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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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Ländchen, wie Homburg, Lübeck und Waldeck. und einige sehr schlecht regierte
Staaten, wie Kurhessen. Nassau und Mecklenburg, ein Asyl bereiteten aus Be¬
weggründen, welche zu errathen nicht schwer ist.

Nicht nur die beiden Großstaaten. sondern auch sämmtliche deutsche Mittel-
staaten, namentlich die Königreiche Würtemberg. Bayern, Sachsen und Hanno¬
ver haben sich wohl gehütet, ihren Boden mit solchem Unkraut zu bepflanzen.
Und was das kleinere und noch nicht erprobte Preußen nicht duldete, das wird
das vergrößerte, mächtige und hochgeachtete Preußen noch weniger dulden dürfen.
Was dem Parlament von 1849, das keine Executive hinter sich hatte, mißlang,
das wird dem Parlament von 1866 ohne Zweifel gelingen. Auch wird sich in
ihm kein Jacob Venedey finden, um für die Spielhölle zu Plaidiren.

Eine andere Frage ist die des Vollzugs. Hier bedarf es in den neu er¬
worbenen preußischen Provinzen Wohl schonender Uebergänge. Wir wollen die
Interessenten nicht vertheidigen. Aber es verdient immerhin berücksichtigt zu '
werden, daß es die vergangenen Regierungen von Hessen-Homburg. Nassau und
Kurhessen waren, welche ihre Badeorte und ihre Unterthanen systematisch ver¬
leitet haben, ihre Intelligenz und ihr Capital einem unsolider und unmorali¬
schen Erwerbe zuzuwenden, während sie solche für productive und gemeinnützige
Zwecke hätten nutzbar machen, und vor allem die natürlichen Heilkräfte ihrer
Brunnen und Bäder besser hätten ausbeuten sollen, als dies bis dahin ge¬
schehen ist.

Hier bedarf es zur Vermeidung von Krisen einer wohlwollend führenden
Hand; und wenn -- wie wir glauben -- die Möglichkeit geboten ist, die Ver¬
führten zu retten, so soll man es thu", und wäre es auch auf Kosten des
Verführers.




Zur Geschichte der Judenverfolgung.

Otto Stobbc, Die Juden in Deutschland während des Mittelalters in politischer.
socialer und rechtlicher Beziehung. Braunschweig. C. A. Schwetschke und Sohn
(M. Brühn). 1866. 8. X u. 312 S.

Der Verfasser, durch seine Arbeiten auf dem Gebiet des deutschen Rechts
auch in weitern Kreisen als ausgezeichneter Kenner dieses Fachs bekannt, hat


Ländchen, wie Homburg, Lübeck und Waldeck. und einige sehr schlecht regierte
Staaten, wie Kurhessen. Nassau und Mecklenburg, ein Asyl bereiteten aus Be¬
weggründen, welche zu errathen nicht schwer ist.

Nicht nur die beiden Großstaaten. sondern auch sämmtliche deutsche Mittel-
staaten, namentlich die Königreiche Würtemberg. Bayern, Sachsen und Hanno¬
ver haben sich wohl gehütet, ihren Boden mit solchem Unkraut zu bepflanzen.
Und was das kleinere und noch nicht erprobte Preußen nicht duldete, das wird
das vergrößerte, mächtige und hochgeachtete Preußen noch weniger dulden dürfen.
Was dem Parlament von 1849, das keine Executive hinter sich hatte, mißlang,
das wird dem Parlament von 1866 ohne Zweifel gelingen. Auch wird sich in
ihm kein Jacob Venedey finden, um für die Spielhölle zu Plaidiren.

Eine andere Frage ist die des Vollzugs. Hier bedarf es in den neu er¬
worbenen preußischen Provinzen Wohl schonender Uebergänge. Wir wollen die
Interessenten nicht vertheidigen. Aber es verdient immerhin berücksichtigt zu '
werden, daß es die vergangenen Regierungen von Hessen-Homburg. Nassau und
Kurhessen waren, welche ihre Badeorte und ihre Unterthanen systematisch ver¬
leitet haben, ihre Intelligenz und ihr Capital einem unsolider und unmorali¬
schen Erwerbe zuzuwenden, während sie solche für productive und gemeinnützige
Zwecke hätten nutzbar machen, und vor allem die natürlichen Heilkräfte ihrer
Brunnen und Bäder besser hätten ausbeuten sollen, als dies bis dahin ge¬
schehen ist.

Hier bedarf es zur Vermeidung von Krisen einer wohlwollend führenden
Hand; und wenn — wie wir glauben — die Möglichkeit geboten ist, die Ver¬
führten zu retten, so soll man es thu», und wäre es auch auf Kosten des
Verführers.




Zur Geschichte der Judenverfolgung.

Otto Stobbc, Die Juden in Deutschland während des Mittelalters in politischer.
socialer und rechtlicher Beziehung. Braunschweig. C. A. Schwetschke und Sohn
(M. Brühn). 1866. 8. X u. 312 S.

Der Verfasser, durch seine Arbeiten auf dem Gebiet des deutschen Rechts
auch in weitern Kreisen als ausgezeichneter Kenner dieses Fachs bekannt, hat


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/40>, abgerufen am 27.06.2024.