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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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ist außerdem nicht unwichtig für die Würdigung des Kunsthandwerks, dem man
jetzt wieder größere Aufmerksamkeit zuwendet. Endlich bietet er noch ein be¬
sonderes Interesse für die Stilunterschiede ihrem ornamentalen Werthe nach;
so tritt z.B. auch hier wieder im Gegensatz zur mathematisch spielenden, von
der baulichen Construction gebundenen und daher in sich nüchternen Zierweise
der Gothik die üppige Erfindungskraft und decorative Phantasie der roman¬
tischen Kunstweise schlagend hervor. Auch in diesem Abschnitte, für den von
Vorarbeiten wenig Zusammenhängendes vorlag, bewährt sich wieder die um¬
sichtige und über reiches Material gebietende Erfahrung des Verfassers. -- Nicht
unwesentlich wird der Werth des Buches erhöht durch die vielen zum Theil
vortrefflichen Abbildungen, von denen eine Anzahl hier zum ersten Mal über¬
haupt edirt ist. Zur Verbreitung des kunsthistorischen Interesses in weiteren
Kreisen hat nicht wenig beigetragen, daß die neueren Werke das Wort durch das
Bild ergänzen. Lübke war einer der Ersten, der mit aus diesem Gesichtspunkte
seinen Werken eine breitere Anlage gab, und hat dazu an seinem Verleger die
tüchtige mitwirkende Hand gefunden.




Das Project der Militiirhohett Sachsens über Thüringen
von 1848.

Es scheint, daß die neue Umbildung des sächsischen Heeres durch Preußen
zum 13. Bundesarmeecorps grade bei den zunächst Beteiligten, den sächsischen
Offizieren und Soldaten, auf geringe Schwierigkeiten stoßen wird. Denn
Offiziere und Mannschaften haben in Böhmen reichlich Gelegenheit gehabt, die
Uebelstände der östreichischen Kriegskameradschaft zu erfahren. Wir glauben in
der Annahme nicht zu irren, daß der bei weitem größte Theil der sächsischen
Offiziere unbefangen die Vortheile würdigt, welche der unvermeidlich gewordene
Anschluß an ein großes Heer für den einzelnen Offizier und für das sächsische
Land hat. Dagegen fehlen unter dem Civil nicht die trauervollen Gemüther,
welche den Verlust der Militärhoheit für ein unerträgliches Leiden Sachsens
halten, und die Zumuthung Preußens für eine unerhörte, welche gegen Ehre
und Würde eines souveränen Staates ziele und baldige Befreiung von dem
Zwange wünschenswerth mache. Diese Individuen stehen seit dem berliner


ist außerdem nicht unwichtig für die Würdigung des Kunsthandwerks, dem man
jetzt wieder größere Aufmerksamkeit zuwendet. Endlich bietet er noch ein be¬
sonderes Interesse für die Stilunterschiede ihrem ornamentalen Werthe nach;
so tritt z.B. auch hier wieder im Gegensatz zur mathematisch spielenden, von
der baulichen Construction gebundenen und daher in sich nüchternen Zierweise
der Gothik die üppige Erfindungskraft und decorative Phantasie der roman¬
tischen Kunstweise schlagend hervor. Auch in diesem Abschnitte, für den von
Vorarbeiten wenig Zusammenhängendes vorlag, bewährt sich wieder die um¬
sichtige und über reiches Material gebietende Erfahrung des Verfassers. — Nicht
unwesentlich wird der Werth des Buches erhöht durch die vielen zum Theil
vortrefflichen Abbildungen, von denen eine Anzahl hier zum ersten Mal über¬
haupt edirt ist. Zur Verbreitung des kunsthistorischen Interesses in weiteren
Kreisen hat nicht wenig beigetragen, daß die neueren Werke das Wort durch das
Bild ergänzen. Lübke war einer der Ersten, der mit aus diesem Gesichtspunkte
seinen Werken eine breitere Anlage gab, und hat dazu an seinem Verleger die
tüchtige mitwirkende Hand gefunden.




Das Project der Militiirhohett Sachsens über Thüringen
von 1848.

Es scheint, daß die neue Umbildung des sächsischen Heeres durch Preußen
zum 13. Bundesarmeecorps grade bei den zunächst Beteiligten, den sächsischen
Offizieren und Soldaten, auf geringe Schwierigkeiten stoßen wird. Denn
Offiziere und Mannschaften haben in Böhmen reichlich Gelegenheit gehabt, die
Uebelstände der östreichischen Kriegskameradschaft zu erfahren. Wir glauben in
der Annahme nicht zu irren, daß der bei weitem größte Theil der sächsischen
Offiziere unbefangen die Vortheile würdigt, welche der unvermeidlich gewordene
Anschluß an ein großes Heer für den einzelnen Offizier und für das sächsische
Land hat. Dagegen fehlen unter dem Civil nicht die trauervollen Gemüther,
welche den Verlust der Militärhoheit für ein unerträgliches Leiden Sachsens
halten, und die Zumuthung Preußens für eine unerhörte, welche gegen Ehre
und Würde eines souveränen Staates ziele und baldige Befreiung von dem
Zwange wünschenswerth mache. Diese Individuen stehen seit dem berliner


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[0291] ist außerdem nicht unwichtig für die Würdigung des Kunsthandwerks, dem man jetzt wieder größere Aufmerksamkeit zuwendet. Endlich bietet er noch ein be¬ sonderes Interesse für die Stilunterschiede ihrem ornamentalen Werthe nach; so tritt z.B. auch hier wieder im Gegensatz zur mathematisch spielenden, von der baulichen Construction gebundenen und daher in sich nüchternen Zierweise der Gothik die üppige Erfindungskraft und decorative Phantasie der roman¬ tischen Kunstweise schlagend hervor. Auch in diesem Abschnitte, für den von Vorarbeiten wenig Zusammenhängendes vorlag, bewährt sich wieder die um¬ sichtige und über reiches Material gebietende Erfahrung des Verfassers. — Nicht unwesentlich wird der Werth des Buches erhöht durch die vielen zum Theil vortrefflichen Abbildungen, von denen eine Anzahl hier zum ersten Mal über¬ haupt edirt ist. Zur Verbreitung des kunsthistorischen Interesses in weiteren Kreisen hat nicht wenig beigetragen, daß die neueren Werke das Wort durch das Bild ergänzen. Lübke war einer der Ersten, der mit aus diesem Gesichtspunkte seinen Werken eine breitere Anlage gab, und hat dazu an seinem Verleger die tüchtige mitwirkende Hand gefunden. Das Project der Militiirhohett Sachsens über Thüringen von 1848. Es scheint, daß die neue Umbildung des sächsischen Heeres durch Preußen zum 13. Bundesarmeecorps grade bei den zunächst Beteiligten, den sächsischen Offizieren und Soldaten, auf geringe Schwierigkeiten stoßen wird. Denn Offiziere und Mannschaften haben in Böhmen reichlich Gelegenheit gehabt, die Uebelstände der östreichischen Kriegskameradschaft zu erfahren. Wir glauben in der Annahme nicht zu irren, daß der bei weitem größte Theil der sächsischen Offiziere unbefangen die Vortheile würdigt, welche der unvermeidlich gewordene Anschluß an ein großes Heer für den einzelnen Offizier und für das sächsische Land hat. Dagegen fehlen unter dem Civil nicht die trauervollen Gemüther, welche den Verlust der Militärhoheit für ein unerträgliches Leiden Sachsens halten, und die Zumuthung Preußens für eine unerhörte, welche gegen Ehre und Würde eines souveränen Staates ziele und baldige Befreiung von dem Zwange wünschenswerth mache. Diese Individuen stehen seit dem berliner

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/291>, abgerufen am 03.07.2024.