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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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sehr zweifelhaftes Gefecht führte, läßt sich nur dadurch erklären, daß auf die
Friedensverhandlungen noch eine letzte, starke Pression ausgeübt werden sollte;
denn hätte man auch Preßburg genommen, so mußte man es nach der fest¬
gesetzten Demarkationslinie doch räumen. -- Die beiderseits angenommenen
Friedenspräliminarien erklärten Oestreichs Austritt aus dem deutschen Bunde
und Preußens unbedingte Herrschaft in Norddeutschland. -- Somit hatte König
Wilhelm den Zweck des Krieges erreicht.




Stiive und die Annexion.
Denkschrift zur Beurtheilung der Veränderungen, welche in den Verhältnissen
Hannovers durch die Vereinigung mit Preußen hervorgebracht werden :c.
Jena, Fr. Frommann.

Wenn sich der Verfasser obiger Schrift mit dem unerlaubt titelwidrigen
Titel von ihrer Lectüre bei preußischen Politikern und Beamten eine gute Wir¬
kung für sein Heimathland verspräche, wie die Flugschriften Benings und
Grumbrechts. sie verdienen und wie doch auch ohne Zweifel sein Wunsch ist,
dann müßte er ein sonderbarer Rechner sein. Sie ist ein Libell in Zahlen,
eine Schmähschrift im Kanzleistil. Man erhält ungefähr den Eindruck, als wäre
ein gravitätischer bezopfter Gardegrenadier aus der Zeit Friedrich Wilhelms des
Ersten von den Todten erstanden und gäbe Schnellfeuer aus dem Zündnadel¬
gewehr. Der Mann schimpft nicht, das ist wahr, in der Manier süddeutscher
Radicalen und Ultramontanen, aber das ist auch alles, was seine Stellung zum
preußischen Staat von der ihrigen unterscheidet. Fr. Hecker mit aller seiner
natürlichen Antipathie gegen Preußen, den Stein des Anstoßes für sein Ideal,
die deutsche Födcrativrepublik, würdigt die Ereignisse der jüngsten Zeit doch
hundertmal unbefangener, weil er Hundertmal mehr eigentlich politischen und
nationalen Sinn hat als Stüve, -- denn dieser und kein anderer ist es, den
wir hier vor uns haben. Auch wenn es die Zeitungen nicht bereits wider¬
spruchslos ausgesagt hätten, würde es, um ihn mit Sicherheit erkennen zu
lassen, nicht erst des Umstandes bedürfen, daß die Broschüre in demselben Ver¬
lag erschienen ist, aus welchem zur Zeit des ersten hannoverischen Vcrfassungs-


sehr zweifelhaftes Gefecht führte, läßt sich nur dadurch erklären, daß auf die
Friedensverhandlungen noch eine letzte, starke Pression ausgeübt werden sollte;
denn hätte man auch Preßburg genommen, so mußte man es nach der fest¬
gesetzten Demarkationslinie doch räumen. — Die beiderseits angenommenen
Friedenspräliminarien erklärten Oestreichs Austritt aus dem deutschen Bunde
und Preußens unbedingte Herrschaft in Norddeutschland. — Somit hatte König
Wilhelm den Zweck des Krieges erreicht.




Stiive und die Annexion.
Denkschrift zur Beurtheilung der Veränderungen, welche in den Verhältnissen
Hannovers durch die Vereinigung mit Preußen hervorgebracht werden :c.
Jena, Fr. Frommann.

Wenn sich der Verfasser obiger Schrift mit dem unerlaubt titelwidrigen
Titel von ihrer Lectüre bei preußischen Politikern und Beamten eine gute Wir¬
kung für sein Heimathland verspräche, wie die Flugschriften Benings und
Grumbrechts. sie verdienen und wie doch auch ohne Zweifel sein Wunsch ist,
dann müßte er ein sonderbarer Rechner sein. Sie ist ein Libell in Zahlen,
eine Schmähschrift im Kanzleistil. Man erhält ungefähr den Eindruck, als wäre
ein gravitätischer bezopfter Gardegrenadier aus der Zeit Friedrich Wilhelms des
Ersten von den Todten erstanden und gäbe Schnellfeuer aus dem Zündnadel¬
gewehr. Der Mann schimpft nicht, das ist wahr, in der Manier süddeutscher
Radicalen und Ultramontanen, aber das ist auch alles, was seine Stellung zum
preußischen Staat von der ihrigen unterscheidet. Fr. Hecker mit aller seiner
natürlichen Antipathie gegen Preußen, den Stein des Anstoßes für sein Ideal,
die deutsche Födcrativrepublik, würdigt die Ereignisse der jüngsten Zeit doch
hundertmal unbefangener, weil er Hundertmal mehr eigentlich politischen und
nationalen Sinn hat als Stüve, — denn dieser und kein anderer ist es, den
wir hier vor uns haben. Auch wenn es die Zeitungen nicht bereits wider¬
spruchslos ausgesagt hätten, würde es, um ihn mit Sicherheit erkennen zu
lassen, nicht erst des Umstandes bedürfen, daß die Broschüre in demselben Ver¬
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[0374] sehr zweifelhaftes Gefecht führte, läßt sich nur dadurch erklären, daß auf die Friedensverhandlungen noch eine letzte, starke Pression ausgeübt werden sollte; denn hätte man auch Preßburg genommen, so mußte man es nach der fest¬ gesetzten Demarkationslinie doch räumen. — Die beiderseits angenommenen Friedenspräliminarien erklärten Oestreichs Austritt aus dem deutschen Bunde und Preußens unbedingte Herrschaft in Norddeutschland. — Somit hatte König Wilhelm den Zweck des Krieges erreicht. Stiive und die Annexion. Denkschrift zur Beurtheilung der Veränderungen, welche in den Verhältnissen Hannovers durch die Vereinigung mit Preußen hervorgebracht werden :c. Jena, Fr. Frommann. Wenn sich der Verfasser obiger Schrift mit dem unerlaubt titelwidrigen Titel von ihrer Lectüre bei preußischen Politikern und Beamten eine gute Wir¬ kung für sein Heimathland verspräche, wie die Flugschriften Benings und Grumbrechts. sie verdienen und wie doch auch ohne Zweifel sein Wunsch ist, dann müßte er ein sonderbarer Rechner sein. Sie ist ein Libell in Zahlen, eine Schmähschrift im Kanzleistil. Man erhält ungefähr den Eindruck, als wäre ein gravitätischer bezopfter Gardegrenadier aus der Zeit Friedrich Wilhelms des Ersten von den Todten erstanden und gäbe Schnellfeuer aus dem Zündnadel¬ gewehr. Der Mann schimpft nicht, das ist wahr, in der Manier süddeutscher Radicalen und Ultramontanen, aber das ist auch alles, was seine Stellung zum preußischen Staat von der ihrigen unterscheidet. Fr. Hecker mit aller seiner natürlichen Antipathie gegen Preußen, den Stein des Anstoßes für sein Ideal, die deutsche Födcrativrepublik, würdigt die Ereignisse der jüngsten Zeit doch hundertmal unbefangener, weil er Hundertmal mehr eigentlich politischen und nationalen Sinn hat als Stüve, — denn dieser und kein anderer ist es, den wir hier vor uns haben. Auch wenn es die Zeitungen nicht bereits wider¬ spruchslos ausgesagt hätten, würde es, um ihn mit Sicherheit erkennen zu lassen, nicht erst des Umstandes bedürfen, daß die Broschüre in demselben Ver¬ lag erschienen ist, aus welchem zur Zeit des ersten hannoverischen Vcrfassungs-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/374>, abgerufen am 28.06.2024.