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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Frieden nicht nur in Opposition gegen gesetzlich gewordene Verhältnisse, sondern
sind auch in Wahrheit die gefährlichsten Feinde des sächsischen Königshauses.
Sie haben zudem in ihrem thörichten Groll gegen eine Maßnahme, die im
höchsten Interesse Sachsens und Deutschlands ist, einen für sie unbequemen
Umstand vergessen. Sie selbst, das heißt die specifisch sächsische Partei, haben
vor 18 Jahren gegenüber den thüringischen Staaten genau dasselbe gewollt,
was jetzt Preußen bis zum Main durchgesetzt hat. Im Sommer des Jahres
1848 war die sächsische Negierung bemüht, in kleinerem Kreise dieselbe Militär¬
hoheit zu erlangen, die man, als sie von Preußen in Anspruch genommen wurde,
für gänzlich unvereinbar mit der Idee eines souveränen Staates erklärt hat.
Damals fanden Verhandlungen statt mit Altenburg. Weimar, Koburg-Gotha,
den beiden Schwarzburg und den beiden Neuß-, Meiningen hatte der ergangenen
Aufforderung nicht Folge geleistet. Minister des Auswärtigen war damals
v. d. Pfordten, Kriegsminister v. Buttler. Nachdem die sächsische Negierung sich
mit den betreffenden Staaten wegen dieser Frage in Verbindung gesetzt hatte,
fanden am 6. August 1848 Konferenzen in Leipzig statt, bei denen die thürin¬
gischen Staaten in ihrer damaligen hilflosen Lage im Allgemeinen ihre Geneigt¬
heit zum Anschluß erklärten. Darauf wurde am 28. August das hier folgende
Promemoria im sächsischen Kriegsministerium entworfen. In einer zweiten
Zusammenkunft in Leipzig am 2. und 3. September wurde beschlossen, von
den drei durch Sachsen angebotenen Methoden der Hecrcsvercinigung die erste
-- natürlich die lockerste -- zu wählen. -- Später zerfiel bekanntlich die Sache
ganz, das Königreich Sachsen sollte wenige Monate darauf erfahren, daß das
eigene Heer ihr nicht ausreichend erschien, um die Regierung im Lande zu
behaupten.

Aus den Worten der folgenden Denkschrift: "Drei verschiedene Wege bieten
sich, je nachdem die Vereinigung eine losere oder engere sein soll", darf man
schließen, daß die sächsische Regierung auch den dritten Weg. die völlige Ein¬
verleibung der fremden Contingente in ihre Armee, für ein wünschenswerthes
Ziel hielt und daß sie nicht durch die unnöthigen Scrupel beunruhigt wurde,
ihren Bundesgenossen werde eine solche Einverleibung an Hoheit und Würde
schaden. --

Die sächsischen Vorschläge lauten wortgetreu folgendermaßen:

Bei den Berathungen, welche am 6. d. M. in Leipzig stattfanden, wurde
von Seite der Sachsen-ernestinischcn, schwarzburgischen und reußischen Abgeord¬
neten der Wunsch ausgesprochen, mit dem Königreich Sachsen in eine gemein¬
same Militärverfassung zu treten. Die sächsische Regierung hat zur genauen
Berathung hierüber zu einer Zusammenkunft in Leipzig auf den 2. und 3. k. M.
eingeladen und erachtet es für zweckmäßig, vorerst die Grundgedanken anzudeuten,
von welchen bei dieser Berathung auszugehen sein dürfte, und für deren Durch-


Frieden nicht nur in Opposition gegen gesetzlich gewordene Verhältnisse, sondern
sind auch in Wahrheit die gefährlichsten Feinde des sächsischen Königshauses.
Sie haben zudem in ihrem thörichten Groll gegen eine Maßnahme, die im
höchsten Interesse Sachsens und Deutschlands ist, einen für sie unbequemen
Umstand vergessen. Sie selbst, das heißt die specifisch sächsische Partei, haben
vor 18 Jahren gegenüber den thüringischen Staaten genau dasselbe gewollt,
was jetzt Preußen bis zum Main durchgesetzt hat. Im Sommer des Jahres
1848 war die sächsische Negierung bemüht, in kleinerem Kreise dieselbe Militär¬
hoheit zu erlangen, die man, als sie von Preußen in Anspruch genommen wurde,
für gänzlich unvereinbar mit der Idee eines souveränen Staates erklärt hat.
Damals fanden Verhandlungen statt mit Altenburg. Weimar, Koburg-Gotha,
den beiden Schwarzburg und den beiden Neuß-, Meiningen hatte der ergangenen
Aufforderung nicht Folge geleistet. Minister des Auswärtigen war damals
v. d. Pfordten, Kriegsminister v. Buttler. Nachdem die sächsische Negierung sich
mit den betreffenden Staaten wegen dieser Frage in Verbindung gesetzt hatte,
fanden am 6. August 1848 Konferenzen in Leipzig statt, bei denen die thürin¬
gischen Staaten in ihrer damaligen hilflosen Lage im Allgemeinen ihre Geneigt¬
heit zum Anschluß erklärten. Darauf wurde am 28. August das hier folgende
Promemoria im sächsischen Kriegsministerium entworfen. In einer zweiten
Zusammenkunft in Leipzig am 2. und 3. September wurde beschlossen, von
den drei durch Sachsen angebotenen Methoden der Hecrcsvercinigung die erste
— natürlich die lockerste — zu wählen. — Später zerfiel bekanntlich die Sache
ganz, das Königreich Sachsen sollte wenige Monate darauf erfahren, daß das
eigene Heer ihr nicht ausreichend erschien, um die Regierung im Lande zu
behaupten.

Aus den Worten der folgenden Denkschrift: „Drei verschiedene Wege bieten
sich, je nachdem die Vereinigung eine losere oder engere sein soll", darf man
schließen, daß die sächsische Regierung auch den dritten Weg. die völlige Ein¬
verleibung der fremden Contingente in ihre Armee, für ein wünschenswerthes
Ziel hielt und daß sie nicht durch die unnöthigen Scrupel beunruhigt wurde,
ihren Bundesgenossen werde eine solche Einverleibung an Hoheit und Würde
schaden. —

Die sächsischen Vorschläge lauten wortgetreu folgendermaßen:

Bei den Berathungen, welche am 6. d. M. in Leipzig stattfanden, wurde
von Seite der Sachsen-ernestinischcn, schwarzburgischen und reußischen Abgeord¬
neten der Wunsch ausgesprochen, mit dem Königreich Sachsen in eine gemein¬
same Militärverfassung zu treten. Die sächsische Regierung hat zur genauen
Berathung hierüber zu einer Zusammenkunft in Leipzig auf den 2. und 3. k. M.
eingeladen und erachtet es für zweckmäßig, vorerst die Grundgedanken anzudeuten,
von welchen bei dieser Berathung auszugehen sein dürfte, und für deren Durch-


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[0292] Frieden nicht nur in Opposition gegen gesetzlich gewordene Verhältnisse, sondern sind auch in Wahrheit die gefährlichsten Feinde des sächsischen Königshauses. Sie haben zudem in ihrem thörichten Groll gegen eine Maßnahme, die im höchsten Interesse Sachsens und Deutschlands ist, einen für sie unbequemen Umstand vergessen. Sie selbst, das heißt die specifisch sächsische Partei, haben vor 18 Jahren gegenüber den thüringischen Staaten genau dasselbe gewollt, was jetzt Preußen bis zum Main durchgesetzt hat. Im Sommer des Jahres 1848 war die sächsische Negierung bemüht, in kleinerem Kreise dieselbe Militär¬ hoheit zu erlangen, die man, als sie von Preußen in Anspruch genommen wurde, für gänzlich unvereinbar mit der Idee eines souveränen Staates erklärt hat. Damals fanden Verhandlungen statt mit Altenburg. Weimar, Koburg-Gotha, den beiden Schwarzburg und den beiden Neuß-, Meiningen hatte der ergangenen Aufforderung nicht Folge geleistet. Minister des Auswärtigen war damals v. d. Pfordten, Kriegsminister v. Buttler. Nachdem die sächsische Negierung sich mit den betreffenden Staaten wegen dieser Frage in Verbindung gesetzt hatte, fanden am 6. August 1848 Konferenzen in Leipzig statt, bei denen die thürin¬ gischen Staaten in ihrer damaligen hilflosen Lage im Allgemeinen ihre Geneigt¬ heit zum Anschluß erklärten. Darauf wurde am 28. August das hier folgende Promemoria im sächsischen Kriegsministerium entworfen. In einer zweiten Zusammenkunft in Leipzig am 2. und 3. September wurde beschlossen, von den drei durch Sachsen angebotenen Methoden der Hecrcsvercinigung die erste — natürlich die lockerste — zu wählen. — Später zerfiel bekanntlich die Sache ganz, das Königreich Sachsen sollte wenige Monate darauf erfahren, daß das eigene Heer ihr nicht ausreichend erschien, um die Regierung im Lande zu behaupten. Aus den Worten der folgenden Denkschrift: „Drei verschiedene Wege bieten sich, je nachdem die Vereinigung eine losere oder engere sein soll", darf man schließen, daß die sächsische Regierung auch den dritten Weg. die völlige Ein¬ verleibung der fremden Contingente in ihre Armee, für ein wünschenswerthes Ziel hielt und daß sie nicht durch die unnöthigen Scrupel beunruhigt wurde, ihren Bundesgenossen werde eine solche Einverleibung an Hoheit und Würde schaden. — Die sächsischen Vorschläge lauten wortgetreu folgendermaßen: Bei den Berathungen, welche am 6. d. M. in Leipzig stattfanden, wurde von Seite der Sachsen-ernestinischcn, schwarzburgischen und reußischen Abgeord¬ neten der Wunsch ausgesprochen, mit dem Königreich Sachsen in eine gemein¬ same Militärverfassung zu treten. Die sächsische Regierung hat zur genauen Berathung hierüber zu einer Zusammenkunft in Leipzig auf den 2. und 3. k. M. eingeladen und erachtet es für zweckmäßig, vorerst die Grundgedanken anzudeuten, von welchen bei dieser Berathung auszugehen sein dürfte, und für deren Durch-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/292>, abgerufen am 22.07.2024.