Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

in großer Zahl, aber doch an einflußreichen Stellen in den verschiedenen Par¬
teien des Reichstages des norddeutschen Parlaments sitzen, überlassen zu dürfen.
Für heute beschränken wir uns daraus, die Vorzüge der Einheit vor der Zer¬
klüftung nachzuweisen und dem Parlamente anzurathen, daß es -- was der
Verfassungsentwurf mit dieser Bestimmtheit leider noch nicht thut -- an die
Spitze des Abschnittes VII. der Constttution schreibe:

"Die Eisenbahngesetzgebung ist Bundessache."


Dr. K. Br.


Ludwig Hiiusser.

Wenn ich Ihnen unter dem erschütternden Eindrucke, den die Trauerbot¬
schaft von Häussers Tode trotz seiner langen und hoffnungslosen Krankheit
überall hervorbringt, einige Worte über diesen unvergeßlichen Mann schreibe,
so ist nicht die Absicht, sein vielseitiges Wirken als Schriftsteller, Gelehrter,
Lehrer und Politiker eingehend zu beleuchten oder gar zu beurtheilen. Ver¬
mochte das schmerzliche Gefühl auch die richtige Stimmung dazu zu finden, es
wäre nicht an der Zeit, dies schon jetzt zu thun. An Häussers Grabe trauert
ein großer Theil des deutschen Volkes. In die Wehklagen, die dem so früh
Dahingegangenen nachtönen, soll sich nicht Mißklang verfrühter Kritik, nicht
rcülher Streit der Meinungen mischen, sondern aus persönlichen Erinnerungen,
die ihm sein Leben lang lieb und theuer sein werden, möchte einer der zahl¬
losen Schüler Häussers eine Liebesgabe auf das kaum geschlossene Grab nieder¬
legen.

Der Grundzug des Wesens, wodurch Hciusser allen, die ihm nahten, so
theuer wurde, war echte Humanität, frische und natürliche Auffassung des Lebens,
unbedingt gewinnende Herzlichkeit. Der junge Student, der sein Arbeitszimmer
betrat, nahm den Eindruck mit sich, daß dieser Mann weit mehr sei als ein
berühmter Gelehrter und bewanderter Professor, daß er ein Mann sei, wie sich
ihn die Jugend nicht lieber als Freund, Berather und Vorbild wünschen kann.
Nichts war ihm ferner als das vornehme und kühle Wesen, das den deutschen
Professor so oft kennzeichnet; ein Zug herzlichsten Wohlwollens lag um seinen
Mund und blickte aus seinen Augen. Und die flüchtige sympathische Berührung


in großer Zahl, aber doch an einflußreichen Stellen in den verschiedenen Par¬
teien des Reichstages des norddeutschen Parlaments sitzen, überlassen zu dürfen.
Für heute beschränken wir uns daraus, die Vorzüge der Einheit vor der Zer¬
klüftung nachzuweisen und dem Parlamente anzurathen, daß es — was der
Verfassungsentwurf mit dieser Bestimmtheit leider noch nicht thut — an die
Spitze des Abschnittes VII. der Constttution schreibe:

„Die Eisenbahngesetzgebung ist Bundessache."


Dr. K. Br.


Ludwig Hiiusser.

Wenn ich Ihnen unter dem erschütternden Eindrucke, den die Trauerbot¬
schaft von Häussers Tode trotz seiner langen und hoffnungslosen Krankheit
überall hervorbringt, einige Worte über diesen unvergeßlichen Mann schreibe,
so ist nicht die Absicht, sein vielseitiges Wirken als Schriftsteller, Gelehrter,
Lehrer und Politiker eingehend zu beleuchten oder gar zu beurtheilen. Ver¬
mochte das schmerzliche Gefühl auch die richtige Stimmung dazu zu finden, es
wäre nicht an der Zeit, dies schon jetzt zu thun. An Häussers Grabe trauert
ein großer Theil des deutschen Volkes. In die Wehklagen, die dem so früh
Dahingegangenen nachtönen, soll sich nicht Mißklang verfrühter Kritik, nicht
rcülher Streit der Meinungen mischen, sondern aus persönlichen Erinnerungen,
die ihm sein Leben lang lieb und theuer sein werden, möchte einer der zahl¬
losen Schüler Häussers eine Liebesgabe auf das kaum geschlossene Grab nieder¬
legen.

Der Grundzug des Wesens, wodurch Hciusser allen, die ihm nahten, so
theuer wurde, war echte Humanität, frische und natürliche Auffassung des Lebens,
unbedingt gewinnende Herzlichkeit. Der junge Student, der sein Arbeitszimmer
betrat, nahm den Eindruck mit sich, daß dieser Mann weit mehr sei als ein
berühmter Gelehrter und bewanderter Professor, daß er ein Mann sei, wie sich
ihn die Jugend nicht lieber als Freund, Berather und Vorbild wünschen kann.
Nichts war ihm ferner als das vornehme und kühle Wesen, das den deutschen
Professor so oft kennzeichnet; ein Zug herzlichsten Wohlwollens lag um seinen
Mund und blickte aus seinen Augen. Und die flüchtige sympathische Berührung


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0036" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190730"/>
          <p xml:id="ID_93" prev="#ID_92"> in großer Zahl, aber doch an einflußreichen Stellen in den verschiedenen Par¬<lb/>
teien des Reichstages des norddeutschen Parlaments sitzen, überlassen zu dürfen.<lb/>
Für heute beschränken wir uns daraus, die Vorzüge der Einheit vor der Zer¬<lb/>
klüftung nachzuweisen und dem Parlamente anzurathen, daß es &#x2014; was der<lb/>
Verfassungsentwurf mit dieser Bestimmtheit leider noch nicht thut &#x2014; an die<lb/>
Spitze des Abschnittes VII. der Constttution schreibe:</p><lb/>
          <p xml:id="ID_94"> &#x201E;Die Eisenbahngesetzgebung ist Bundessache."</p><lb/>
          <note type="byline"> Dr. K. Br.</note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Ludwig Hiiusser.</head><lb/>
          <p xml:id="ID_95"> Wenn ich Ihnen unter dem erschütternden Eindrucke, den die Trauerbot¬<lb/>
schaft von Häussers Tode trotz seiner langen und hoffnungslosen Krankheit<lb/>
überall hervorbringt, einige Worte über diesen unvergeßlichen Mann schreibe,<lb/>
so ist nicht die Absicht, sein vielseitiges Wirken als Schriftsteller, Gelehrter,<lb/>
Lehrer und Politiker eingehend zu beleuchten oder gar zu beurtheilen. Ver¬<lb/>
mochte das schmerzliche Gefühl auch die richtige Stimmung dazu zu finden, es<lb/>
wäre nicht an der Zeit, dies schon jetzt zu thun. An Häussers Grabe trauert<lb/>
ein großer Theil des deutschen Volkes. In die Wehklagen, die dem so früh<lb/>
Dahingegangenen nachtönen, soll sich nicht Mißklang verfrühter Kritik, nicht<lb/>
rcülher Streit der Meinungen mischen, sondern aus persönlichen Erinnerungen,<lb/>
die ihm sein Leben lang lieb und theuer sein werden, möchte einer der zahl¬<lb/>
losen Schüler Häussers eine Liebesgabe auf das kaum geschlossene Grab nieder¬<lb/>
legen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_96" next="#ID_97"> Der Grundzug des Wesens, wodurch Hciusser allen, die ihm nahten, so<lb/>
theuer wurde, war echte Humanität, frische und natürliche Auffassung des Lebens,<lb/>
unbedingt gewinnende Herzlichkeit. Der junge Student, der sein Arbeitszimmer<lb/>
betrat, nahm den Eindruck mit sich, daß dieser Mann weit mehr sei als ein<lb/>
berühmter Gelehrter und bewanderter Professor, daß er ein Mann sei, wie sich<lb/>
ihn die Jugend nicht lieber als Freund, Berather und Vorbild wünschen kann.<lb/>
Nichts war ihm ferner als das vornehme und kühle Wesen, das den deutschen<lb/>
Professor so oft kennzeichnet; ein Zug herzlichsten Wohlwollens lag um seinen<lb/>
Mund und blickte aus seinen Augen. Und die flüchtige sympathische Berührung</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0036] in großer Zahl, aber doch an einflußreichen Stellen in den verschiedenen Par¬ teien des Reichstages des norddeutschen Parlaments sitzen, überlassen zu dürfen. Für heute beschränken wir uns daraus, die Vorzüge der Einheit vor der Zer¬ klüftung nachzuweisen und dem Parlamente anzurathen, daß es — was der Verfassungsentwurf mit dieser Bestimmtheit leider noch nicht thut — an die Spitze des Abschnittes VII. der Constttution schreibe: „Die Eisenbahngesetzgebung ist Bundessache." Dr. K. Br. Ludwig Hiiusser. Wenn ich Ihnen unter dem erschütternden Eindrucke, den die Trauerbot¬ schaft von Häussers Tode trotz seiner langen und hoffnungslosen Krankheit überall hervorbringt, einige Worte über diesen unvergeßlichen Mann schreibe, so ist nicht die Absicht, sein vielseitiges Wirken als Schriftsteller, Gelehrter, Lehrer und Politiker eingehend zu beleuchten oder gar zu beurtheilen. Ver¬ mochte das schmerzliche Gefühl auch die richtige Stimmung dazu zu finden, es wäre nicht an der Zeit, dies schon jetzt zu thun. An Häussers Grabe trauert ein großer Theil des deutschen Volkes. In die Wehklagen, die dem so früh Dahingegangenen nachtönen, soll sich nicht Mißklang verfrühter Kritik, nicht rcülher Streit der Meinungen mischen, sondern aus persönlichen Erinnerungen, die ihm sein Leben lang lieb und theuer sein werden, möchte einer der zahl¬ losen Schüler Häussers eine Liebesgabe auf das kaum geschlossene Grab nieder¬ legen. Der Grundzug des Wesens, wodurch Hciusser allen, die ihm nahten, so theuer wurde, war echte Humanität, frische und natürliche Auffassung des Lebens, unbedingt gewinnende Herzlichkeit. Der junge Student, der sein Arbeitszimmer betrat, nahm den Eindruck mit sich, daß dieser Mann weit mehr sei als ein berühmter Gelehrter und bewanderter Professor, daß er ein Mann sei, wie sich ihn die Jugend nicht lieber als Freund, Berather und Vorbild wünschen kann. Nichts war ihm ferner als das vornehme und kühle Wesen, das den deutschen Professor so oft kennzeichnet; ein Zug herzlichsten Wohlwollens lag um seinen Mund und blickte aus seinen Augen. Und die flüchtige sympathische Berührung

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/36
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/36>, abgerufen am 28.06.2024.