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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band.

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Art. 1. Der einzelne Landesherr steht zu den Truppen, welche in seinem
Lande dislocirt sind, in dem Verhältniß, wie der preußische Chef eines Regi¬
ments zu dem letztern. Auch sollen diese Truppen, wenn sie aus dem Lande
zum größten Theil recrutirt sind, den Namen des Landes, sowie dessen Farben-
und Wappenabzeichen tragen. Endlich soll den Landesherren das Recht zustehen,
alle in ihrem Lande dislocirten Truppen zu polizeilichen Zwecken zu requiriren.

Art. in. Das Recht, über Krieg und Frieden für den Bund zu entscheiden,
steht dem Bundesfeldherrn zu, -- Ebenso ist er allein befugt über das gesammte
Gebiet des Bundes und einzelne Theile desselben den Kriegszustand zu verhängen
und den hieraus für die einzelnen Lande folgenden Rechtsstand hervorzurufen.

Die für obige Maßregeln, sowie überhaupt nach Lage der allgemeinen und
politischen Verhältnisse nothwendigen militänschm Anordnungen, Verstärkungen.
Zusammenzubringen, Kriegsbereitschaft und Mobilmachung des Bundesheeres
ganz oder in einzelnen Theilen zu verfügen, hat der Bundesfeldherr allein das
Recht. Wie auch ihm allein die für die Führung eines Krieges nothwendige
Leitung und Bestimmung aller Personalien und Organisationen zusteht.




Der Streit um Luxemburg.

Wer jetzt in Deutschland über die große Frage der nächsten Zukunft schreibt,
der hat dringende Verpflichtung, seine wogende Empfindung zu bändigen, damit
Vor einer schweren Gefahr weder sanguinischer Trotz, noch unpatriotischer Klein¬
mut!) aus den Worten erkennbar sei, die er zu seinem Volke spricht. Wir alle
wissen nicht, was-werden wird, und wahrscheinlich sieht die Bundesregierung
zu Berlin in diesen Tagen nicht viel deutlicher durch das dunkele Gewölk, wel¬
ches so plötzlich an unserem Horizont heraufgezogen ist. als wir andern auch.

Denn selten hat es einen politischen Conflict gegeben, bei welchem die
eine der Parteien, die in den Streit gezogen wurde, so ganz und gar keine
Veranlassung zum Streit und Krieg gegeben hat, als diesmal wir. Es ist nach
dieser Richtung eine seltsame und in neuer Zeit völlig unerhörte Fehde, welche
uns angesagt ist. Wir stehen ruhig, ohne Forderung, selbst ohne Wunsch in
den aus einer früheren Generation überkommenen Verhältnissen, wir stehen
friedlich auf alten Verträgen der Großmächte Europas, wir haben jeden Schein
und jede kleinste Wirklichkeit einer Provocation unserer Nachbarn vermieden,
wir haben nicht einmal unsere Besatzung zu Luxemburg verstärkt, keine neue
Schanze gebaut, keine entfernte Andeutung gemacht, daß wir diesen militärischen
Besitz für gefährdet hielten. Wir lebten im tiefsten Frieden und im Glauben


Art. 1. Der einzelne Landesherr steht zu den Truppen, welche in seinem
Lande dislocirt sind, in dem Verhältniß, wie der preußische Chef eines Regi¬
ments zu dem letztern. Auch sollen diese Truppen, wenn sie aus dem Lande
zum größten Theil recrutirt sind, den Namen des Landes, sowie dessen Farben-
und Wappenabzeichen tragen. Endlich soll den Landesherren das Recht zustehen,
alle in ihrem Lande dislocirten Truppen zu polizeilichen Zwecken zu requiriren.

Art. in. Das Recht, über Krieg und Frieden für den Bund zu entscheiden,
steht dem Bundesfeldherrn zu, — Ebenso ist er allein befugt über das gesammte
Gebiet des Bundes und einzelne Theile desselben den Kriegszustand zu verhängen
und den hieraus für die einzelnen Lande folgenden Rechtsstand hervorzurufen.

Die für obige Maßregeln, sowie überhaupt nach Lage der allgemeinen und
politischen Verhältnisse nothwendigen militänschm Anordnungen, Verstärkungen.
Zusammenzubringen, Kriegsbereitschaft und Mobilmachung des Bundesheeres
ganz oder in einzelnen Theilen zu verfügen, hat der Bundesfeldherr allein das
Recht. Wie auch ihm allein die für die Führung eines Krieges nothwendige
Leitung und Bestimmung aller Personalien und Organisationen zusteht.




Der Streit um Luxemburg.

Wer jetzt in Deutschland über die große Frage der nächsten Zukunft schreibt,
der hat dringende Verpflichtung, seine wogende Empfindung zu bändigen, damit
Vor einer schweren Gefahr weder sanguinischer Trotz, noch unpatriotischer Klein¬
mut!) aus den Worten erkennbar sei, die er zu seinem Volke spricht. Wir alle
wissen nicht, was-werden wird, und wahrscheinlich sieht die Bundesregierung
zu Berlin in diesen Tagen nicht viel deutlicher durch das dunkele Gewölk, wel¬
ches so plötzlich an unserem Horizont heraufgezogen ist. als wir andern auch.

Denn selten hat es einen politischen Conflict gegeben, bei welchem die
eine der Parteien, die in den Streit gezogen wurde, so ganz und gar keine
Veranlassung zum Streit und Krieg gegeben hat, als diesmal wir. Es ist nach
dieser Richtung eine seltsame und in neuer Zeit völlig unerhörte Fehde, welche
uns angesagt ist. Wir stehen ruhig, ohne Forderung, selbst ohne Wunsch in
den aus einer früheren Generation überkommenen Verhältnissen, wir stehen
friedlich auf alten Verträgen der Großmächte Europas, wir haben jeden Schein
und jede kleinste Wirklichkeit einer Provocation unserer Nachbarn vermieden,
wir haben nicht einmal unsere Besatzung zu Luxemburg verstärkt, keine neue
Schanze gebaut, keine entfernte Andeutung gemacht, daß wir diesen militärischen
Besitz für gefährdet hielten. Wir lebten im tiefsten Frieden und im Glauben


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[0179] Art. 1. Der einzelne Landesherr steht zu den Truppen, welche in seinem Lande dislocirt sind, in dem Verhältniß, wie der preußische Chef eines Regi¬ ments zu dem letztern. Auch sollen diese Truppen, wenn sie aus dem Lande zum größten Theil recrutirt sind, den Namen des Landes, sowie dessen Farben- und Wappenabzeichen tragen. Endlich soll den Landesherren das Recht zustehen, alle in ihrem Lande dislocirten Truppen zu polizeilichen Zwecken zu requiriren. Art. in. Das Recht, über Krieg und Frieden für den Bund zu entscheiden, steht dem Bundesfeldherrn zu, — Ebenso ist er allein befugt über das gesammte Gebiet des Bundes und einzelne Theile desselben den Kriegszustand zu verhängen und den hieraus für die einzelnen Lande folgenden Rechtsstand hervorzurufen. Die für obige Maßregeln, sowie überhaupt nach Lage der allgemeinen und politischen Verhältnisse nothwendigen militänschm Anordnungen, Verstärkungen. Zusammenzubringen, Kriegsbereitschaft und Mobilmachung des Bundesheeres ganz oder in einzelnen Theilen zu verfügen, hat der Bundesfeldherr allein das Recht. Wie auch ihm allein die für die Führung eines Krieges nothwendige Leitung und Bestimmung aller Personalien und Organisationen zusteht. Der Streit um Luxemburg. Wer jetzt in Deutschland über die große Frage der nächsten Zukunft schreibt, der hat dringende Verpflichtung, seine wogende Empfindung zu bändigen, damit Vor einer schweren Gefahr weder sanguinischer Trotz, noch unpatriotischer Klein¬ mut!) aus den Worten erkennbar sei, die er zu seinem Volke spricht. Wir alle wissen nicht, was-werden wird, und wahrscheinlich sieht die Bundesregierung zu Berlin in diesen Tagen nicht viel deutlicher durch das dunkele Gewölk, wel¬ ches so plötzlich an unserem Horizont heraufgezogen ist. als wir andern auch. Denn selten hat es einen politischen Conflict gegeben, bei welchem die eine der Parteien, die in den Streit gezogen wurde, so ganz und gar keine Veranlassung zum Streit und Krieg gegeben hat, als diesmal wir. Es ist nach dieser Richtung eine seltsame und in neuer Zeit völlig unerhörte Fehde, welche uns angesagt ist. Wir stehen ruhig, ohne Forderung, selbst ohne Wunsch in den aus einer früheren Generation überkommenen Verhältnissen, wir stehen friedlich auf alten Verträgen der Großmächte Europas, wir haben jeden Schein und jede kleinste Wirklichkeit einer Provocation unserer Nachbarn vermieden, wir haben nicht einmal unsere Besatzung zu Luxemburg verstärkt, keine neue Schanze gebaut, keine entfernte Andeutung gemacht, daß wir diesen militärischen Besitz für gefährdet hielten. Wir lebten im tiefsten Frieden und im Glauben

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_349917/179>, abgerufen am 29.06.2024.