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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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An dieser Ausführung möchte man vielleicht insofern einiges Wahre finden,
als die Verhinderer in der That aller Orten schwer zu bewegen gewesen sind,
sich der Agitation gegen die Veritas anzuschließen. Indessen haben sie es end¬
lich doch vielfach gethan. In dem Gründungsauöschuß des Germanischen Lloyd
befindet sich neben Rhedern und Schiffsbaumeistcrn je ein Secveisicherer von
Hamburg, Bremen und Stettin. Ob diese Betheiligung unter dem Drucke des
materiellen oder moralischen Uebergewichts der Rheder, oder aber ans eigener
freier Ueberzeugung von der Nothwendigkeit eines neuen Instituts erfolgt ist,
läßt sich kaum constatuen, wir müssen das Weitere also abwarten.

Die Schwierigkeiten der jungen Schöpfung beginnen nun erst, wo es sich
um die Abmessung des relativen Einflusses von Versicherern einerseits, Rhedern
und Schiffsbauern andererseits handelt. Sind diese glücklich überwunden, so
bedarf das neue Institut nur noch der Zeit, um sich ordentlich einzubürgern.
Es könnte dann, wie der erste Napoleon, wünschen, sein Enkel zu sein, d. d. die
ersten 10.000 Nummern in seinem Register erst hinter sich zu haben. Doch werden
die unternehmenden Männer, welche handelnd vorangegangen sind, nach dem
gelungenen Durchbruch ihres Gedankens zur Wirklichkeit nun hoffentlich nicht
noch die Geduld verlieren.




Zustände im Mirstenthum Waldeck.

Nicht verblendete Selbstüberhebung, auch nicht kleinliche Schmähsucht treibt
uns, in diesen Blättern, sonst nur gewohnt den Gang der großen Dinge zu
verzeichnen, für einen vergessenen Winkel deutscher Erde des Lesers Aufmerk¬
samkeit zu erbitte"; die enge Beziehung allein dieses Gegenstandes zu der großen
Frage der Constituirung Deutschlands mag uns dazu berechtigen. Auch brauchen
wir nicht zu fürchten, diese Zeilen zu verschwenden an eine durchaus nutzlose
Schilderung von uninteressanter Eigenthümlichkeiten eines vollständig isolirten
Sonderdaseins. Den" ohne Zweifel, die Erscheinungen, welche wir zur Zeit auf
dem Stückchen Landes inmitten des Habichtswaldes und der sauerländischen
Berge beobachten, wiederholen sich in der ganzen bunten Schaar der nord¬
deutschen Kleinstaaten, nur daß sie bei uns mehr in die Augen springen, sich
fühlbar machen bis in. die kleinsten Verhältnisse. Ist doch vor Kurzem das


An dieser Ausführung möchte man vielleicht insofern einiges Wahre finden,
als die Verhinderer in der That aller Orten schwer zu bewegen gewesen sind,
sich der Agitation gegen die Veritas anzuschließen. Indessen haben sie es end¬
lich doch vielfach gethan. In dem Gründungsauöschuß des Germanischen Lloyd
befindet sich neben Rhedern und Schiffsbaumeistcrn je ein Secveisicherer von
Hamburg, Bremen und Stettin. Ob diese Betheiligung unter dem Drucke des
materiellen oder moralischen Uebergewichts der Rheder, oder aber ans eigener
freier Ueberzeugung von der Nothwendigkeit eines neuen Instituts erfolgt ist,
läßt sich kaum constatuen, wir müssen das Weitere also abwarten.

Die Schwierigkeiten der jungen Schöpfung beginnen nun erst, wo es sich
um die Abmessung des relativen Einflusses von Versicherern einerseits, Rhedern
und Schiffsbauern andererseits handelt. Sind diese glücklich überwunden, so
bedarf das neue Institut nur noch der Zeit, um sich ordentlich einzubürgern.
Es könnte dann, wie der erste Napoleon, wünschen, sein Enkel zu sein, d. d. die
ersten 10.000 Nummern in seinem Register erst hinter sich zu haben. Doch werden
die unternehmenden Männer, welche handelnd vorangegangen sind, nach dem
gelungenen Durchbruch ihres Gedankens zur Wirklichkeit nun hoffentlich nicht
noch die Geduld verlieren.




Zustände im Mirstenthum Waldeck.

Nicht verblendete Selbstüberhebung, auch nicht kleinliche Schmähsucht treibt
uns, in diesen Blättern, sonst nur gewohnt den Gang der großen Dinge zu
verzeichnen, für einen vergessenen Winkel deutscher Erde des Lesers Aufmerk¬
samkeit zu erbitte»; die enge Beziehung allein dieses Gegenstandes zu der großen
Frage der Constituirung Deutschlands mag uns dazu berechtigen. Auch brauchen
wir nicht zu fürchten, diese Zeilen zu verschwenden an eine durchaus nutzlose
Schilderung von uninteressanter Eigenthümlichkeiten eines vollständig isolirten
Sonderdaseins. Den» ohne Zweifel, die Erscheinungen, welche wir zur Zeit auf
dem Stückchen Landes inmitten des Habichtswaldes und der sauerländischen
Berge beobachten, wiederholen sich in der ganzen bunten Schaar der nord¬
deutschen Kleinstaaten, nur daß sie bei uns mehr in die Augen springen, sich
fühlbar machen bis in. die kleinsten Verhältnisse. Ist doch vor Kurzem das


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/57>, abgerufen am 29.06.2024.