder so gut schwedisch, wie vor fünfzig
und sechzig Jahren, so steht man doch unter dem Einfluß des Scandinavis-
mus und das Ideal eines Föderativstaates, in welchen Dänemark, Nor¬
wegen, Schweden und Finnland verschmolzen werden sollen, zählt gerade
unter den Jungfinnländern zahlreiche Anhänger, zumal seit man aus den in
den letzten Jahren gemachten Ersahrungen gelernt hat, daß die Anschließung
an das Russenthum ihre sehr bedenklichen Folgen haben kann. Schon zur Zeit
des dänisch-deutschen Krieges wurde in Helsingfors und Abo eifrig zu Gunsten
der Blutsverwandten an der Eider gesammelt und die Presse Finnlands ge¬
hörte zu den lebhaftesten und ausgesprochensten Gegnern der gegen Dänemark
und später gegen Oestreich geübten preußisch - deutschen Politik. Während
Jungfinnland seit Erreichung seiner Ziele überhaupt zahmer geworden ist und
überdies innerhalb des skandinavischen Föderativstaats der Zukunft die Möglich¬
keit specifisch finnischer Entwickelung offen gelassen sieht, acceptirt die schwedische
Partei die scandinavische Idee schon als Ersatz für den verloren gegangenen Zu¬
sammenhang mit dem Staat, dem Finnland zu danken hat, daß es überhaupt zu
den Kulturländern zählt. Wie eifrig man aber in Stockholm darauf bedacht ist,
aus den skandinavischen Sympathien der Finnländer für das eigene Interesse
Capital zu schlagen, das haben wir noch vor wenigen Tagen aus der Norddeut¬
schen Allgemeinen Zeitung erfahren, als diese tadelnd berichtete, der.in Stock¬
holm versammelte schwedische Journalistentag habe eine Resolution angenom¬
men, nach welcher alle Nachrichten aus Norwegen, Dänemark und Finnland
künftig der Rubrik "Inland" einverleibt werden sollen.




Einladung und Programm
zur
zehnten Versammlung des volkswirtschaftlichen Congresses,
. welche
in Breslau

vom 31. August bis incl. 3. September d. I. stattfindet und am 31. August, Vor¬
mittags 10 Uhr, eröffnet wird.




1. Die Anmeldung wie die Aushändigung der Eintrittskarten nebst
"waigen Schriften über die Berathungsgegenstände erfolgt gegen Erlegung von 3
Malern oder 5-/j Gulden süddeutscher oder 4^ Gulden östreichischer Währung bei
°em Local-Comite om 30. und 31. August d. I. Vor- und Nachmittags in dem-"nrneldebüreau


duktionskraft des Volks wird, wenn der Rausch der Begeisterung verflogen
ist, in welcher man sich gegenwärtig bewegt, nothwendig erlahmen, denn sie
ist über ihr natürliches Maaß hinaus gesteigert; ist der Stillstand einmal
eingetreten, so scheint ein Rückschlag unvermeidlich Zu den verlassenen
schwedischen Fleischtöpfen zurückzukehren, wird dann aller Wahrscheinlichkeit
nach nicht mehr leicht sein und unter allen Umständen dem Selbstgefühl der
Nation einen harten Stoß versetzen.

Die Herrschaft des finnländischen Particularbewußtseins, wie wir das.
selbe oben zu schildern versuchten, ist übrigens schon gegenwärtig so ziemlich
vorüber. Fühlt man auch nicht wieder so gut schwedisch, wie vor fünfzig
und sechzig Jahren, so steht man doch unter dem Einfluß des Scandinavis-
mus und das Ideal eines Föderativstaates, in welchen Dänemark, Nor¬
wegen, Schweden und Finnland verschmolzen werden sollen, zählt gerade
unter den Jungfinnländern zahlreiche Anhänger, zumal seit man aus den in
den letzten Jahren gemachten Ersahrungen gelernt hat, daß die Anschließung
an das Russenthum ihre sehr bedenklichen Folgen haben kann. Schon zur Zeit
des dänisch-deutschen Krieges wurde in Helsingfors und Abo eifrig zu Gunsten
der Blutsverwandten an der Eider gesammelt und die Presse Finnlands ge¬
hörte zu den lebhaftesten und ausgesprochensten Gegnern der gegen Dänemark
und später gegen Oestreich geübten preußisch - deutschen Politik. Während
Jungfinnland seit Erreichung seiner Ziele überhaupt zahmer geworden ist und
überdies innerhalb des skandinavischen Föderativstaats der Zukunft die Möglich¬
keit specifisch finnischer Entwickelung offen gelassen sieht, acceptirt die schwedische
Partei die scandinavische Idee schon als Ersatz für den verloren gegangenen Zu¬
sammenhang mit dem Staat, dem Finnland zu danken hat, daß es überhaupt zu
den Kulturländern zählt. Wie eifrig man aber in Stockholm darauf bedacht ist,
aus den skandinavischen Sympathien der Finnländer für das eigene Interesse
Capital zu schlagen, das haben wir noch vor wenigen Tagen aus der Norddeut¬
schen Allgemeinen Zeitung erfahren, als diese tadelnd berichtete, der.in Stock¬
holm versammelte schwedische Journalistentag habe eine Resolution angenom¬
men, nach welcher alle Nachrichten aus Norwegen, Dänemark und Finnland
künftig der Rubrik „Inland" einverleibt werden sollen.




Einladung und Programm
zur
zehnten Versammlung des volkswirtschaftlichen Congresses,
. welche
in Breslau

vom 31. August bis incl. 3. September d. I. stattfindet und am 31. August, Vor¬
mittags 10 Uhr, eröffnet wird.




1. Die Anmeldung wie die Aushändigung der Eintrittskarten nebst
«waigen Schriften über die Berathungsgegenstände erfolgt gegen Erlegung von 3
Malern oder 5-/j Gulden süddeutscher oder 4^ Gulden östreichischer Währung bei
°em Local-Comite om 30. und 31. August d. I. Vor- und Nachmittags in dem-"nrneldebüreau


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 27, 1868, II. Semester. I Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341807_286711/343>, abgerufen am 28.06.2024.