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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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heißt nicht über den prager Frieden hinausgehen, wenn der Zollverein auf
dauernden Grundlagen wiederhergestellt wird. Daß der jetzige precäre Zustand
eine beständige Bedrohung unserer Interessen ist, wird auch der süddeutschen Be¬
völkerung begreiflich werden, sobald er nur einmal ernstlich auf die Probe ge¬
setzt würde. Den Zollverein in ein unkündbares Verhältniß verwandeln heißt
aber nichts Anderes als den süddeutschen Regierungen und Bevölkerungen einen
Antheil an der Bundesgcsetzgebung gewähren, und hierfür die Modalitäten zu
finden, wird wohl demnächst den Gegenstand von Unterhandlungen bilden. Auch
das wird dann begreiflich werden, daß, je enger das Band geschlossen wird und
je weniger man sich nach neuen Zwischenorganen umsieht, um so größere und
reellere Rechte den süddeutschen Bevölkerungen werden zu Theil werden.

Ihre Pflichten werden inzwischen darin bestehen, daß sie die Friedenszeit
zur Vollendung ihrer militärischen Organisation benutzen. Preußen selbst hat
doch ein wesentliches Interesse, daß die eingeleiteten Reformen nicht wieder sanft
entschlummern. Es kann nicht dulden, daß eine künftige Krisis die süddeutschen
Staaten wieder in derselben Lage finde. Ob freilich an einen rechten Ernst zu
denken ist, s" lange sich die Regierungen damit schmeicheln, daß sie "im Frieden
Völlig freie Hand haben", ob der gute Wille vorhanden ist, so lange die Schutz-
und Trutzbündnisse nicht zu Militärconventionen entwickelt sind, das zu
beurtheilen dürften wohl die Generale Hartmann und Obernitz bald in der
Lage sein.




Aufruf zu Beiträgen und öffentlichen Sammlungen
für Karl Mauch,
den deutschen Entdeckungsrcisenden im Innern von Südafrika.

Seit 1849, als Dr. Barth und Dr. Overweg in Gemeinschaft des Eng-
länders Nichardson den afrikanischen Boden betraten, um ihr großes EntdeckungL-
werk zu beginnen, -- schon 17 Jahre und länger -- sind deutsche Forscher unab¬
lässig thätig gewesen, unsere immer noch so geringe Kenntniß dieses Continents
zu vermehren. Manche der edelsten Söhne Deutschlands sind diesem Werke
zum Opfer gefallen, wie Adolf Overweg. Eduard Bogel. Richard v. Neimans.
Albrecht Röscher. Moritz v. Beurmann, Hermann Steudirer, Karl von der Decken,
und viele Andere. -- Zu den gegenwärtig hoffnungsreichsten dieser aufopferungs¬
vollen Männer gehören Gerhard Rohlfs aus Bremen und Karl Mauch
aus Würtemberg.

Während G. Rohlfs im Innern Nordafrikas der Wissenschaft neue Ge¬
biete eroberte, hat Karl Mauch im Innern von Südafrika eine treffliche Basis
gewonnen, um von hier aus den noch ganz unbekannten Centralkern Afrikas
zu erreichen, und ihm seine Geheimnisse zu entreißen. Vor vier Jahren von
Deutschland abgereist, durchforschte und kartirte er seitdem die transvaalsche
Republik, die fernste Ansiedlung der Europäer, und drang im Mai 1866 bis
Januar 1867 mit dem berühmten Elephantenjäger Hartley weit ins Innere
ein, auf einer Reise, deren Ausdehnung in gerader Linie 483 deutsche Meilen


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heißt nicht über den prager Frieden hinausgehen, wenn der Zollverein auf
dauernden Grundlagen wiederhergestellt wird. Daß der jetzige precäre Zustand
eine beständige Bedrohung unserer Interessen ist, wird auch der süddeutschen Be¬
völkerung begreiflich werden, sobald er nur einmal ernstlich auf die Probe ge¬
setzt würde. Den Zollverein in ein unkündbares Verhältniß verwandeln heißt
aber nichts Anderes als den süddeutschen Regierungen und Bevölkerungen einen
Antheil an der Bundesgcsetzgebung gewähren, und hierfür die Modalitäten zu
finden, wird wohl demnächst den Gegenstand von Unterhandlungen bilden. Auch
das wird dann begreiflich werden, daß, je enger das Band geschlossen wird und
je weniger man sich nach neuen Zwischenorganen umsieht, um so größere und
reellere Rechte den süddeutschen Bevölkerungen werden zu Theil werden.

Ihre Pflichten werden inzwischen darin bestehen, daß sie die Friedenszeit
zur Vollendung ihrer militärischen Organisation benutzen. Preußen selbst hat
doch ein wesentliches Interesse, daß die eingeleiteten Reformen nicht wieder sanft
entschlummern. Es kann nicht dulden, daß eine künftige Krisis die süddeutschen
Staaten wieder in derselben Lage finde. Ob freilich an einen rechten Ernst zu
denken ist, s» lange sich die Regierungen damit schmeicheln, daß sie „im Frieden
Völlig freie Hand haben", ob der gute Wille vorhanden ist, so lange die Schutz-
und Trutzbündnisse nicht zu Militärconventionen entwickelt sind, das zu
beurtheilen dürften wohl die Generale Hartmann und Obernitz bald in der
Lage sein.




Aufruf zu Beiträgen und öffentlichen Sammlungen
für Karl Mauch,
den deutschen Entdeckungsrcisenden im Innern von Südafrika.

Seit 1849, als Dr. Barth und Dr. Overweg in Gemeinschaft des Eng-
länders Nichardson den afrikanischen Boden betraten, um ihr großes EntdeckungL-
werk zu beginnen, — schon 17 Jahre und länger — sind deutsche Forscher unab¬
lässig thätig gewesen, unsere immer noch so geringe Kenntniß dieses Continents
zu vermehren. Manche der edelsten Söhne Deutschlands sind diesem Werke
zum Opfer gefallen, wie Adolf Overweg. Eduard Bogel. Richard v. Neimans.
Albrecht Röscher. Moritz v. Beurmann, Hermann Steudirer, Karl von der Decken,
und viele Andere. — Zu den gegenwärtig hoffnungsreichsten dieser aufopferungs¬
vollen Männer gehören Gerhard Rohlfs aus Bremen und Karl Mauch
aus Würtemberg.

Während G. Rohlfs im Innern Nordafrikas der Wissenschaft neue Ge¬
biete eroberte, hat Karl Mauch im Innern von Südafrika eine treffliche Basis
gewonnen, um von hier aus den noch ganz unbekannten Centralkern Afrikas
zu erreichen, und ihm seine Geheimnisse zu entreißen. Vor vier Jahren von
Deutschland abgereist, durchforschte und kartirte er seitdem die transvaalsche
Republik, die fernste Ansiedlung der Europäer, und drang im Mai 1866 bis
Januar 1867 mit dem berühmten Elephantenjäger Hartley weit ins Innere
ein, auf einer Reise, deren Ausdehnung in gerader Linie 483 deutsche Meilen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/407>, abgerufen am 03.07.2024.